Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mit Bergsport-Erfahrung an die Spitze von 3M
Christin Schack ist die neue Chefin in der 3MZentrale in Neuss und verantwortet das Geschäft für die Region Zentraleuropa. Welche Pläne sie für die Zukunft hat und was sie vom Bergsport in den Alltag mitnimmt.
NEUSS In der Freizeit ruft der Berg. Mit ihrem Mann geht es für Christin Schack dann hoch hinaus. Jetzt bald, im Winter, zum Beispiel bei einer Skitour. Oder, in den wärmeren Jahreszeiten, zu ausgedehnten Wanderungen. „Nur eine Kletterin bin ich eher nicht“, sagt die 51-Jährige. Bergsport ist Hobby und Leidenschaft der neuen Chefin in der 3M-Zentrale in Neuss. Seit 1. Oktober hat sie dort die Position als Vice President und Managing Director in der Region Zentraleuropa übernommen. Sie verantwortet damit das 3M-Geschäft in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien. Die gebürtige Hannoveranerin hat die Nachfolge von Dirk Lange angetreten, der eine globale Rolle im 3M Automotive Business übernimmt. Christin Schack ist damit nach Christiane Grün die zweite Frau, die die Geschäftsleitung von 3M in Zentraleuropa übernommen hat.
Die ersten Wochen hat Christin Schack zum Kennenlernen genutzt. Zwar ist sie in der 3M-Welt bestens verwurzelt, schließlich ist sie seit 27 Jahren für den US-Multitechnologiekonzern
tätig. Aber sie schätzt den persönlichen Austausch und möchte wissen, was die Mitarbeiter beschäftigt und umtreibt. „Mir ist der Team-Gedanke sehr wichtig“, sagt Schack. Im Grunde klingt da auch der Bergsport durch: Wer dort mit einer Gruppe hoch hinaus möchte, der weiß, wie wichtig, Zusammenhalt und Verlässlichkeit sind – und dass jeder seine Stärken einbringen kann.
Dieser Gedanke lässt sich auch auf die „integrative Unternehmenskultur“übertragen, die Schack unerlässlich findet. Chancengleichheit, Offenheit, Identifikation sind wichtige Schlüssel, Motivation und Höchstleistungen hängen oft eng zusammen; es geht darum, die Menschen mitzunehmen, sie zu fördern und zu unterstützen. Noch einmal grüßt der Berg an dieser Stelle. „Man kommt nur so schnell oben an, wie das langsamste Glied“, sagt Christin Schack.
Zuletzt leitete sie den Geschäftsbereich „Safety & Industrial“in Zentraleuropa. Diese Position hatte sie im April 2020 übernommen. Zuvor arbeitete die gelernte Diplom-Kauffrau in unterschiedlichen Positionen im In- und Ausland und gewann so fundierte Kenntnisse über diverse Geschäftsbereiche des Multitechnologieunternehmens. Nach verschiedenen Sales- und Marketing-Funktionen bei der 3M-Dentalsparte in Seefeld übernahm sie 2011 die Verantwortung für das Corporate Marketing in Westeuropa. 2016 wechselte sie in die 3M Nordic Region nach Schweden. Dort führte sie den Geschäftsbereich „Industrial“, bevor sie 2018 in gleicher Funktion nach Deutschland zurückkehrte.
Neuss und der Rhein-Kreis spielen in der 3M-Welt eine zentrale Rolle und werden dies auch in Zukunft. „In Neuss haben wir das weltweit größte Forschungszentrum außerhalb der USA“, betont Schack. Und Forschung ist der zentrale Motor des Multitechnologiekonzerns, der zu den innovativsten Unternehmen der Welt zählt. Grundlage ist die vielfältige Nutzung von 51 eigenen Technologieplattformen. 3M hält mehr als 25.000 Patente, das Portfolio umfasst fast 60.000 verschiedene Produkte für fast jeden Lebensbereich. In der Region Zentraleuropa mit ihren 7819 Mitarbeitern betrug der Umsatz 2021 rund 3,98 Milliarden US-Dollar. Alleine 3M Deutschland mit seinen 6564 Mitarbeitern machte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,53 Milliarden US-Dollar.
Als innovatives Unternehmen reagiert 3M auch auf die veränderte Arbeitswelt. In diesem Jahr wurde für den weitaus größten Teil der Mitarbeiter das flexible Arbeitszeitmodell „Work Your Way“eingeführt. Mitarbeiter können aus drei Optionen wählen. Bei „Mainly On-Site“verbringen sie mehr als 80 Prozent ihrer Arbeitszeit an ihrem 3M-Standort, bei „Hybrid“sind es zwischen 20 und 80 Prozent, bei „Remote“wird die Tätigkeit weitgehend ohne Präsenz auf dem Firmengelände ausgeübt – so, wie es viele aus den Homeoffice-Zeiten kennen. Ein Angebot, das sich nicht nur auf die Kreativität und Produktivität auswirkt – und damit der „Based-On-Impact-Strategie“des Unternehmens folgt – sondern auch für eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben sorgen soll. „Die Rückmeldungen unserer Mitarbeiter sind sehr positiv“, sagt Schack.
Die neue Arbeitswelt verändert jedoch auch die Anforderungen an Räumlichkeiten, gerade im Bereich der Verwaltung. 3M forciert in Kooperation mit einem Investor einen Neubau seines Bürogebäudes. Schack betont, dass die Pläne für die neue Zentrale auch ein Bekenntnis zum Standort Neuss seien. Zu Details verrät sie noch nichts. „Aber wir sind auf einem guten Weg. Bei den Planungen können wir auch gut neue Raumkonzepte umsetzen, zum Beispiel, was Kreativ- und Kollaborationsmöglichkeiten anbelangt.“
Wie wichtig der Rhein-Kreis in der Europa-Strategie des Unternehmens ist, zeigt auch ein Blick nach Jüchen. Das dortige Logistikzentrum gilt nicht nur als zentrales und größtes Drehkreuz für die Warenverteilung des Konzerns in Europa, sondern hat auch im weltweiten 3M-Netz eine enorme Bedeutung und gilt als beispielhaft. Nicht zuletzt deshalb ist dort seit 2020 ein neues Automatiklager als Pilotprojekt an den Start gegangen. „Es soll nun auch an anderen 3M-Standorten ausgerollt werden. Wir sind in der Planung“, sagt Schack.
Eines hat sich die neue Chefin in Neuss, die ihren Wohnsitz nach wie vor im bayrischen Deggendorf hat, übrigens bereits vorgenommen. „Ich muss unbedingt zum Neusser Schützenfest“, sagt sie. Denn aus Gesprächen mit ihren Mitarbeitern weiß sie, dass dies etwas Besonderes ist.