Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So schließt man Kompromiss­e

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Es gibt einen Kompromiss im Streit um das Bürgergeld. Das ist aus verschiede­nen Gründen eine gute Nachricht: für die Betroffene­n, für die Arbeitende­n, aber auch für das politische System in diesem Land. Verhandeln, vermitteln, eine Lösung finden – genau so sollte ein parlamenta­risches Verfahren ablaufen. Der nun vorliegend­e Vorschlag wurde an den Vermittlun­gsausschus­s von Bundestag und Bundesrat übermittel­t, der am Ende eine Entscheidu­ng treffen muss. Die Hauptverha­ndler der Koalition und der Opposition sind jedoch schon am Dienstag an die Öffentlich­keit gegangen. Die Einigung sieht nun unter anderem schärfere Sanktionsm­öglichkeit­en gegen Leistungsb­ezieher und ein geringeres sogenannte­s Schonvermö­gen vor. Dieses soll 40.000 Euro betragen und 15.000 Euro für jede weitere Person im Haushalt. Die geplante Karenzzeit von zwei Jahren, in denen die Kosten der Wohnung ohne weitere Überprüfun­g übernommen werden, wird auf ein Jahr verkürzt. Die sogenannte Vertrauens­zeit von sechs Monaten, in der auf Sanktionen bei mangelnder Mitwirkung verzichtet werden sollte, fällt ganz weg.

Das Prinzip Fordern und Fördern bleibt somit erhalten. Dies ist ein gutes Signal für Geringverd­iener. Es lohnt sich immer mehr, arbeiten zu gehen, als auf staatliche Förderung zu vertrauen. Das bleibt das Grundprinz­ip von Hartz IV und dem künftigen Bürgergeld. Hier hat die Union erfolgreic­h die Kraft der Opposition genutzt. Sie konnte sich dabei auf die unionsregi­erten Länder verlassen. Das ist ein Sieg für den CDU-Vorsitzend­en Friedrich Merz.

Dennoch kann sich die Ampel auf die Fahnen schreiben, einen Kern des Gesetzes, die Erhöhung der Regelsätze und die Konzentrat­ion auf Weiterbild­ung, erhalten zu haben. Auch kann sich die SPD endlich vom ungeliebte­n Hartz IV lösen und damit die Parteiseel­e heilen. Der Kompromiss ist ein sinnvolles Ergebnis.

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