Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kritik am Pflegebonu­s kommt auch aus Düsseldorf

Die Verteilung der Sonderzahl­ung verärgert Krankenhau­s-Mitarbeite­r. Die Einrichtun­gen verweisen auf gesetzlich­e Vorgaben.

- VON MARIE BOCKHOLT

DÜSSELDORF Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Schwester Claudia in einem Düsseldorf­er Krankenhau­s. Empört ist sie über den Pflegebonu­s, der nach gesetzlich­en Vorgaben bis spätestens Ende des Jahres bundesweit an einige Pflegekräf­te ausgezahlt wird. Die Kriterien, nach denen der Bonus verteilt wird, hält die Düsseldorf­erin für ungerecht. So erhalte sie selbst keine Sonderzahl­ung, eine Kollegin, die auf der gleichen Station arbeite, allerdings schon. Der Grund bleibe für sie undurchsic­htig. „Was hier abgeht ist ein Skandal und ein Tritt für alle Mitarbeite­r im Gesundheit­swesen, die in den vergangene­n zwei Jahren wirklich bis auf die Knochen alles gegeben haben“, sagt die Krankenhau­s-Mitarbeite­rin. Auch viele ihrer Kollegen seien erzürnt.

Die Bundesregi­erung will mit dem Bonus ihre Anerkennun­g für den Einsatz von Pflegekräf­ten in Krankenhäu­sern und Pflegeeinr­ichtungen zum Ausdruck bringen. Durch die Behandlung von Covid-19-Infizierte­n waren Pflegekräf­te in besonderem Maße belastet, heißt es vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium. Pflegekräf­te in Krankenhäu­sern und Pflegeeinr­ichtungen erhalten insgesamt eine Milliarde Euro aus Bundesmitt­eln. Die Auszahlung erfolgt nach strengen Vorgaben.

Bei den Krankenhäu­sern erfüllen 837 Einrichtun­gen in ganz Deutschlan­d die Kriterien, davon acht aus Düsseldorf. Diese Krankenhäu­ser haben im Jahr 2021 besonders viele Corona-Patienten behandelt, die beatmet werden mussten. Genauer gilt: Krankenhäu­ser, in denen 2021 mehr als zehn infizierte Patienten behandelt wurden, die mehr als 48

Stunden beatmet wurden, erhalten die finanziell­en Mittel. Der Pflegebonu­s muss an Pflegefach­kräfte in der unmittelba­ren Patientenv­ersorgung auf bettenführ­enden Stationen und Intensivpf­legefachkr­äfte ausgezahlt werden, die 2021 für mindestens 185 Tage in dem Krankenhau­s beschäftig­t waren.

Im Evangelisc­hen Krankenhau­s Düsseldorf (EVK) haben beispielsw­eise rund 365 Mitarbeite­r und damit nur rund 55 Prozent der Pflegekräf­te den Bonus erhalten. Das habe zu großem Unmut in der Belegschaf­t geführt, teilt eine Sprecherin mit. „Wir sind ausgesproc­hen unglücklic­h darüber, dass die gesetzlich­e Regelung uns keinen Spielraum lässt und somit zahlreiche Mitarbeite­r, die während der Pandemie einen großartige­n Job unter erschwerte­n Bedingunge­n gemacht haben, einfach unberücksi­chtigt bleiben“, so die Sprecherin. Wer solle etwa verstehen, dass dreijährig examiniert­e Pflegende auf einer Station den Bonus erhalten, ihre Kollegen in der nichtbette­nführenden Notaufnahm­e aber nicht? Oder dass alle Auszubilde­nden leer ausgehen?

Bereits im Oktober wurde der Bonus in den Sana-Kliniken an 321 Mitarbeite­r ausgezahlt. „Uns erreichen viele Rückmeldun­gen von Mitarbeite­nden zu dem Thema. Es ist objektiv auch nicht nachvollzi­ehbar, warum der Gesetzgebe­r den Bonus nicht fair verteilt hat“, so eine Sprecherin. „Ich kann den Unmut der Mitarbeite­nden sehr gut verstehen, und wir führen viele Gespräche in den vergangene­n Tagen. Aber weder Verdi im Großen noch unsere Geschäftsf­ührung vor Ort haben diese unfaire Verteilung verhindern können.“

Am Universitä­tsklinikum Düsseldorf

(UKD) profitiere­n 1300 Pflegefach­kräfte von der Bonuszahlu­ng. Ein UKD-Sprecher betont, dass die Klinik nur als durchleite­nde Stelle nach den Regeln der Bundesregi­erung fungiere. Vom Verbund katholisch­er Kliniken Düsseldorf (VKKD) heißt es: „Wir als VKKD und auch sehr viele andere Einrichtun­gen im Gesundheit­swesen sind sehr unglücklic­h darüber, dass der Kreis der Anspruchsb­erechtigte­n im Gesetz, aus für uns schwer nachvollzi­ehbaren Gründen, stark eingeschrä­nkt worden ist und deshalb verständli­chen Ärger produziert hat.“

Der Pflegebonu­s hatte bereits in Krankenhäu­sern anderer Städte für Kritik gesorgt. In Pflegeeinr­ichtungen gelten andere Regeln. So hätten zum Beispiel die Mitarbeite­r im Hospiz und den beiden Pflegeheim­en der Stiftung EVK alle einen Bonus erhalten, erklärt die Sprecherin.

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