Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Erinnerungen an die Tennis-Hochburg
Die Abrissarbeiten der ISA-Halle an der August-Thyssen-Straße in Holzbüttgen haben begonnen. Gebaut wurde das Gebäude Anfang der 1980er Jahre als Tenniszentrum mit Hotel. Auch Boris Becker war schon einmal zu Gast.
HOLZBÜTTGEN Es war damals ein gewagtes Unternehmen, das Kurt Weber Anfang der 1980er Jahre an der August-Thyssen-Straße in Holzbüttgen umgesetzt hatte. Der Immobilienkaufmann verwirklichte auf dem rund 15.000 Quadratmeter großen Areal seinen Traum von einem Tenniszentrum mit Hotel. Und es war etwas ganz Besonderes zu diesen Zeiten: Während unter einem Dach meist auf Teppich gespielt wird, gab es im „Open-Air-Tennispark“Aschenplätze. Deshalb war das Tenniszentrum auch unter Profis beliebt, weil sie sich nicht auf einen anderen Belag umstellen mussten. Schließlich werden die meisten Turniere auf Sand gespielt – damals wie heute. Durch ein aufschiebbares Hubdach, für die damalige Zeit war das visionär, konnte im „Open Air“auf Asche gespielt werden.
Doch Weber verkalkulierte sich,
480.000 Euro flossen beim Bau der ISA Inter Sport Arena in eine „Gaming-Zone“
die Konstruktion verschlang enorme Investitions- und Betriebskosten – und das trotz des Besuchs von Tennis-Weltstars wie Boris Becker oder John McEnroe. Becker trainierte in den 1980er Jahren im „Open Air“sogar für den Daviscup und lockte viele Fans ins beschauliche Holzbüttgen.
Im Jahr 1986 verkaufte Weber den Komplex an Ernst-Ludwig Hansmann. Hansmann, der sich zum Chef aller Famka-Märkte hocharbeitete, war Tennis-verrückt: Sein Engagement, nicht nur in Sachen Geld, machte die zehn Deutschen Mannschaftsmeistertitel des TC Blau-Weiss Neuss zwischen 1983 und 1994 möglich. Den letzten holte sich das Ensemble, das zeitweise identisch mit der Daviscup-Mannschaft war, teilweise in Kaarst. Das „Open Air“wurde zum Hauptquartier für den TC Blau-Weiss Neuss, der im „Open Air“trainierte. 2003 mit 17 Jahren im Kader: Ein gewisser Rafael Nadal, einer der besten Spieler aller Zeiten.
Aus dem „Open Air“, einer der größten Freizeitanlagen am Niederrhein, ist 2005 dann die ISA Inter
Sport Arena geworden. Rund drei Millionen Euro hatte Geschäftsführer Philipp Sommer damals investiert, um das Gelände wieder fit zu machen und fünf hochmoderne Kunstrasenplätze „mit dem teuersten und besten Kunstrasen, den es zu kaufen gibt“, wie er damals im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte, zu bauen. Pro Spielfeld wurden 25.000 Euro Kosten fällig. Seiner
Meinung nach war Tennis damals aus der Mode gekommen. Zudem wurden auf die Flächen acht Tonnen Sand und sechs Tonnen Gummigranulat gekippt, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Das ausfahrbare Dach blieb allerdings erhalten, denn so konnte im Sommer quasi draußen gekickt werden.
Ganz auf Tennis wurde bei der Renovierung aber nicht verzichtet. Drei überdachte Tennisplätze blieben erhalten, auf denen ganzjährlich auf Asche gespielt werden konnte. Angeschlossen war ein Sporthotel mit 29 Doppel- und Einzelzimmern. Der Ausbau und die Instandsetzung der Tennis- und Fußballplätze kostete den Investor rund eine Million Euro – 480.000 Euro davon flossen in den Ausbau einer „Gaming Zone“mit elektronischen
Roulette-Tischen, Air-Hockey, Billardtischen und Geldspielgeräten.
Doch mittlerweile sind vor allem die Fußballplätze in einem katastrophalen Zustand. Die Netze kaputt, auf dem Platz weder Granulat noch Sand. Fußballspielen hat schon lange keinen Spaß mehr gemacht in dem Gebäude, das früher einmal der Stolz vieler Kaarster war und das die örtlichen Fußballvereine, aber auch beispielsweise der frühere Oberligist SC Kapellen zum Training nutzte. Auch die Duschen waren in den vergangenen Jahren nicht mehr nutzbar, weil sich offenbar niemand mehr um die Reparatur der ISA gekümmert hat.
Derzeit wird das Gebäude abgerissen. Ein neuer Investor hat das Areal gekauft und will dort nach Informationen unserer Redaktion einen Handwerkerhof errichten. Eigentlich sollte dieser am Platenhof entstehen, doch nun wird er an der August-Thyssen-Straße gebaut. Somit verliert Kaarst eine traditionsreiche Sportstätte, gewinnt aber für die hiesigen Handwerker viele Flächen hinzu.