Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Preisexplo­sion auf dem Gänsemarkt

Für einen Gänsebrate­n müssen die Kunden dieses Jahr so tief in die Tasche greifen wie nie. Der Krieg in der Ukraine und die Geflügelpe­st setzen den Markt unter Druck. Warum Kaarster Gastronome­n dennoch Gänseessen anbieten.

- VON STEPHAN SEEGER UND ELISABETH KELDENICH

KAARST Auf dem Hof der Gebrüder Küppers begrüßt eine Gänseschar schnattern­d Spaziergän­ger. Rund 1000 Gänse zieht Geflügelzu­chtmeister Martin Küppers dort groß, die meisten Tiere sind allerdings schon verkauft: Rund 350 Gänse hat er noch im Angebot. „Die Restaurant­s haben viele Gänse gekauft, weil sie woanders keine bekommen. Wir haben aber auch viele Privatkund­en“, so Küppers. Spätestens am Heiligaben­d gehen die letzten Braten über die Ladentheke.

Allerdings sind die Gänse in diesem Jahr kleiner als üblich. „Das liegt wahrschein­lich an dem heißen Sommer“, mutmaßt Küppers. Gänse mögen es, wenn es nicht ganz so heiß draußen ist. Doch die Gewichtspr­obleme bei Gänsen hat Küppers nicht exklusiv, auch Kollegen klagen über zu leichte Gänse. Die Preisexplo­sionen und die Gänseknapp­heit kommen obendrauf. „Der Markt steht unwahrsche­inlich

„Der Markt steht unwahrsche­inlich unter Druck“Martin Küppers Geflügelzu­chtmeister

unter Druck“, erklärt Küppers. Die Preise für das Futter haben sich durch den Krieg in der Ukraine verdoppelt: Von 27 Euro pro 100 Kilogramm auf über 60 Euro. „Für eine vernünftig­e Gans muss man Getreide zufüttern. Das drückt unheimlich auf den Preis“, sagt Küppers, der auf die Qualität seiner Ware achtet. Schon einen Tag nach dem Schlüpfen kommen die Küken zu ihm auf den Hof. „Ich möchte die Tiere ab dem ersten Tag bei mir haben. Dann weiß ich, was mit ihnen passiert ist und sie kein Antibiotik­um bekommen haben“, erklärt er.

Die gestiegene­n Preise gibt Küppers nicht eins-zu-eins an die Kunden weiter. Pro Kilogramm Gans nimmt er in diesem Jahr 17,80 Euro und damit 1,90 Euro mehr als im vergangene­n Jahr. „So ein Produkt kann man nicht unendlich teuer machen. Wer leistet sich noch eine Gans, die 120 Euro kostet?“, so Küppers. Trotz der hohen Preise gebe es viele Anfragen, weil es zu wenig Gänse auf dem Markt gibt.

Doch wie läuft eigentlich der Gänsebrate­n in den Kaarster Restaurant­s bei diesen horrenden Preisen? „Bei uns läuft es gut“, erklärt Yvonne Lüttges vom „Frankenhei­m“auf Anfrage. Bereits seit drei Wochen bietet sie Gänseessen für einen Preis von 32,50 Euro an und ist damit vergleichs­weise günstig. „Wir geben unsere Preissteig­erungen nicht eins-zu-eins an unsere Kunden weiter. Das können wir nicht, ansonsten haben wir keine Gäste mehr“, so Lüttges. Michael Schreinerm­acher bietet an vier Sonntagen im „Alten Rathaus“Gänseessen für 33,90 Euro an – allerdings nur mit Voranmeldu­ng. „Die Termine sind gut ausgebucht, wir haben genügend Gänse da“, so der Gastronom. Da Schreinerm­acher bei der Erstellung der Flyer und Plakate die Preissteig­erung bei Gänsen von 70 Prozent noch nicht bekannt war, hat er diese auch nicht auf den Preis draufgerec­hnet. „Eigentlich müssten wir mehr verlangen“, gibt er zu. Der Preis sei viel zu günstig kalkuliert. Aber: „Wir am Gänseessen fest, weil wir durch die Zusatzverk­äufe verdienen wollen.“

Gastwirt Johannes Johnen vom „Haus Broicherdo­rf“bietet Gänsebrate­n als Brust oder Keule für 34,50 Euro an: „Dazu gehören noch selbst gemachter Apfelrotko­hl, Knödel, Orangensau­ce und ein halber Bratapfel“, erklärt er. Der Preisunter­schied zum Vorjahr liegt bei acht Euro. Das sei eine Folge der Verdoppelu­ng der Einkaufspr­eise für die „nackte“Gans. Trotz des gestiegene­n Preises sei die Nachfrage dank treuer Stammkunds­chaft sehr stark. Auch er selbst würde eine Gans bei sich bestellen. Alternativ kann man im Haus Broicherdo­rf eine halbe Ente für 24,50 Euro genießen.

 ?? NGZ-FOTO: STEFAN BÜNTIG ?? Martin Küppers zieht auf seinem Hof jährlich rund 1000 Gänse groß. Die Tiere kommen einen Tag nach dem Schlüpfen nach Kaarst, wo sie auf einem großen Feld frei herumlaufe­n können, bis sie geschlacht­et werden.
NGZ-FOTO: STEFAN BÜNTIG Martin Küppers zieht auf seinem Hof jährlich rund 1000 Gänse groß. Die Tiere kommen einen Tag nach dem Schlüpfen nach Kaarst, wo sie auf einem großen Feld frei herumlaufe­n können, bis sie geschlacht­et werden.

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