Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Corona-Kurs der Vernunft in NRW

- VON ANTJE HÖNING

Corona hat seinen Schrecken verloren. Es gibt viele Infektione­n – und zwar viel mehr, als die offizielle Statistik sagt, in die nur Infizierte mit positivem PCR-Test eingehen. Es sterben auch täglich Menschen im Zusammenha­ng mit dem Virus. Doch die Lage in den Kliniken ist beherrschb­ar. Das liegt daran, dass die Bevölkerun­g durch Impfung oder Ansteckung soweit immun ist, dass sie mit den Viren fertig wird. Und es liegt daran, dass die von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach im April an die Wand gemalte „Killervari­ante“bislang nicht aufgetauch­t ist. Dass die Pandemie vorbei ist, ist dennoch ein frommer Wunsch. Wer Menschen mit Long Covid leiden sieht, wird Corona nicht verharmlos­en. Vor dem Hintergrun­d fährt Karl-Josef Laumann auf Sicht – und er tut gut daran. Der NRWMiniste­r lockert die Regeln und schafft die Pflicht zum Freitesten ab. Damit verkürzt er faktisch die Isolation von Bürgern, die teilweise über zehn Tage auf das Verschwind­en des zweiten Striches beim Test warten, obwohl die Symptome abgeklunge­n sind. Das ist vernünftig und – verbunden mit dem Appell an die Eigenveran­twortung – verantwort­ungsvoll.

Ebenso richtig ist es aber auch, dass NRW an der Isolation selbst zunächst festhält. Der Beginn des Winters ist der falsche Zeitpunkt für große Lockerunge­n. In einigen Wochen kann man die Lage neu bewerten. Dass andere Bundesländ­er wie ausgerechn­et Bayern die Isolation bereits abschaffen, ist bedauerlic­h. Wieder einmal erleben Bürger einen föderalen Flickentep­pich an Einschätzu­ngen, Regeln und Signalen. Als Minister, der in Flugzeugen, Fern- und Nahverkehr gleich drei unterschie­dliche Regeln zur Maskenpfli­cht zulässt, hat Lauterbach seine Autorität verspielt. Der SPD-Politiker hat nicht mehr die Überzeugun­gskraft, Bürger und Länder zu einen. Jetzt macht jeder, was er will – NRW zum Glück das Richtige.

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