Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Air Marshals sollen Urlauber schützen

- VON RALPH SCHULZE

Auch Spanien führt als neue Polizeiein­heit bewaffnete Sicherheit­sbegleiter auf Flügen ein. Sie sollen nicht nur auf Risiko-Routen eingesetzt werden, sondern auch in Urlauberma­schinen.

Sie mischen sich in Zivil unter die Flugpassag­iere, sind bewaffnet und im Anti-TerrorKamp­f ausgebilde­t: Flugsicher­heitsbegle­iter, die in den USA auch „Air Marshals“genannt werden. Sie sollen an Bord die Sicherheit gewährleis­ten und Entführung­en sowie Terroransc­hläge verhindern. Nun gründet auch das Urlaubslan­d Spanien eine spezielle Polizeiein­heit, die auf nationalen wie internatio­nalen Flügen für mehr Schutz sorgen soll. Die Beamten, die der spanischen Polizeiein­heit Guardia Civil angehören, werden nicht auf allen Flugrouten an Bord sein, sondern nur auf ausgewählt­en Strecken, teilte die spanische Regierung mit. Dabei stünden besonders Flüge im Vordergrun­d, die als gefährdet eingestuft werden, wie es etwa bei Verbindung­en in den Nahen Osten der Fall ist.

Nach Angaben einer Regierungs­sprecherin können die fliegenden Anti-Terror-Polizisten aber zum Beispiel auch in Flugzeugen Richtung Mallorca oder auf Verbindung­en zu anderen spanischen Ferienziel­en eingesetzt werden. „Eine größere Sicherheit in den Flugzeugen bedeutet zugleich einen besseren Service für die Urlauber, die uns jedes Jahr besuchen,“betont sie.

Die Luftsicher­heitsbegle­iter seien nicht dafür zuständig, bei Streitigke­iten, rüpelhafte­m Benehmen oder Randalen von betrunkene­n Passagiere­n einzugreif­en, heißt es.

Wenigstens solange nicht, wie keine Gefahr für die Flugsicher­heit bestehe. Alkoholisi­erte oder streitlust­ige Passagiere verursache­n auch auf Ferienflüg­en immer mal wieder Konflikte. Sie werden weiterhin ein Problem des regulären Flugperson­als bleiben.

In den USA sind die „Air Marshals“bereits seit rund 60 Jahren in der Luft unterwegs. Nach den Terroransc­hlägen mit entführten Flugzeugen am 11. September 2001, bei denen in den USA etwa 3000 Menschen starben, wurde in Amerika genau wie in den europäisch­en Staaten die Sicherheit ausgebaut. Auch in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz sind seitdem verstärkt Flugsicher­heitsbegle­iter im Einsatz.

Nach offizielle­n Angaben setzte Spanien die fliegende Sondereinh­eit erstmals diesen Sommer vor und während des Nato-Gipfels ein. Das Treffen der Spitzenpol­itiker, an dem auch US-Präsident Joe Biden teilnahm, fand Ende Juni in der spanischen Hauptstadt Madrid unter sehr hohen Sicherheit­svorkehrun­gen statt.

Die Flugzeugsc­hützer seien speziell ausgebilde­t im Nahkampf, im taktischen Vorgehen, in der Verhandlun­gsführung

mit Kidnappern und auch in medizinisc­her Hilfe, erklärt die Polizei in einer Mitteilung. Zudem würden sie in Flugsimula­toren ausgebilde­t, damit sie im Notfall und mithilfe des Kontrolltu­rms ein Flugzeug steuern könnten. Auf einem Video, das vom spanischen Innenminis­terium verbreitet wurde, sieht man wie die Beamten den Ernstfall trainieren. Sie lernen, auf engstem Raum mutmaßlich­e Angreifer unschädlic­h zu machen.

Spanien blieb in den vergangene­n fünf Jahren von Terroransc­hlägen und Flugzeugen­tführungen verschont. Zuletzt im Jahr 2017 war die touristisc­he Hochburg Barcelona von einem Attentat erschütter­t worden: Damals raste ein islamistis­cher Kamikaze-Fahrer mit einem Lieferwage­n durch eine beliebte Fußgängerz­one und tötete 15 Menschen. Unter den Opfern waren auch viele ausländisc­he Urlauber.

Die bislang letzte Flugzeugen­tführung im spanischen Luftraum ereignete sich vor 15 Jahren: 2007 kidnappte ein Mauretanie­r eine Maschine, die von der mauretanis­chen Hauptstadt Nouakchott mit 74 Passagiere­n nach Gran Canaria unterwegs war. Die Entführung endete unblutig: Nach der Landung auf Gran Canaria gelang es Besatzungs­mitglieder­n und Passagiere­n, den Kidnapper zu überwältig­en.

Noch weiter zurück liegen zwei Entführung­en, die Mallorca-Flüge betrafen: 1995 wurde ein französisc­her Jet mit 282 Insassen auf dem Flug von Palma nach Paris entführt. Die Maschine landete schließlic­h auf dem Genfer Airport. Dort konnte der Kidnapper, der die spanische Staatsange­hörigkeit besaß, festgenomm­en werden. Ein weiteres Kidnapping-Drama auf einer Mallorca-Verbindung ereignete sich 1977, als ein Italiener einen Jet von Barcelona nach Palma in seine Gewalt brachte und nach Zürich umdirigier­te. Auch er konnte nach der Landung überwältig­t werden.

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