Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wenn das Herz aus dem Takt gerät
Unter dem Motto „Turbulenzen im Herzen“starteten zum 15. Mal die Herzwochen der Deutschen Herzstiftung in Kooperation mit dem Lukaskrankenhaus Neuss. In diesem Jahr informieren die Ärzte über Vorhofflimmern.
NEUSS Zum ersten Mal in drei Jahren fanden die Herzwochen in diesem Jahr wieder als Präsenzveranstaltung im Neusser Sparkassen-Forum statt. Zu diesem Anlass bedankte sich die stellvertretende Bürgermeisterin Susanne Benary, bei den Kardiologen für ihre Arbeit – insbesondere während der Pandemie: „Kardiologen sind manchmal fast schon Psychologen“, sagt sie. Das Lukaskrankenhaus arbeitet seit Jahren mit der deutschen Herzstiftung zusammen und ist seit 2013 deren Kooperationsmitglied. Der wissenschaftliche Leiter der Neusser Herzwochen, Michael Haude, ist neben seiner Tätigkeit als Ärztlicher Direktor der Herzmedizin im Lukaskrankenhaus auch Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Herzstiftung.
Das Thema der diesjährigen Herzwochen ist das Vorhofflimmern. Diese häufigste der Herzrhythmusstörungen betrifft in Deutschland etwa 1,5 bis 2 Millionen Menschen. Das Erkrankungsrisiko steigt im Alter, sodass etwa jeder zehnte über-70-Jährige betroffen ist. Beim Vorhofflimmern geraten die elektrischen Impulse, mit denen das Herz sich selbst koordiniert, durcheinander, sodass es unregelmäßig schlägt. „Die Ursachen für Vorhofflimmern sind vielfältig“, erklärt der erste Referent des Abends, Ashalley VardonOdonkor, Oberarzt im Lukaskrankenhaus. „Die häufigste Ursache ist jedoch Bluthochdruck.“Die Folgen des Vorhofflimmerns sind gravierend: der unkoordinierte Blutfluss im Herzen begünstigt Gerinnsel, die zu Schlaganfällen führen können. „Man geht davon aus, dass 20 bis 30 Prozent aller Schlaganfälle auf Vorhofflimmern zurückzuführen sind“, so Vardon-Odonkor.
Häufige Symptome von Vorhofflimmern sind Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Angstgefühl oder Brustschmerzen. Odonkor rät bei Verdacht zunächst zum Selbsttest, indem der eigene Puls gefühlt und dabei nicht nur auf seine Frequenz, sondern auch auf seine Regelmäßigkeit geachtet wird. Eindeutig diagnostiziert werden kann das Vorhofflimmern jedoch nur durch ein Elektrokardiogramm (EKG).
Mittlerweile gibt es für Patienten mit Vorhofflimmern eine große Fülle an Behandlungsmethoden. Der Kardiologe Carlos Correia de Freitas beschreibt in seinem Referat „Leben mit Vorhofflimmern“ die Eckpfeiler der Therapie. Dabei geht es zunächst um die kurzfristige „Neutaktung“des Herzrhythmus und die Gerinnungshemmung durch Medikamente, um einen Schlaganfall vorzubeugen. Die darauffolgenden Behandlungsmethoden sind je nach Patient verschieden. „Mit dem Lebensstil hat man mehr Einfluss auf die Begleiterkrankungen des Vorhofflimmerns als auf die Erkrankung selbst“, erklärt er. Das mache den Lebensstil jedoch nicht weniger Relevant, da Gewohnheiten wie Sport, Ernährung, Alkoholkonsum oder Rauchen Risikofaktoren wie den Blutdruck stark beeinflussen können.
Trotz medikamentöser Behandlung und gesunden Lebensgewohnheiten bleibt das Vorhofflimmern bei vielen Patienten persistent.
Der dritte Referent des Abends, Torsten Becker, leitender Arzt in der Elektrophysiologie des Lukaskrankehauses, gibt daher einen Einblick in einen der häufigsten operativen Eingriffe: Die sogenannte Katheterablation hat bei Patienten mit Vorhofflimmern eine Erfolgsquote von 75 bis 90 Prozent. „Der optimale Zeitpunkt für die Ablation ist früh im Krankheitsverlauf“, betont er. „Erwägenswert ist sie bereits ab der zweiten Episode.“In der anschließenden Fragerunde reichen die Meldungen von wiederholt von der Smartwatch gemeldeten Unregelmäßigkeiten der Herzfrequenz bis hin zu Fachfragen zu Medikamenten und Operationen.
Andreas Kremer, Klinikmanager im Lukaskrankenhaus und Moderator des Abends, sagt mit einem Lachen: „Ich dachte, das sei eine Laienveranstaltung, warum sitzen hier nur Profis?“Zum Abschluss der Veranstaltung betont Michael Haude die Bedeutung der Vorsorge gegen Herzerkrankungen und weist auf das Logo der Herzstiftung, ein Herz mit einem großen Auge, hin: „Hab‘ immer ein Auge auf dein Herz“, rät er.