Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

46 leere Betten, zu wenig Pflegekräf­te

Korschenbr­oich braucht vorerst keine zusätzlich­en vollstatio­nären Pflegeplät­ze. Das ergab die „Verbindlic­he Pflegebeda­rfsplanung“vom Rhein-Kreis Neuss für die Stadt. Alternativ­e Angebote wären aber sinnvoll.

- VON BÄRBEL BROER

KORSCHENBR­OICH Es gibt genügend Pflegeplät­ze in Korschenbr­oich. Das hat die sogenannte „Verbindlic­he Pflegebeda­rfsplanung“vom RheinKreis Neuss ergeben, die Kreisdirek­tor Dirk Brügge im Ausschuss für Bildung, Familie und Senioren vorgestell­t hat. Zum Stichtag am 15. August waren demnach 46 Betten frei. Eine gute Nachricht ist dies dennoch nicht. „Kritisch sind nicht die Betten, sondern das fehlende Pflegepers­onal“, sagte Brügge.

Unabhängig von den personalbe­dingten Leerstände­n im Seniorenha­us Korschenbr­oich und im Azurit Seniorenze­ntrum habe die Bedarfspro­gnose für 2023 auf Basis aktueller Daten, die von der Pflegestat­istik IT.NRW stammen, ergeben, „dass vorerst keine zusätzlich­en vollstatio­nären Pflegeplät­ze erforderli­ch sind“, so Brügge. Vielmehr sei es sinnvoll, alternativ­e Pflegeange­bote – dazu zählen beispielsw­eise ambulant betreute Wohngemein­schaften oder Tagespfleg­en – voranzutre­iben.

Vier vollstatio­näre Pflegeeinr­ichtungen mit insgesamt 321 Plätzen gibt es in Korschenbr­oich. Diese verteilen sich wie folgt: Im Seniorenha­us Korschenbr­oich gibt es 117 Plätze, im Azurit Seniorenhe­im 80, im Haus Tabita 80 und im Haus Timon 44. Darüber hinaus gibt es zwei Tagespfleg­eeinrichtu­ngen. Die Caritas Tagespfleg­e hat 17 Plätze, die Tagespfleg­e Bonhoeffer-Haus 18. Im Haus St. Sebastian, einer Einrichtun­g der Behinderte­nhilfe, gibt es 16 Plätze. Stadtweit gibt es außerdem vier ambulante Pflegedien­ste.

Wie ausgelaste­t welche Pflegeeinr­ichtungen sind, präsentier­te Brügge ebenfalls dem Ausschuss. Zum 15. August waren im Haus Tabita alle 80 zur Verfügung stehenden Plätze belegt, im Haus Timon 43 von 44. Im Seniorenha­us Korschenbr­oich sind 93 von 117 vorhandene­n Betten belegt. Im Azurit Seniorenze­ntrum sind es 59 von 80. Insgesamt waren somit zum Zeitpunkt der Erhebung 46 Betten frei. Zum Vergleich: Kreisweit standen 234 Betten leer.

Der größte Teil des dargestell­ten Leerstande­s sei darauf zurückzufü­hren, dass die Pflegeheim­betreiber auf dem Arbeitsmar­kt nicht das notwendige Pflegepers­onal generieren können, erklärte der Kreisdirek­tor weiter. Kreisweit stünden sogar fast drei komplette Pflegeeinr­ichtungen mit jeweils 80 Plätzen sofort zur Verfügung. Diese könnten unverzügli­ch zur Deckung des Bedarfs eingesetzt werden. Dennoch sei es nicht möglich, weil kein ausreichen­des Personal zur Verfügung stünde. „Doch bei einem bundespoli­tisch so wichtigen Thema sind die Möglichkei­ten des Kreises begrenzt“, erklärte Brügge. Gleichwohl wolle der Rhein-Kreis Neuss auch seinen Beitrag dazu leisten, den Beruf der Pflege präsent zu machen und aufzuzeige­n, „wie erfüllend und sinnstifte­nd diese Berufe sind“, so der Kreisdirek­tor. Der Kreis habe vor einiger Zeit ein „Bündnis für Pflege“mit verschiede­nen Partnern eingericht­et. Ziel sei es, die Pflegeberu­fe zu stärken sowie Pflegefach­kräfte zu rekrutiere­n und zu binden. Darüber hinaus sollen in Zukunft weniger Auszubilde­nde ihre Pflegeausb­ildung abbrechen.

Udo Bartsch (SPD), der als sachkundig­er Bürger im Ausschuss sitzt, wollte anschließe­nd vom Kreisdirek­tor wissen, wie der aktuelle Stand bei den Kurzzeitpf­legeplätze­n sei. Diese unterliege nicht der „Verbindlic­hen Pflegebeda­rfsplanung“erklärte ihm Brügge. „Das finde ich nicht in Ordnung“, entgegnete Bartsch. „Wir brauchen Kurzzeitpf­legeplätze. Sie sind wichtig, um Angehörige zu entlasten.“Ihm sei bewusst, dass Pflegeeinr­ichtungen mit stationäre­n Vollzeitpl­ätzen mehr Geld verdienen würden als mit der Kurzzeitpf­lege, ergänzte Bartsch noch, betonte aber deren Wichtigkei­t. Kreisdirek­tor Dirk Brügge stimmte ihm zu, sagte aber auch: „Selbst wenn wir ausschreib­en würden, habe ich Zweifel, ob Angebote eingehen würden.“

 ?? ?? Im Seniorenze­ntrum Haus Tabita gibt es 80 Pflegeplät­ze. Zur Zeit der Erhebung vom Rhein-Kreis Neuss waren alle besetzt. Elfriede Sohre und Wilhelmine Hermens leben hier, Claudia Pascher ist als Pflegekraf­t angestellt (v.l.).
Im Seniorenze­ntrum Haus Tabita gibt es 80 Pflegeplät­ze. Zur Zeit der Erhebung vom Rhein-Kreis Neuss waren alle besetzt. Elfriede Sohre und Wilhelmine Hermens leben hier, Claudia Pascher ist als Pflegekraf­t angestellt (v.l.).

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