Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bürgergesellschaft hinterfragt Leitbild für City
Bürgermeister Reiner Breuer will mit den Neussern die Innenstadt weiterentwickeln. Ein Vorschlag dazu liegt jetzt auf dem Tisch.
NEUSS (MvT) Was wäre der Beat von Neuss, wenn die unverwechselbare DNA einer Stadt musikalisch ausgedrückt werden könnte? RathausChef Reiner Breuer (53) zögert nicht: „Freut Euch des Lebens!“Lächelnde Gesichter, strahlende Augen, zustimmendes Klopfen der 60 Gäste im Ratssaal. Der Bürgermeister hat den emotionalen Punkt in einer mehr als zweistündigen Aussprache über das ausgedrückt, was typisch Neuss sein könnte. Letztlich geht‘s um das subjektiv als angenehm empfundene Lebensgefühl in einer von objektiven Rahmenbedingungen geprägten Großstadt: Lebensfreude, Vielfalt, Urbanität, Vertrautheit, Nachbarschaft, Nähe, Maßstäblichkeit – bei allen Unterschieden, die 160.000 Neusserinnen und Neusser wollen sich nicht verlieren. So scheint es zumindest.
Im Sommer hat der Stadtrat ein „Leitbild Innenstadt“auf den Weg gebracht. Ein Papier, das Orientierung für die Gestaltung und Entwicklung der Innenstadt gibt. Da stehen längst konkrete Maßnahmen drin. Wenn der Individualverkehr heute 60 Prozent der Mobilität in der City ausmacht, dann soll er schon bald auf nur noch 25 Prozent reduziert werden – auf Augenhöhe mit den Fußgängern, Radlern und dem ÖPNV. Und doch ist das „Leitbild keine Verfassung“, sagt Reiner Breuer, sondern eine Momentaufnahme und Zielbeschreibung zugleich, ein dynamischer Prozess, der in die Zukunft weist.
Politik und Verwaltung binden Innenstadt-Akteure wie Einzelhändler, Freiberufler oder Immobilienbesitzer sowie die Einwohner in die Überlegungen ein. Diese Einladung nahm jetzt auch die Bürgergesellschaft an, deren Präsident JohannAndreas Werhahn (67) die „Bürger“ als „eine große NGO in und der Stadt Neuss“vorstellte. Sie organisierte für ihre Mitglieder und Freunde einen lebhaften Gedankenaustausch mit Bürgermeister Reiner Breuer, der selbst seit zehn Jahren Mitglied der Bürgergesellschaft ist.
Zu diesem besonderen BürgerAbend öffnete Breuer die Türen zum Rathaus, führte selbst durch das Gebäude und stimmte mit einem Impulsvortrag auf das Thema ein. Weil die Leitbild-Diskussion in die Zukunft weist, bot die „Bürger“anschließend sechs Interviewer aus ihrer Mitgliedschaft auf, die allesamt der jüngeren Generation angehören: Nora Spath (38) und Raphael Thywissen (36), Cornelia Heusgen (43) und Sascha Karbowiak (34), Stefanie Fraedrich-Nowag (43) und JanPhilipp Büchler (43). Es blieb aber auch ausreichend Raum für Redebeiträge aus dem Plenum.
Einigikeit herrschte darüber, dass das Leitbild eine gute Basis für eine nach vorn gerichtete Diskussion um die Entwicklung der Stadt ist, an der sich möglichst viele Neusser beteiligen sollten. Ziele müssen identifiziert, Maßnahmen benannt und Prioritäten gesetzt werden: Was ist ein übergeordnetes Ziel? Einen Beitrag zu leisten, den Klimawandel abzufedern, zum Beispiel. Für diesen Leitbild-Prozess einen Zeithorizont zu definieren, fällt auch dem Bürgermeister schwer: „Aber ich nehme das Jahr 2030 in den Blick!“
Für die Bürgergesellschaft versprach Präsident Werhahn, aktiver Teilnehmer der gesellschaftlichen Diskussion zu bleiben: „Wir können uns vorstellen, in zwei Jahren in einer zweiten Leitbild-Veranstaltung Zwischenbilanz zu ziehen: Wo stehen wir? Was läuft gut? Wo müssen wir nachjustieren? Was läuft gar nicht gut?“Und Werhahn fügte hinzu: „Das ist ein Versprechen!“