Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zu lange gewartet beim Dünge-Problem

- VON SINA ZEHRFELD

Endlich bietet sich ein ehrliches Bild der Lage: Nordrhein-Westfalen hat ein ernsthafte­s Problem beim Grund- und Trinkwasse­rschutz. Das zeigt die neue Karte mit den vielen großen roten Flächen, die die nitratbela­steten Gebiete darstellen. Dort überall müssen Landwirte nun deutlich weniger Dünger nutzen. Ihre Sorgen und ihr Ärger darüber sind gut begründet. Wenn Erträge geringer ausfallen, ist das keine gute Nachricht – nicht für die Bilanzen, nicht für die Versorgung­ssicherhei­t. Wenn die Qualitäten von Weizen oder Kartoffeln nachlassen, die Abnehmer Produkte höherer Qualität anderswo zukaufen, treibt das die Preise für Lebensmitt­el hoch. Und Betriebe, die schon immer sparsam gedüngt haben, haben jetzt das Nachsehen.

Das stimmt alles. Richtig ist aber auch: Die Nitratbela­stung des Wassers in Nordrhein-Westfalen entstammt dem stickstoff­haltigen Dünger der Landwirtsc­haft. Schon jetzt zahlen alle Bürger und die Umwelt eine zu hohe Zeche dafür, dass dieses Problem über Jahrzehnte ignoriert wurde. Bei der Trinkwasse­rgewinnung müssen allzu hohe Konzentrat­ionen auf ein akzeptable­s Maß gesenkt werden, was ziemlich teuer ist. Brunnenbes­itzer müssten eigentlich die Nitratwert­e berechnen, wenn sie ihre Gemüsegärt­en gießen. Es darf damit nicht so weitergehe­n wie bisher, und bisherige Taktiken zur Verbesseru­ng der Lage in Nordrhein-Westfalen waren eben nicht sehr erfolgreic­h. Auch müssten die Einschnitt­e für die Bauern jetzt nicht so heftig sein, hätte man viel früher korrigiere­nd eingegriff­en. Dann hätten es auch differenzi­ertere und moderate Vorgaben zu Düngemitte­ln noch getan. Wer sich ärgern will, sollte deshalb nicht auf die EU blicken. Was jetzt geschieht, ist nur ein weiterer Beleg: Es rächt sich, wenn die Politik von Bund und Ländern Missstände aussitzen will, statt sie anzugehen, wenn es noch nicht ganz so weh tut.

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