Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Vier Hilfen für den Ernstfall
Ab 2023 gilt das Notvertretungsrecht für Ehepartner. Eine Vorsorgevollmacht ist dennoch sinnvoll, eine Patientenverfügung ohnehin.
DÜSSELDORF Mal ist es ein Autounfall, mal ein schwerer Schlaganfall: Jeden Menschen, ob alt oder jung, kann es treffen. Und womöglich ist er oder sie dann nicht mehr in der Lage zu sagen, welche medizinischen Behandlungen gewünscht sind und was mit den Angehörigen geschehen soll. Daher sollte man frühzeitig vorsorgen und seine Wünsche formulieren. Vier Instrumente helfen dabei.
Patientenverfügung Mit diesem Schreiben bringt man zum Ausdruck, wie viel Medizin am Ende des Lebens eingesetzt werden soll. Gibt es keine Verfügung, müssen Ärzte mit den Angehörigen den mutmaßlichen Willen ermitteln. Womöglich wird gar ein Betreuungsgericht eingeschaltet, wie die Verbraucherzentrale erklärt. Sie rät daher, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Doch von den im Internet angebotenen Musterformularen mit Ankreuz-Optionen hält sie nichts: „Auf allgemeine Formulierungen in der Patientenverfügung können Sie sich nicht verlassen. Sie müssen möglichst konkret formulieren. Beschreiben Sie darum verschiedene Krankheitszustände und Ihre jeweiligen Wünsche möglichst genau“, lautet der Rat. Die Verbraucherzentrale und das Bundesjustizministerium bieten dazu Textbausteine an. Näheres findet sich unter: www.verbraucherzentrale. de/patientenverfuegung-online.
Grundsätzlich empfehlen die Verbraucherzentralen, vor der Formulierung
Deutschland, in Prozent
Habe Patientenverfügung verfasst Habe es vor 45- bis 59-Jährige 60-Jährige und Ältere
der Patientenverfügung den Rat eines Arztes einzuholen. Das kann zum Beispiel der Hausarzt sein, der den Gesundheitszustand meist am besten kennt. „Lassen Sie sich dabei insbesondere die medizinische Bedeutung von Begriffen wie Wiederbelebungsmaßnahmen, künstlicher Ernährung oder künstlicher Beatmung erklären“, raten die Verbraucherschützer. Der Bürger muss diese Beratung aus eigener Tasche zahlen, die Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht. Die Patientenverfügung muss schriftlich aufgesetzt sein. Am besten bestätigt man alle drei Jahre per Unterschrift, dass sie noch gilt.
Vorsorgevollmacht Viele glauben, dass Partner oder Kinder im Krisenfall automatisch entscheiden dürfen. Das war bislang jedoch nicht so. Zum 1. Januar 2023 tritt nun aber ein „Notvertretungsrecht“für Ehegatten und Lebenspartner in Kraft, das in Paragraf 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt ist. Dieses gibt dem Partner oder der Partnerin für einen definierten Zeitraum die Möglichkeit zu entscheiden: „Es ist begrenzt auf Gesundheitsangelegenheiten und auf Entscheidungen über eine kurzfristige freiheitsentziehende Maßnahme. Außerdem gilt es nur für eine begrenzte Zeit von sechs Monaten“, so die Verbraucherzentrale. Für diese Zeit ist auch der Arzt von der Schweigepflicht entbunden und darf Auskunft geben. Wer nicht will, dass der Ehepartner dieses Recht ausübt, kann schriftlich widersprechen oder eine andere Person bevollmächtigen.
Wer dem Partner oder einer anderen Person darüber hinaus Vertretungsrechte einräumen will, sollte eine Vorsorgevollmacht aufsetzen. Darin bestimmt man eine Person, die dauerhaft in medizinischen oder finanziellen Fragen entscheiden kann. Zudem sollte ein Angehöriger für den Fall der Fälle Zugriff auf Konten haben, um Miete, Krankenhausoder Handwerkerrechnungen bezahlen zu können. Zudem verlangen Banken und Sparkassen meist gesonderte Vollmachten auf hauseigenen Formularen. Gesetzlich ist ausgeschlossen, dass der Bevollmächtigte Geschäfte mit sich selbst macht. Das soll Missbrauch verhindern. Man kann als Vertrauensperson einen Angehörigen wählen, aber auch einen Familienfremden – wichtig ist unbedingtes Vertrauen, da die Vertrauensperson weitreichende Befugnisse erhält.
Betreuungsverfügung Wenn ein Mensch seine Angelegenheiten nicht mehr selbst ordnen kann, etwa weil er stark dement ist und keine (ausreichende) Vorsorgevollmacht vorhanden ist, setzt das Betreuungsgericht einen Betreuer ein. Auch hier sollte man selbst eine Person bestimmen, zu der man absolutes Vertrauen hat. Gibt es diese nicht, kann man alternativ eine Betreuungsverfügung aufsetzen. Der Unterschied zur Vorsorgevollmacht: Ein Gericht kontrolliert hier den Betreuer. Das kann wichtig sein, wenn es um viel Geld oder um Immobilien geht. Der Betreuer muss dem Gericht jeweils anzeigen, welche Vermögensdispositionen er vorgenommen hat.
Haben Sie eine Patientenverfügung verfasst?
Sorgerechtsverfügung Wer minderjährige Kinder hat, kann mit einem solchen Instrument festlegen, wer sich um die Kinder kümmert, wenn beiden Elternteilen etwas zustößt. Dadurch kann man auch Personen ausschließen, die sich auf keinen Fall kümmern sollen. Kinder im Alter zwischen 14 und 17 Jahren haben nach dem Tod der Eltern ein Mitspracherecht über ihren Vormund. Sie sollten also vorher in die Entscheidung einbezogen sein. Ab 18 Jahren erübrigt sich die Sorgerechtsverfügung.