Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wie Kinder Beten lernen
Auf die Anrede „Sie“reagiert Gott nicht. Das glaubt Pfarrerin Angelika Ludwig (58) inzwischen ganz fest. Für sie ist Gott ein Gegenüber, einer, „der mich mit meinen Fragen aufnimmt“. Und so solle man auch zu ihm sprechen, sagt Ludwig. Vertrauensvoll, persönlich, direkt und gerne auch „formlos“. Aber wie geht das?
In ihrem Alltag als evangelische Seelsorgerin im Lukaskrankenhaus und Koordinatorin der Notfallseelsorge hört Ludwig diese Frage immer wieder. Die Frage, „Muss sich das immer reimen?“, schließe sich oft an, sagt sie. Nein, reinem müsse sich da gar nichts, betont Ludwig. Sie hat gerade ein kleines, anrührend bebildertes Büchlein geschrieben, mit dem sie einige Anregungen geben will, wie gerade Kinder Worte finden können, um ihre Anliegen und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Weniger „Ich bin so klein, mein Herz ist rein...“sondern vielmehr ein „Kannst du das anders machen, Gott? Bitte! Vielleicht...“
Es sind Alltagssituation, von denen Ludwig ausgeht: Ein Geschwisterchen kommt, der eigene Geburtstag steht an, der Opa ist krank – oder man selber. Aber auch bei Wut im Bauch, weil man sich unverstanden fühlt, oder wenn man zerspringen könnte vor Freude, kann man mit „ihm“darüber sprechen. Denn Beten, sagt Ludwig, „führt immer einen Schritt weiter – in Richtung Lösung.“
Als Partner für ihr Buchprojekt konnte Ludwig, die seit 1997 in Neuss wirkt, die frei schaffende Malerin Heidelies Sievering (74) gewinnen, die bereits drei Bücher illustriert hat. Ihre Bilder sollen vor allem Eltern helfen, mit den Kindern eigene Gedanken zu entwickeln, eigene Worte zu finden – und zu erkunden, was sie auf dem Herzen haben. Weil in vielen Familien nicht mehr gebetet wird, wissen viele auch nicht mehr, was es mit den kirchlichen Hochfesten auf sich hat. Was wichtig ist an Ostern, Weihnachten oder Advent wird so auch vermittelt. Und das Staunen darüber: „Es ist ja auch toll, dass du das hingekriegt hast“, heißt es im Gebet für Ostern. Und das dürfen durchaus auch Erwachsene so sagen und sehen.
Dass sich in dem von Harald Frosch (73) technisch umgesetzten Büchlein keine Bibelverse und keine festen „Formeln“finden und es sich so ganz anders liest als der Katechismus, macht nach Ansicht der Autoren die Besonderheit der Sammlung aus. Die Kinder werden sicher auch am Vorschlag Angelika Ludwigs für ein Mittagsgebet Freude haben: „Danke! Amen! Guten Appetit!“Ist damit nicht das Wesentliche gesagt?
Unter ihren evangelischen Amtsbrüdern und -schwestern kommt der Band gut an. Sie würden, berichtet Ludwig nicht ohne Stolz, jeder Familie, die ein Kind zur Taufe bringt, künftig ein Exemplar mitgeben. Kostenlos. An alle anderen Interessenten wird „Kindergebete – zum Lesen, Vorlesen, Erzählen, Beten“, so der Titel in voller Länge, zum Selbstkostenpreis abgegeben.
Vorstellen wird Ludwig die Sammlung am Sonntag, 27. November, beim adventlichen Treiben am Berliner Platz. Das schließt sich dem 15-Uhr-Familiengottesdienst in der Reformationskirche an. Christoph Kleinau