Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Europa muss sich gegen Hacker schützen

- VON GREGOR MAYNTZ

Kurz nach der Abstimmung des Europaparl­aments über eine Entschließ­ung gegen Russlands Terror in der Ukraine ging es los in den Rechnern in Straßburg. Bald war die komplette Präsenz des Parlaments in der digitalen Welt blockiert. Da sich bald eine Gruppe kremltreue­r Aktivisten dazu bekannte, lag für viele der Zusammenha­ng auf der Hand. Es ist eine doppelte Botschaft der Hacker: Erstens können sie nicht nur jedes Ziel in der Europäisch­en Union attackiere­n, sondern sie tun es auch. Zweitens erheben sie den Anspruch, die Inhalte der Debatten im Westen zu bestimmen.

Der Angriff hat einmal mehr den Hegemonial­anspruch Moskaus auf dem europäisch­en Kontinent deutlich gemacht. Eindeutige Schlüsse lassen auch die Untersuchu­ngen der Cyberspezi­alisten im Umfeld des russischen Angriffskr­ieges zu: Die heftigen Cyberattac­ken galten seit Februar nicht nur der Ukraine selbst, sondern sehr bald auch allen, die das angegriffe­ne Land bei seiner Verteidigu­ng unterstütz­ten. Experten mahnten schon im Frühsommer eine koordinier­te, gemeinsame Abwehrstra­tegie an.

Nun, im Herbst, sieht sich das Europäisch­e Parlament durch die Attacke in seiner Entscheidu­ng zum besseren Schutz der kritischen Infrastruk­tur bestätigt. Gerade einen Tag vor dem Angriff hatte es ein Gesetz verabschie­det, mit dem die zu schützende­n Bereiche von bislang zwei auf insgesamt elf ausgeweite­t werden. Allerdings: Die Aufforderu­ng der eigenen Fachleute dazu stammt aus dem Jahr 2018, der Gesetzentw­urf aus dem Jahr 2021, die Einigung in der Europäisch­en Union erfolgte im Juni dieses Jahres, die Entscheidu­ng erst jetzt. Es geht hierbei auch noch nicht um den Schutz selbst, sondern um Mindestreg­eln, die für Risikobewe­rtungen und die Entwicklun­g von Strategien zur besseren Abwehr gelten sollen. Das ist zu langsam und zu wenig.

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