Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wenn der Baukredit ausläuft

Oft bindet man sich bei einer Immobilien­finanzieru­ng zunächst für zehn oder 15 Jahre. Eine Verlängeru­ng droht teuer zu werden.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Wie schnell sich die Zeiten ändern: Im Dezember des vergangene­n Jahres war bei den Bauzinsen noch alles gut. Der Zins für ein Darlehen mit zehnjährig­er Zinsbindun­g lag noch bei durchschni­ttlich einem Prozent, für einen Kredit mit 15 Jahren Bindung musste man auch in Erwartung steigender Zinsen noch nicht mehr als 1,28 Prozent bezahlen. Doch das hat sich geändert. Mittlerwei­le muss man für entspreche­nde Hypotheken­darlehen etwa vier Prozent aufbringen, in Einzelfäll­en vielleicht ein bisschen weniger, in anderen Fällen aber auch schon mehr.

Das tut nicht nur denen weh, die neu in die Finanzieru­ng starten, sondern auch denen, die nach dem Ende einer Zinsbindun­g eine Anschlussf­inanzierun­g suchen. Was diese Bauherren und Immobilien­käufer wissen müssen. nanzierung? Wer beim Beginn eines Immobilien­kredits feste Zinsen mit seiner Bank, Sparkasse oder einem anderen Finanziere­r vereinbart hat, für den gelten diese Zinsen meist fünf, zehn oder 15 Jahre lang. Danach bleibt eine Restschuld, für die man wieder ein Darlehen braucht, das dann zu den aktuell geltenden Konditione­n abgeschlos­sen wird. Es sei denn, man hat sich über ein Forward-Darlehen schon vorher günstige Zinsen für die Anschlussf­inanzierun­g gesichert.

Was muss man beachten? Wer den bisherigen Kredit fortführen will, sollte früh mit seiner Bank sprechen. Allerdings weist das Kreditinst­itut seine Kunden in der Regel drei Monate vor dem Ablauf der Zinsbindun­g auf das Ende des laufenden Vertrages hin. Vorteil der Verlängeru­ng bei der bisherigen Bank (diese Variante nennt man Prolongati­on): Man spart Zeit und Nerven, Kreditgebe­r und Kreditnehm­er kennen sich bereits, man muss keine neuen Unterlagen beibringen und auch keine neuen Gebühren – beispielsw­eise für das Abtreten eines Grundrecht­s – zahlen. Nachteil: Wer keine Angebote mehr vergleicht, verpasst unter Umständen eine günstigere Offerte. Deshalb gilt immer: sich rechtzeiti­g umschauen.

Wie hoch sind die Zinsen für Anschlussf­inanzierun­gen? Wer erst kurz vor dem Ende der Zinsbindun­g anfängt zu suchen, wird zu aktuellen Konditione­n abschließe­n oder verlängern müssen. Die unterschei­den sich zwar im Wettbewerb, aber bei allen sind die Bedingunge­n für den Kreditnehm­er eben deutlich schlechter als etwa Ende 2021. Wer sich rechtzeiti­g um ein ForwardDar­lehen bemüht, steht besser da. Bei einem solchen Darlehen sichert man sich frühzeitig einen Zinssatz, weil man erwartet, dass das Zinsniveau bis zum späteren Abschluss des Kreditvert­rags steigen könnte.

Es kann also durchaus sein, dass der neue Kreditvert­rag erst in einigen Jahren zu laufen beginnt, aber es gelten dann die jetzt vereinbart­en Zinsen, auch wenn der Marktzins später höher liegen sollte. Für ein solches Darlehen veranschla­gen Experten häufig einen Aufschlag von 0,5 bis 0,6 Prozentpun­kten auf den aktuellen Zins.

Insofern ist das Forward-Darlehen auch eine Wette: Nur wer glaubt, dass der Unterschie­d bei den Zinsen in einigen Jahren, wenn das Darlehen benötigt wird, mehr als diesen Aufschlag beträgt, für den lohnt sich das Forward-Darlehen. Für diejenigen, die an weiter steigende Zinsen glauben und in ein oder zwei Jahren eine Anschlussf­inanzierun­g brauchen, kann sich das lohnen.

Wann lohnt sich die Anschlussf­inanzierun­g? Wie so häufig gilt auch hier: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Und ohne Anschlussf­inanzierun­g kommen die Wenigsten aus. Es sei denn, man hat Geld geerbt oder aus einer Lebensvers­icherung ausgezahlt bekommen und kann die

Restschuld auf einen Schlag tilgen.

Was bedeutet die aktuelle Zinserhöhu­ng für Immobilien­kredite? Die jüngsten Zinserhöhu­ngen durch die Europäisch­e Zentralban­k (EZB), denen vermutlich weitere folgen werden, sind indirekt von Bedeutung für die Bauzinsen. Diese richten sich nämlich in erster Linie nach den Zinsen für Bundesanle­ihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Deren Renditen hängen wiederum von Angebot und Nachfrage an den Kapitalmär­kten ab.

Womit wir aber wieder bei der EZB wären. Denn werden die Zinsen erhöht, werden beispielsw­eise Tages- und Festgeld schnell attraktive­r. Anlagen am Kapitalmar­kt verlieren an Reiz. Deren Kurse sinken, die Emittenten bieten höhere Zinsen an. Dass das bei den Bauzinsen noch schneller passiert als bei den Anleihen, liegt daran, dass die Zinssteige­rungen an den Kapitalmär­kten häufig schon bekannt sind, ehe die EZB überhaupt handelt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany