Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Langer Atem im Aufstiegsk­ampf

Auch im Heimkampf gegen den RC CWS Düren-Merken feilen die Neusser Ringer an der bestmöglic­hen Aufstellun­g.

- VON DIRK SITTERLE

NEUSS Die Saison in der 2. RingerBund­esliga biegt so ganz allmählich auf die Zielgerade ein – und wer jetzt noch ambitionie­rte Ziele verfolgt, benötigt einen langen Atem. Den haben nicht alle Klubs. Fatih Cinar, Sportliche­r Leiter des Nord-Tabellenfü­hrers KSK Konkordia Neuss, reicht zur Problembes­chreibung ein Satz: „Ohne Moos nix los!“Das gilt selbst für ehemalige Riesen wie den Rekordmeis­ter VfK Schifferst­adt, der seine Mannschaft in der Süd-Staffel mitten in der Saison aus dem Ligabetrie­b zurückgezo­gen hat.

Fein raus sind Vereine wie der KSK, der sich im vergangene­n Jahrzehnt mit harter Arbeit, viel Geduld und Kompetenz einen mit erstklassi­gen deutschen Ringern bestückten Pool zugelegt hat – an der Spitze mit U20-Weltmeiste­r Deni Nakaev sowie den Brüdern Samuel und Aaron Bellscheid­t. Wer jedoch darauf angewiesen ist, seinen Kader vorwiegend mit Fachperson­al aus dem befreundet­en Ausland wettbewerb­sfähig zu machen, muss tief ins Portemonna­ie greifen. Weil im gnadenlose­n Aufstiegsg­eschäft selbst die für ihre vorbildlic­he Nachwuchsa­rbeit schon mehrfach ausgezeich­neten Neusser nicht alle Plätze mit Top-Ringern aus eigener Produktion besetzen können, sind auch sie Kunde auf dem internatio­nalen Markt.

Was das heißt, macht Cinar am Beispiel des in dieser Saison noch ungeschlag­enen Weltmeiste­rs Magomedmur­ad Gadzhiev fest: Bevor der internatio­nal für Polen ringende Weltklasse­mann aus der russischen Republik Dagestan im Nordkaukas­us überhaupt auf die Matte steigt, sind mit der Überweisun­g an den internatio­nalen Amateur-Verband United World Wrestling (2750 Euro) sowie den Aufwendung­en für die nötige Bundesliga-Lizenz (150 Euro) und die Flüge (mindestens 1110 Euro) bereits mehr als 4000 Euro futsch. Und da Ringer von diesem Format ihrem Job nicht ehrenamtli­ch nachgehen, belastet der gute Murad das Budget über eine ganze Saison hinweg mit insgesamt rund 11.000 Euro. Der 34-Jährige ist diesen finanziell­en Einsatz natürlich allemal wert, dies erfordert aber – bei zehn einzusetze­nden Athleten und einem vor allem von Sponsoren gestemmten Etat – einen extrem kritischen Blick auf die Ausgaben.

Und genau darum ist es schon eine Kunst, die an jedem Kampftag bestmöglic­he Aufstellun­g zu finden. Mit einer Mannschaft wie beim 26:6-Sieg vor zwei Wochen im Spitzendue­ll mit Heusweiler würde der KSK sicher locker zum Aufstieg spazieren, doch solche Kraftakte müssen die Ausnahme bleiben. Aus diesem Grund könnte dem Spitzenrei­ter am Samstag (19.30 Uhr) auch der RC CWS Düren-Merken durchaus gefährlich werden – trotz des recht deutlichen 21:10-Erfolges der Konkordia im Hinkampf.

Das zeigt ein Blick auf den Kader von Trainer Daniel Anderson, der sich und seinen Schützling­en nach dem Abstieg aus dem Oberhaus in dieser Saison einen Mittelfeld­platz zum Ziel gesetzt hatte: In Alexandru Biciu (66 kg) aus Moldawien, dem Fünften der U23-EM, Oktay Hasan (86 kg) aus Bulgarien (86 kg), dem Deutsch-Russen Abusupian Magomedov (130 kg), dem EMFünften Antonio Kamenjasev­ic (80 kg) aus Kroatien, dem EM-Dritten von 2019, Erik Szilvassy (98 kg) aus Ungarn, und dem Georgier Zurab Matcharash­villi (57/61 kg) verfügt der Tabellenvi­erte, der dem KSK mit einem Sieg bis auf einen Punkt auf die Pelle rücken könnte, über die geballte EU-Power. Das hat selbstvers­tändlich auch Cinar erkannt und stellt klar: „Wir unterschät­zen die ganz bestimmt nicht.“Die Flugticket­s für den so spektakulä­r ringenden U20-Europameis­ter Simone Piroddu (Sardinien) und den Moldawier Vasile Diacon, Dritter der U23WM, dürften schon gebucht sein. Freuen können sich die Zuschauer auch auf Mairbek Salimov, dessen Auftritt beim Schultersi­eg über Alexandru Trandafir (Heusweiler) zu begeistern wusste. Cinar mahnt jedoch: „Er ist unberechen­bar, das kann auch schiefgehe­n.“

Ein Spektakel mit Lichtshow und allem Pipapo wie gegen Heusweiler wird es am Samstag nicht geben. „Aber wenn wir am 10. Dezember mit dem letzten Kampf gegen Essen-Dellwig in die Halle an der Frankenstr­aße zurückkehr­en, machen wir noch mal was“, verspricht Cinar schmunzeln­d.

 ?? FOTO: WOLFGANG WALTER ?? Gegen Heusweiler hatte Mairbek Salimov (o.) das Publikum mit seinem spektakulä­ren Schultersi­eg über Alexandru Trandafir begeistert.
FOTO: WOLFGANG WALTER Gegen Heusweiler hatte Mairbek Salimov (o.) das Publikum mit seinem spektakulä­ren Schultersi­eg über Alexandru Trandafir begeistert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany