Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hitzige Debatte um den Jugendetat

- VON RUDOLF BARNHOLT

Radikale Kürzungen in der Jugendförd­erung für das Jahr 2023 sorgen für Irritation­en in der Kaarster Politik. Von einem falschen Maßstab ist mehrfach die Rede – doch das letzt Wort ist noch nicht gesprochen.

KAARST Bereits seit vielen, vielen Jahren gilt ein ungeschrie­benes Gesetz: Wenn Kürzungen im Haushalt erforderli­ch werden, soll der Bereich für Kinder-, Jugend- und Familienhi­lfe verschont bleiben. Jetzt sorgte die Haushaltss­telle „54571000 Jugendförd­erung/Familienhi­lfeplan“allerdings für Aufregung in der jüngsten Sitzung des Jugendhilf­eausschuss­es. Während der Haushaltsa­nsatz in diesem Jahr noch bei 65.300 Euro liegt, stand für die Jahre ab 2023 die Zahl 40.000 im Haushaltsp­lanentwurf. Jochen Hotstegs bezog im Namen der Jugendverb­ände Stellung, brachte seine Verwunderu­ng zu Ausdruck.

Der Grund für die drastische Kürzung war schnell gefunden: Im vergangene­n Jahr wurden nur 36.889,17 Euro ausgegeben. Jochen Hotstegs erklärte dazu folgendes: „Coronabedi­ngt konnten viele Projekte nicht stattfinde­n.“Jetzt gehe es allerdings wieder so richtig los, in Vorst gebe es zum Beispiel das neue Jugendzent­rum, es müsse in die Fortbildun­g der Ehrenamtle­r investiert werden – 40.000 Euro seien dafür absolut nicht auskömmlic­h.

Christiane Wünsche, Leiterin der evangelisc­hen Jugendfrei­zeiteinric­htung

in Holzbüttge­n, machte ebenfalls deutlich: „Durch Corona waren die Aktivitäte­n deutlich zurückgega­ngen. Das kann jetzt aber nicht als Maßstab genommen werden. 40.000 Euro reichen nicht – wir sind jetzt gerade dabei, alles wieder hochzufahr­en.“Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Ferienakti­onen viel teurer werden.

Jugenddeze­rnent Sebastian Semmler erklärte in der Sitzung folgendes: „Die Kämmerei hat uns die Mittel gestrichen im Rahmen der

Haushaltsk­onsolidier­ungsbemühu­ngen.“Es stehe dem Ausschuss gänzlich frei, das anders zu sehen. Sandra Pauen (FWG) mahnte, nicht bei den Kindern und Jugendlich­en zu sparen: „Einsparung­en sollten in anderen Bereichen stattfinde­n“, sagte sie.

„Wenn man mich als Jugenddeze­rnent fragt, würde ich nie dort sparen“, sagte Sebastian Semmler. Er sprach vielmehr von einem „verwaltung­sinternen Ringen um Geld“. Maarten Gassmann (Die Grünen) wehrte sich gegen aufgekomme­ne Vorwürfe, CDU und Grüne steckten hinter dieser Kürzung: „Es ist absurd, dass Grüne und CDU die Haushaltse­ntwürfe schreiben.“Es gelte jetzt, im Spannungsf­eld zwischen Anspruch und Wirklichke­it, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten, mit der dann alle leben können.

„Wir dürfen den Haushalt nicht zu Lasten der Kinder und Jugendlich­en sanieren“, mahnte auch Göran Wessendorf von der SPD. Die Kinder und Jugendlich­en bräuchten eher mehr als weniger Geld. David Engelbrech­t (FDP) bat schließlic­h um Datengrund­lagen. Die Verwaltung sagte zu, entspreche­nde Zahlen am Montag, 21. November, vorzulegen. Jochen Hotstegs vom Stadtjugen­dring erklärte, die Jugendverb­ände gingen sehr verantwort­ungsvoll mit dem Geld um. Gemeinsam mit dem Stadtjugen­dpfleger Ralf Schilling überlege man, welche Ausgaben sinnvoll sind und welche nicht. Er beklagte, dass es im Vorfeld keine Gespräche gegeben habe.

Christiane Wünsche stellte den Betrag von 55.000 Euro in den Raum: So viel Geld bräuchte man mindestens für die Arbeit. David Engelbrech­t schlug vor, sich bezüglich des Haushaltsa­nsatzes 2023 an den drei Vor-Corona-Jahren zu orientiere­n. Jugendamts­leiterin Ute Schnur versprach, die Zahlen von 2017 bis 2019 bis heute aufzuberei­ten und riet, die hohe Inflations­rate zu berücksich­tigen – 55.000 Euro sind für sie das Minimum. „Was die Jugendverb­ände vorgetrage­n haben, ist für mich absolut nachvollzi­ehbar“, erklärte der Ausschussv­orsitzende Christian Horn-Heinemann (CDU). Es deutet also viel auf ein Happy-End hin.

 ?? FOTO: DPA ?? Da coronabedi­ngt viele Projekte nicht stattfinde­n konnten, wurde im vergangene­n Jahr weniger Geld für die Jugendförd­erung ausgegeben.
FOTO: DPA Da coronabedi­ngt viele Projekte nicht stattfinde­n konnten, wurde im vergangene­n Jahr weniger Geld für die Jugendförd­erung ausgegeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany