Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Solidarisch durch den Winter
Außenministerin Baerbock unterstützt zusammen mit Frankreich und anderen Staaten Moldau gegen die Folgen der russischen Aggression.
PARIS/BERLIN Raus aus dem Flieger, rein in den Flieger: Kaum zurück aus Scharm el Scheich, ist Außenministerin Annalena Baerbock auch schon wieder in Paris – genauer: bei einer Geberkonferenz für den EU-Beitrittskandidaten Moldau. Dort sind dem Land nach Angaben des französischen Präsidenten Emmanuel Macron vom Montagabend insgesamt mehr als 100 Millionen Euro Finanzhilfe zugesagt worden.
Schon wenige Wochen nach dem Überfall russischer Invasionstruppen auf die Ukraine sorgte sich der Westen, Kreml-Herrscher Wladimir
Putin könnte seinen Landhunger womöglich auch auf ehemalige sowjetische Satellitenstaaten und Nachbarstaaten der Ukraine ausdehnen, darunter auch die Republik Moldau, eines der ärmsten Länder Europas.
Zweimal schon trommelte Baerbock zuvor ihre Kollegen für Hilfe und Unterstützung an Moldau zusammen. Das kleine Land grenzt direkt an die Ukraine und hat bislang 90.000 Menschen aufgenommen, die vor dem Krieg geflohen sind. Moldau selbst hat nur 2,6 Millionen Einwohner. Bei einer ersten Moldau-Geberkonferenz im April in Berlin und einem zweiten Unterstützungstreffen
im Juli in Bukarest waren insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro zusammengekommen, darunter zinsgünstige Kredite und langfristige Förderung bei der Umstellung des Energiesektors. Auch Moldau erlebt in diesen Kriegswochen immer wieder Stromausfälle. Moskau zieht die Kältekarte und reduzierte in den vergangenen Wochen seine Energielieferungen an Moldau um die Hälfte.
Damit soll es hoffentlich bald vorbei sein. Denn Ziel dieser Geberkonferenzen ist unter anderem, die Abhängigkeit der kleinen Republik vom großen Russland bei der Energieversorgung zu verringern. Das wichtigste Kraftwerk des Landes liegt in der Region Transnistrien, die von prorussischen Separatisten dominiert wird. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gibt es Befürchtungen, Putin könnte auch Truppen nach Moldau schicken, um auch dieses Land zu destabilisieren. Moldau ist wie die Ukraine mittlerweile EU-Beitrittskandidat. Baerbock hatte Moldau schon in den ersten Kriegswochen im März besucht, um die unter Druck stehende Regierung in Chisinau „noch umfassender“zu unterstützen. Moldaus Außenminister Nicu Popescu nennt nun bei dem Treffen in Paris die russische Aggression gegen die Ukraine
ein Problem für alle in Europa. „Was die Sicherheit von Energielieferungen betrifft, ist Moldau besonders ernst betroffen“, sagte er.
Insgesamt 47 Staaten und Organisationen – darunter die EU und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) – legen bei dieser dritten Geberkonferenz noch einmal mit Hilfe für Moldau nach. Deutschland unterstützt das Land jetzt mit weiteren gut 32 Millionen Euro, um die Menschen dort „gut über den Winter zu bringen“, wie Baerbock sagt. Man werde Moldau nicht allein in Kälte und Dunkelheit lassen, sagte sie. Laut Entwicklungsministerin Svenja
Schulze (SPD) kommen knapp 29 Millionen Euro dieser neuen zusätzlichen Gesamtsumme aus ihrem Ministerium.
Baerbock ist auch noch in einer anderen Mission nach Paris gereist: Das deutsch-französische Verhältnis, gerne beschrieben als Antriebsachse für das vereinte Europa, ist so schlecht wie lange nicht mehr. Zuletzt war Ende Oktober deshalb auch der deutsch-französische Ministerrat vertagt worden. Das Treffen soll nun voraussichtlich im Januar nachgeholt werden. Baerbock traf auch dazu am Montag in Paris Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. (mit ap)