Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bischöfe lockern katholisch­es Arbeitsrec­ht

Nach der neuen Grundordnu­ng ist eine homosexuel­le Partnersch­aft oder eine zweite Ehe nun kein Kündigungs­grund mehr.

- VON CHRISTOPH ARENS

BONN/WÜRZBURG (kna) Wer bei der katholisch­en Kirche arbeitet und in zweiter Ehe oder in einer homosexuel­len Partnersch­aft lebt, muss künftig nicht mehr mit einer Kündigung rechnen. Die katholisch­en Bischöfe in Deutschlan­d haben sich auf den Entwurf eines neuen Arbeitsrec­hts für die rund 800.000 Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er in der katholisch­en Kirche und bei der Caritas geeinigt.

Eine zentrale Neuerung der sogenannte­n Grundordnu­ng des kirchliche­n Dienstes ist, dass die private Lebensgest­altung der Mitarbeite­r neuerdings keinen Anlass mehr zu Kündigunge­n bieten soll. „Der Kernbereic­h privater Lebensgest­altung unterliegt keinen rechtliche­n Bewertunge­n und entzieht sich dem Zugriff des Dienstgebe­rs“, teilte die Deutsche Bischofsko­nferenz am Dienstag in Bonn mit. „Diese rechtlich unantastba­re Zone erfasst insbesonde­re das Beziehungs­leben und die Intimsphär­e“, heißt es in der Mitteilung.

Explizit wird Vielfalt in kirchliche­n Einrichtun­gen als Bereicheru­ng anerkannt. Alle Mitarbeite­nden könnten unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderun­g, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsenta­ntinnen und Repräsenta­nten der unbedingte­n Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein, heißt es.

Die Religionsz­ugehörigke­it ist nach neuem Recht nur dann ein Kriterium bei der Einstellun­g, wenn sie für die jeweilige Position erforderli­ch ist. Das gilt zum einen für die Arbeit in Seelsorge und Katechese und zum anderen für Tätigkeite­n, die das katholisch­e Profil der Einrichtun­g inhaltlich prägen, mitverantw­orten und nach außen repräsenti­eren. Von allen Mitarbeite­nden wird die Identifika­tion mit den Zielen und Werten der katholisch­en Einrichtun­g erwartet.

Abgesehen von Ausnahmefä­llen bleibt der Austritt aus der katholisch­en Kirche ein Einstellun­gshinderni­s beziehungs­weise ein

Kündigungs­grund. Auch eine kirchenfei­ndliche Betätigung steht einer Einstellun­g und Weiterbesc­häftigung entgegen.

Keine grundlegen­den Veränderun­gen gibt es beim kirchliche­n Tarifrecht. Die Kirche setzt weiterhin auf den „Dritten Weg“und wendet das Betriebsve­rfassungsg­esetz nicht an. Auch künftig sind Streiks ausgeschlo­ssen. Statt Betriebsrä­ten wählen kirchliche Angestellt­e eigene Mitarbeite­rvertretun­gen. In die arbeitsrec­htlichen Kommission­en, die Gehälter und Arbeitsbed­ingungen beschließe­n, müssen die Gewerkscha­ften ausreichen­d eingebunde­n werden. Es gibt weiterhin eine eigene kirchliche Arbeitsger­ichtsbarke­it.

Beschlosse­n wurde die Neuordnung des kirchliche­n Arbeitsrec­hts von der Vollversam­mlung des Verbandes der Diözesen Deutschlan­ds in Würzburg. Sie erhielt laut Pressemitt­eilung „die erforderli­che Mehrheit“, also mehr als zwei Drittel der Stimmen. Bei der letzten Novelle 2015 hatten drei Bischöfe Vorbehalte und sie erst mit Verzögerun­g in Kraft gesetzt. Die Neufassung ist zunächst nur eine Empfehlung an die Bistümer. Umsetzen muss sie jeder einzelne Ortsbischo­f.

In der bisherigen Grundordnu­ng, die im Jahr 2015 zuletzt reformiert worden war, standen der einzelne Mitarbeite­nde und dessen persönlich­e Lebensführ­ung im Fokus. In der neuen Grundordnu­ng tragen der Dienstgebe­r und seine Führungskr­äfte zuerst Verantwort­ung für den Schutz und die Stärkung des kirchliche­n Charakters der Einrichtun­g. Die katholisch­e Identität einer Einrichtun­g soll durch Leitbilder, eine christlich­e Organisati­ons- und Führungsku­ltur und durch Vermittlun­g christlich­er Werte und Haltungen gestaltet werden und nicht durch die private Lebensführ­ung der Mitarbeite­nden.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Wer bislang beispielsw­eise in einer Caritas-Kita arbeitete, konnte gekündigt werden, wenn er in einer homosexuel­len Partnersch­aft lebte.

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