Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Air Marshals sollen Urlauber schützen
Auch Spanien führt als neue Polizeieinheit bewaffnete Sicherheitsbegleiter auf Flügen ein. Sie sollen nicht nur auf Risiko-Routen eingesetzt werden, sondern auch in Urlaubermaschinen.
Sie mischen sich in Zivil unter die Flugpassagiere, sind bewaffnet und im Anti-TerrorKampf ausgebildet: Flugsicherheitsbegleiter, die in den USA auch „Air Marshals“genannt werden. Sie sollen an Bord die Sicherheit gewährleisten und Entführungen sowie Terroranschläge verhindern. Nun gründet auch das Urlaubsland Spanien eine spezielle Polizeieinheit, die auf nationalen wie internationalen Flügen für mehr Schutz sorgen soll. Die Beamten, die der spanischen Polizeieinheit Guardia Civil angehören, werden nicht auf allen Flugrouten an Bord sein, sondern nur auf ausgewählten Strecken, teilte die spanische Regierung mit. Dabei stünden besonders Flüge im Vordergrund, die als gefährdet eingestuft werden, wie es etwa bei Verbindungen in den Nahen Osten der Fall ist.
Nach Angaben einer Regierungssprecherin können die fliegenden Anti-Terror-Polizisten aber zum Beispiel auch in Flugzeugen Richtung Mallorca oder auf Verbindungen zu anderen spanischen Ferienzielen eingesetzt werden. „Eine größere Sicherheit in den Flugzeugen bedeutet zugleich einen besseren Service für die Urlauber, die uns jedes Jahr besuchen,“betont sie.
Die Luftsicherheitsbegleiter seien nicht dafür zuständig, bei Streitigkeiten, rüpelhaftem Benehmen oder Randalen von betrunkenen Passagieren einzugreifen, heißt es.
Wenigstens solange nicht, wie keine Gefahr für die Flugsicherheit bestehe. Alkoholisierte oder streitlustige Passagiere verursachen auch auf Ferienflügen immer mal wieder Konflikte. Sie werden weiterhin ein Problem des regulären Flugpersonals bleiben.
In den USA sind die „Air Marshals“bereits seit rund 60 Jahren in der Luft unterwegs. Nach den Terroranschlägen mit entführten Flugzeugen am 11. September 2001, bei denen in den USA etwa 3000 Menschen starben, wurde in Amerika genau wie in den europäischen Staaten die Sicherheit ausgebaut. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind seitdem verstärkt Flugsicherheitsbegleiter im Einsatz.
Nach offiziellen Angaben setzte Spanien die fliegende Sondereinheit erstmals diesen Sommer vor und während des Nato-Gipfels ein. Das Treffen der Spitzenpolitiker, an dem auch US-Präsident Joe Biden teilnahm, fand Ende Juni in der spanischen Hauptstadt Madrid unter sehr hohen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Die Flugzeugschützer seien speziell ausgebildet im Nahkampf, im taktischen Vorgehen, in der Verhandlungsführung
mit Kidnappern und auch in medizinischer Hilfe, erklärt die Polizei in einer Mitteilung. Zudem würden sie in Flugsimulatoren ausgebildet, damit sie im Notfall und mithilfe des Kontrollturms ein Flugzeug steuern könnten. Auf einem Video, das vom spanischen Innenministerium verbreitet wurde, sieht man wie die Beamten den Ernstfall trainieren. Sie lernen, auf engstem Raum mutmaßliche Angreifer unschädlich zu machen.
Spanien blieb in den vergangenen fünf Jahren von Terroranschlägen und Flugzeugentführungen verschont. Zuletzt im Jahr 2017 war die touristische Hochburg Barcelona von einem Attentat erschüttert worden: Damals raste ein islamistischer Kamikaze-Fahrer mit einem Lieferwagen durch eine beliebte Fußgängerzone und tötete 15 Menschen. Unter den Opfern waren auch viele ausländische Urlauber.
Die bislang letzte Flugzeugentführung im spanischen Luftraum ereignete sich vor 15 Jahren: 2007 kidnappte ein Mauretanier eine Maschine, die von der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott mit 74 Passagieren nach Gran Canaria unterwegs war. Die Entführung endete unblutig: Nach der Landung auf Gran Canaria gelang es Besatzungsmitgliedern und Passagieren, den Kidnapper zu überwältigen.
Noch weiter zurück liegen zwei Entführungen, die Mallorca-Flüge betrafen: 1995 wurde ein französischer Jet mit 282 Insassen auf dem Flug von Palma nach Paris entführt. Die Maschine landete schließlich auf dem Genfer Airport. Dort konnte der Kidnapper, der die spanische Staatsangehörigkeit besaß, festgenommen werden. Ein weiteres Kidnapping-Drama auf einer Mallorca-Verbindung ereignete sich 1977, als ein Italiener einen Jet von Barcelona nach Palma in seine Gewalt brachte und nach Zürich umdirigierte. Auch er konnte nach der Landung überwältigt werden.