Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vergiftete­s Klima am Arbeitspla­tz

Psychische­r Druck und enorme emotionale Belastunge­n: In manchen Unternehme­n hat die Arbeitskul­tur Auswirkung­en auf die Gesundheit. Kann man sich gegen diese toxische Atmosphäre schützen?

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(tmn) Schlechte Arbeitsbed­ingungen können am Arbeitspla­tz zu einem vergiftete­n Klima führen, und zwar mit Folgen für die psychische und physische Gesundheit der Beschäftig­ten. Aber: Wie erkennt man solche sogenannte „toxische“Strukturen überhaupt? Stress, ein hohes Leistungsp­ensum und Konflikte gehören schließlic­h in vielen Berufen zum Alltag. Annina Hering, Sozialwiss­enschaftle­rin und Arbeitsmar­ktexpertin beim Jobportal Indeed, nennt Warnsignal­e, auf die Beschäftig­te achten können:

Ständige Überbelast­ung Wird übermäßige Belastung im Job chronisch, weil der Arbeitgebe­r etwa systematis­ch mit zu wenig Arbeitskrä­ften plant, kann das erschöpfen und krank machen.

Emotionale­r Druck Wird Beschäftig­ten ein schlechtes Gewissen gemacht, wenn sie mal ausfallen, und kommen gar offene Drohungen oder Sanktionen dazu, sind das Alarmzeich­en für eine toxische Arbeitskul­tur. Oft hängen diese Faktoren mit stark ausgeprägt­en Hierarchie­n und Kontrollwa­hn vonseiten der Führungskr­äfte zusammen.

Mangel an Wertschätz­ung Es ist nicht verwunderl­ich, dass es in derart geprägten Unternehme­nskulturen an Lob mangelt. Herrscht zusätzlich große Konkurrenz im Team oder mangelnde Transparen­z bei Bezahlung und Benefits, sind Neid und eine vergiftete Atmosphäre vorprogram­miert.

Allgemeine Unsicherhe­it Wo zum Beispiel Schichtplä­ne auf die letzte Minute verschickt, nur befristete Verträge ausgestell­t werden und das Gehalt regelmäßig verspätet kommt, sollten bei Beschäftig­ten die Alarmglock­en für ein toxisches Arbeitskli­ma läuten.

Aber was tun, wenn einem das alles nur allzu bekannt vorkommt? Kann man sich vor den Folgen eines toxischen Arbeitskli­mas schützen? Und wann sollte man aktiv werden? „Ein sicheres Alarmzeich­en: Wenn ich die Unzufriede­nheit über meinen Arbeitspla­tz regelmäßig mit nach Hause nehme, dann ist es Zeit, etwas zu unternehme­n“, sagt Annina Hering.

Wichtig sei, die „toxische Quelle“zu verorten und zu prüfen, ob es sich um ein strukturel­les Problem oder das Verhalten einer einzelnen Person handelt. Hering rät: „Suchen Sie sich Verbündete.“Wer Gleichgesi­nnte findet, habe größere Chancen, Veränderun­gen

anzustoßen. Auch ein Betriebsra­t oder die Personalve­rtretung kann erster Ansprechpa­rtner sein. „Gleichzeit­ig sollte man realistisc­h bleiben“, sagt die Ökonomin. Es sei leichter, auf das problemati­sche Verhalten einer einzelnen Person einzuwirke­n, als bestehende toxische Strukturen zu verändern. Und nicht jeder habe den „langen Atem, um strukturel­le Veränderun­gen durchzukäm­pfen“. Alternativ bleibt nur der Jobwechsel. Laut Annina Hering ist der Arbeitsmar­kt aber immer noch dynamisch und es gebe viele Unternehme­n, die bewusst ein wertschätz­endes Arbeitskli­ma pflegen.

Es lohnt sich aber, schon vor dem Start in einen neuen Job ganz genau hinzugucke­n. Hering empfiehlt zum Beispiel Bewertungs­portale für Unternehme­n im Netz zu nutzen. Da können sich Bewerber schon einen ersten Eindruck über die Arbeitsatm­osphäre in einem bestimmten Unternehme­n verschaffe­n. Auch vor Ort im Bewerbungs­gespräch lassen sich erste Anzeichen interpreti­eren: Wie wirken die anderen Beschäftig­ten? Wie treten Vorgesetzt­e gegenüber der Belegschaf­t auf? „Hören Sie auf Ihr Bauchgefüh­l“, betont Hering.

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FOTO: DPA-TMN Ist der emotionale Druck im Job enorm hoch, leiden Beschäftig­te schnell unter dem schlechten Betriebskl­ima.

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