Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Angestellt nach sieben Jahren Praktikum
Die Kita „Am Kerper Weiher“hat Eva-Maria Niebuhr ihr ganzes Leben lang begleitet. Ihr war immer klar, wo sie einmal arbeiten möchte. Doch bis zu ihrem Wunschberuf dauerte es. Denn die 27-Jährige hat eine leichte Lernschwäche.
GLEHN Eva-Maria Niebuhr ist überglücklich. Denn seit September gehört sie nach sieben Praktikumsjahren in der städtischen integrativen Kita „Am Kerper Weiher“endlich zum Team der Festangestellten. Das ist keineswegs selbstverständlich. Schließlich hat die 27-Jährige eine leichte Lernschwäche, besuchte früher eine Förderschule.
In der Kita „Am Kerper Weiher“zu arbeiten, war schon seit ihrem Schulpraktikum der große Wunsch von Eva-Maria Niebuhr. Dort war sie selbst als Kita-Kind in der integrativen Gruppe und die Tageseinrichtung hat sie ihr Leben lang begleitet.
Weil sie aber selbst eine Lernschwäche hat, sollte es dauern, bis sich ihr Berufswunsch erfüllen konnte. Zur Schule ging sie in die Sebastianusschule in Holzbüttgen – also in eine Förderschule. Dann wurde sie von Cornelia Faßbender vom Integrationsfachdienst RheinKreis Neuss betreut, die die emotionalen Qualitäten der jungen Frau schnell erkannte.
Im August 2015 stieg Eva-Maria Niebuhr zunächst in den Berufsbildungsbereich der Varius-Werkstätten ein. Doch die junge Frau konnte sich nicht vorstellen, in der Werkstatt zu bleiben. Sie wollte weitere Berufserfahrung für ihren Berufswunsch sammeln und ging den Weg über einen sogenannten BiAp – einen betriebsintegrierten Außenarbeitsplatz.
So kam sie zu einem Praktikumsplatz in „ihrer“Kita. Nach sieben Jahren endlich war es für die Stadt Korschenbroich keine Frage mehr, gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland das Budget für die sozialversicherte volle Arbeitsstelle der jungen Frau bereitzustellen. Dafür hat die Kita-Leiterin Ursula Schüller zugesichert, dass Eva nicht mit pädagogischen Aufgaben, sondern auf überwiegend spielerischer Ebene mit liebevoller Betreuung der bis Dreijährigen in der „Nestgruppe“sowie mit haushälterischen Aufgaben betraut werde.
Zudem bestätigten Benjamin Ulkan und Johannes Henkens vom Fachbereich Integration der VariusWerkstätten, dass die junge Frau keine Beratungen mehr braucht. Nun hat sie also ihre ersehnte sozialversicherte Vollzeit-Arbeitsstelle und erklärt glücklich: „Alles ist hier in der Kita besser als in der Werkstatt – das war für mich keine Option.“
Glücklich sind auch die Kita-Kinder, die die 27-Jährige jeden Morgen ganz besonders fröhlich und herzlich begrüßen. Kita-Leiterin Ursula Schüller bestätigt: „Die Kinder warten immer schon auf ihre beliebteste Kuschelpartnerin. Eva hat diesbezüglich ganz besondere Ressourcen. Immer dann, wenn Kinder Kummer haben oder besonderer emotionaler Bedarf besteht, ist Eva gefragt. Sie ist für unser Team eine tolle Entlastung.“
Florian Küppers von der Personalabteilung der Stadt Korschenbroich ist sich mit den beiden Integrationsfachleuten von den Varius-Werkstätten einig: „In einer Kita, in der Pflege oder in einem Altenheim zu arbeiten ist sehr, sehr schwer.“Alle drei sehen für Menschen wie Eva-Maria Niebur in den sozialen und pflegerischen Berufen aber ein riesiges Potenzial – auch im Hinblick auf optimale Entlastung dieser Berufe. Denn mit so viel Herzlichkeit und Zuwendung wie die etwas lernbehinderte junge Frau ihre Arbeit macht, seien solche berufliche Aufgaben für normal begabte Menschen oft nicht gut möglich.
Die Integrations-Fachleute sind überzeugt davon, dass sich diese Möglichkeit sowohl bei behinderten Menschen als auch potenziellen Arbeitgebern rumsprechen wird. So wie es bei Eva-Maria Niebuhr war: Sie startete vor sieben Jahren mit einem Praktikumsplatz. Auch wenn sie in der Kita „Am Kerper Weiher“arbeitete, blieb sie weiterhin offiziell angestellt bei den Varius-Werkstätten und wurde auch pädagogisch von dort betreut. Die junge Frau gab ihren Berufswunsch aber nie auf. Zum Glück für das Kita-Team und die Kinder: Die einen freuen sich, durch eine solch empathische Mitarbeiterin entlastet zu werden, die anderen genießen ihre Herzlichkeit.