Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Autoversicherung wird teurer
Wer die Tarife der verschiedenen Anbieter vergleicht, kann die Preissteigerung allerdings deutlich abmildern. Wenn man sich clever anstellt, lassen sich Einsparungen bis zu 50 Prozent erzielen, zeigt ein aktueller Vergleich.
DÜSSELDORF Die Versicherungsbeiträge für Autobesitzer in Deutschland dürften zum Jahreswechsel 2023 um mindestens zehn Prozent steigen. Das ist eine Prognose der Beratungsgesellschaft MSK aus Köln. Die Versicherer werden sogar von der Versicherungsaufsichtsbehörde Bafin zu einer Erhöhung aufgefordert. Sie sollen Schäden und Inflation einpreisen. „Es ist daher im Grunde zwingend, dass die Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung steigen. Und zwar sowohl im Neugeschäft als auch im Bestand“, erläutert Frank Grund von der Aufsichtsbehörde Bafin.
Daher wird die Autoversicherung in diesem Jahr erstmals für alle rund 68 Millionen zugelassenen Kfz teurer. Für Pkw-Besitzer kann durch eine zusätzliche Anhebung der Typoder Regionalklasse die Erhöhung auch 20 oder mehr Prozent ausmachen. Doch wer vergleicht, kann die Preissteigerung womöglich abmildern oder sogar vermeiden.
Den größten Spareffekt kann man mit dem Wechsel des Anbieters erzielen. Die rund 60 Kfz-Versicherer stehen nämlich in einem scharfen Wettbewerb. So hat der Rückversicherer Genre in einer Marktanalyse ein durchschnittliches Preisgefälle von rund 40 Prozent ermittelt.
Eine aktuelle Stichprobe mit dem Versicherungsbeginn 1. Januar 2023 mit einem VW Touran für ein 40-jähriges Paar über das Vergleichsprogramm Nafi aus Höxter zeigt, dass die Sparvorteile im Einzelfall 53 Prozent betragen können, wenn man leistungsstarke Tarife analysiert. Wer nur auf eine Basisabsicherung setzt und nach einem Kaskoschaden auf freie Werkstattwahl verzichtet, kann sogar fast 70 Prozent sparen, wenn er vom teuersten zum günstigsten Anbieter wechselt.
In der Vergangenheit wechselte zum Jahreswechsel immer nur ein kleiner Teil der Kunden. Anlässlich der deutlich steigenden Haushaltskosten könnten nun mehr Kunden aktiv werden. Dabei gilt für die allermeisten Autobesitzer weiterhin der 30. November als Stichtag für eine reguläre Kündigung. In diesem Jahr können zudem wohl alle Autobesitzer das Sonderkündigungsrecht wegen Prämienerhöhung nutzen. Es gilt einen Monat ab Eingang der höheren Rechnung.
Eine bessere Einstufung in den Schadenfreiheitsrabatt bleibt dabei allerdings unberücksichtigt. Die Kündigung ist immer möglich, wenn der Tarif steigt. Das zeigen viele Versicherer in der Rechnung durch den Vergleichsbeitrag. Grundsätzlich müssen die Versicherer zudem auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen. Ganz wichtig: „Es kommt nicht auf den Gesamtbetrag an. Der Kunde hat ein Wahlrecht. Schon wenn eine Sparte, etwa die
Haftpflicht, minimal steigt, kann der gesamte Vertrag gekündigt werden, auch wenn gleichzeitig die Vollkasko günstiger wird“, erläutert Ulrich Loske, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Duisburg.
Wer den Anbieter wechselt, sollte in jedem Fall die angebotenen Mindestleistungen beachten. Kaum Leistungsunterschiede gibt es bei der Haftpflicht: Hier sollte grundsätzlich für jeden Geschädigten eine Summe von 15 Millionen Euro abgesichert sein. Für den Gesamtschaden gelten 100 Millionen Euro als Standard. Bei der Kaskoversicherung sollte man genau hinschauen. Unbedingt sollte der Versicherer grob fahrlässige Fahrfehler mitversichern. Das ist auch in Basistarifen möglich. Zudem sollte bei jeder Kollision mit einem Tier entschädigt werden. Komforttarife leisten dies immer.
Wer einen Neuwagen versichert, sollte auf eine mindestens 24-monatige Entschädigungsfrist zum Neupreis achten. Den vollen Kaufpreis bekommt der Autofahrer dann ersetzt, wenn der Wagen gestohlen wird oder einen Totalschaden hat. Noch besser ist aber Top-Schutz, bei dem der Kunde auch eine Fahrerschutzversicherung einschließt. Sie zahlt, wenn der Fahrer sich bei einem selbst verschuldeten Unfall verletzt. Mit diesem „VollkaskoPersonenschutz“wird sehr günstig eine gefährliche Haftungslücke für den Fahrer geschlossen.
Grundsätzlich sollte die Versicherung den Bedürfnissen angepasst werden. Die Prämie ist daher immer sehr individuell. Laut dem Infodienst Finanztip findet man den günstigsten Tarif oft in Vergleichsportalen. Prüfen sollte man zudem, ob das Nutzerprofil noch optimal ist.
Veränderungen der Lebensumstände können sich günstig auf die Autoversicherung auswirken.
Grundsätzlich sollte man die Beiträge für die Autoversicherung auf einen Schlag für das ganze Jahr zahlen – falls es das Haushaltsbudget zulässt. Dann vermeidet man teure Ratenzuschläge. Wer infolge der Corona-Pandemie nun vermehrt im Homeoffice arbeitet oder zum Spritsparen und zum Schutz des Klimas öfter mit dem Rad zur Arbeit fährt, sollte seine voraussichtliche jährliche Kilometerleistung nach unten korrigieren. Erheblich sparen können Autobesitzer zudem, wenn sie den Nutzerkreis für das Fahrzeug einschränken. Sind die Kinder aus dem Haus oder fährt das Auto bei Senioren tatsächlich nur noch eine Person, sollte der Versicherungstarif auf Partner- oder Einzelnutzung umgestellt werden.
„Es kommt nicht auf den Gesamtbetrag an. Der Kunde hat ein Wahlrecht“Ulrich Loske, Rechtsanwalt, zum Sonderkündigungsrecht