Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Europa muss sich gegen Hacker schützen
Kurz nach der Abstimmung des Europaparlaments über eine Entschließung gegen Russlands Terror in der Ukraine ging es los in den Rechnern in Straßburg. Bald war die komplette Präsenz des Parlaments in der digitalen Welt blockiert. Da sich bald eine Gruppe kremltreuer Aktivisten dazu bekannte, lag für viele der Zusammenhang auf der Hand. Es ist eine doppelte Botschaft der Hacker: Erstens können sie nicht nur jedes Ziel in der Europäischen Union attackieren, sondern sie tun es auch. Zweitens erheben sie den Anspruch, die Inhalte der Debatten im Westen zu bestimmen.
Der Angriff hat einmal mehr den Hegemonialanspruch Moskaus auf dem europäischen Kontinent deutlich gemacht. Eindeutige Schlüsse lassen auch die Untersuchungen der Cyberspezialisten im Umfeld des russischen Angriffskrieges zu: Die heftigen Cyberattacken galten seit Februar nicht nur der Ukraine selbst, sondern sehr bald auch allen, die das angegriffene Land bei seiner Verteidigung unterstützten. Experten mahnten schon im Frühsommer eine koordinierte, gemeinsame Abwehrstrategie an.
Nun, im Herbst, sieht sich das Europäische Parlament durch die Attacke in seiner Entscheidung zum besseren Schutz der kritischen Infrastruktur bestätigt. Gerade einen Tag vor dem Angriff hatte es ein Gesetz verabschiedet, mit dem die zu schützenden Bereiche von bislang zwei auf insgesamt elf ausgeweitet werden. Allerdings: Die Aufforderung der eigenen Fachleute dazu stammt aus dem Jahr 2018, der Gesetzentwurf aus dem Jahr 2021, die Einigung in der Europäischen Union erfolgte im Juni dieses Jahres, die Entscheidung erst jetzt. Es geht hierbei auch noch nicht um den Schutz selbst, sondern um Mindestregeln, die für Risikobewertungen und die Entwicklung von Strategien zur besseren Abwehr gelten sollen. Das ist zu langsam und zu wenig.