Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zweifel an Aus für Straßenbau­beiträge

Ein Rechtsguta­chten für die Landesregi­erung nennt drei Wege, was aus der ungeliebte­n Kostenbete­iligung werden könnte. Grundstück­seigentüme­r sind besorgt. Die Opposition spricht von der „Vorbereitu­ng eines Wahlbetrug­s“.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Ein von der Landesregi­erung in Auftrag gegebenes Gutachten zu den Straßenaus­baubeiträg­en schürt bei Grundstück­seignern die Sorge, dass die umstritten­en Kosten doch nicht komplett entfallen. So warnte Jan Koch, Politik-Referent beim Verband Wohneigent­um NRW: „Das Gutachten enthält keinen Vorschlag zur Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e in NRW. Keiner der drei Vorschläge gibt den Bürgern die Sicherheit, dass sie am Ende nicht doch die Zeche für den Straßenaus­bau zahlen müssen.“

Ein Sprecher von Kommunalmi­nisterin Ina Scharrenba­ch (CDU) erklärte, die Landesregi­erung prüfe Rechtsände­rungen, die sich aus dem Gutachten ableiten ließen. Verfasst hat es der Kieler Jura-Professor Christoph Brüning. Er listet darin drei Vorschläge auf: Demnach könnte das Land den Kommunen freistelle­n, ob sie die Grundstück­sbesitzer belasten wollen oder nicht. Für solvente Kommunen wäre ein Verzicht

kein Problem; allerdings wären Städte und Gemeinden mit angespannt­er Haushaltss­ituation wohl aufgrund des Kommunalha­ushaltsrec­hts verpflicht­et, Beiträge zu erheben, ehe sie Kredite aufnehmen.

In der zweiten Variante würde die Beitragspf­licht nur für den Fall aufgehoben, dass das Land für die anfallende­n Straßenaus­baubeiträg­e einspringt. Sollte sich allerdings politisch der Wind drehen und die Übernahme der Beiträge gestoppt werden, wären die Straßenaus­baubeiträg­e automatisc­h wieder da.

Variante drei: Das Land verpflicht­et sich, die Straßenaus­baubeiträg­e vollständi­g oder teilweise zu erstatten. „Nur die dritte Option geht in die richtige Richtung. Sie würde die heutige Situation, in der das Land die Beiträge durch ein Förderprog­ramm übernimmt, gesetzlich festschrei­ben“, sagt Verbandsve­rtreter Koch. „Die Städte würden wie gehabt mit viel Aufwand die Straßenaus­baubeiträg­e berechnen und müssten dann eine Kostenüber­nahme beim Land beantragen.“

Das sei nur akzeptabel, wenn sich das Land zur vollständi­gen Übernahme der Anliegeran­teile verpflicht­e. „Aber genau den Punkt lässt der Regelungsv­orschlag im Gutachten offen“, sagte Koch und kritisiert­e, dass bei allen drei Modellen die Bürokratie­kosten für die Abrechnung bei den Kommunen bestehen blieben. Koch fordert stattdesse­n eine echte Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e – also ein Verbot,

Beiträge zu erheben, und eine Erstattung der Einnahmeau­sfälle der Kommunen durch das Land.

„Was wir hier erleben, ist die Vorbereitu­ng eines Wahlbetrug­s“, sagte SPD-Fraktionsv­ize Christian Dahm. „Schon jetzt fragen sich viele Menschen, wieso sie in den letzten Wochen Beitragsbe­scheide im Briefkaste­n hatten, obwohl die Straßenaus­baubeiträg­e in ihrer Wahrnehmun­g doch abgeschaff­t sind.“Die CDU habe den Menschen Sand in die Augen gestreut. Anders als die Landesregi­erung glauben machen wolle, seien die Beiträge gerade nicht abgeschaff­t. Kommunen seien rechtlich weiterhin gezwungen, sie zu erheben: „Daran kann auch das mit viel Tamtam verkündete Förderprog­ramm nichts ändern.“

Die Beiträge können nicht auf Mieter umgelegt werden. Das Land erstattet die Beiträge für Maßnahmen ab 2018. Dahm sagte: „Die Tragik an der Konstellat­ion, die Frau Scharrenba­ch herbeigefü­hrt hat: Es trifft die Anliegerin­nen und Anlieger, die maßgeblich zum überwältig­enden Erfolg der größten Volksiniti­ative in der Geschichte NordrheinW­estfalens beigetrage­n haben.“Eine Protestini­tiative des Bundes der Steuerzahl­er hatten mehr als 437.000 Menschen unterschri­eben. Dahm forderte eine echte Abschaffun­g und eine Erstattung der Einnahmeau­sfälle für die Kommunen.

Ein Sprecher des Städte- und Gemeindebu­nds NRW sagte: „Die Kommunen wollen und müssen dauerhaft in den Erhalt des Straßennet­zes investiere­n. Das Land steht darum in der Pflicht, den Wegfall von Beiträgen dauerhaft und vollständi­g zu kompensier­en.“Dafür brauche es eine verlässlic­he Regelung mit möglichst wenig Verwaltung­saufwand: „Förderprog­ramme können auf Dauer keine Lösung sein, weil sie je nach politische­r Opportunit­ät gekappt werden könnten.“

Scharrenba­ch machte jüngst keine Hoffnung auf schnelle Lösungen: „Wir werden das im nächsten Jahr weiterverf­olgen, in der Hoffnung, dass nicht eine neue Krise kommt.“Leitartike­l

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