Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rehasport Wassergymnastik wird gestrichen
KORSCHENBROICH Martin Kresse ist verärgert. Seit über einem halben Jahr geht er nach seiner Hüft-Operation regelmäßig ins Schwimmbad der Niederrhein Klinik zum Rehasport Wassergymnastik. Doch Anfang November hat er per Post erfahren, dass zum 23. Dezember dieses Jahres alle Rehasport-Gruppen in der Wassergymnastik eingestellt werden.
„Durch die steigenden Energiekosten sehen wir uns leider zu diesem Schritt gezwungen“, heißt es in dem Brief des Vereins „Mein persönliches Come back Neuss am Johanna Etienne Krankenhaus“an Kresse, der unserer Redaktion vorliegt. Zudem liegt dem Schreiben des Vereins ein Flyer der Savita bei. Darin wirbt die Rehabilitations- und Gesundheits-GmbH für ihren „Aquafitness Gesundheitskurs“in der Niederrhein Klinik. „Das Angebot ist einmalig für einen Kurs und nur für Teilnehmer, die vorher am Rehasport im Wasser teilgenommen haben“, heißt es da.
Statt 145 Euro müsse Kresse für zehn Übungsstunden „nur 110 Euro“bezahlen, wird ihm offeriert. „Um den Übergang zu erleichtern, bieten wir Ihnen für den ersten Kurs einen großzügigen Rabatt an“, heißt es im Begleitschreiben, in dem Kresse auch mitgeteilt wurde, dass die Wassergymnastik für den Rehasport des „Come back“-Vereins komplett eingestellt werde, er aber als Selbstzahler die „Aquafitness Gesundheitskurse“der Savita buchen könne. „Ich finde das ein Unding“, sagt der Grünen-Politiker, der im Stadtrat vertreten ist. „Jetzt sind nicht mehr die Krankenkassen die Kostenträger, sondern die Patienten müssen es privat bezahlen. Das betrifft etliche Senioren.“
Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt ein Sprecher der St. Augustinus Gruppe schriftlich: „Bisher gab es sechs Gruppen des Vereins ‚Come back‘, das Angebot wurde von zehn bis 13 Menschen pro Gruppe genutzt.“Der Rehasport im Wasser werde von ‚Come back‘ eingestellt, da sich der Verein strategisch neu ausrichte und den Fokus zukünftig auf das Angebot „Trockenkurse“, also Rehasport im Kursraum setze, so der Sprecher weiter.
Es sei nicht die Niederrhein Klinik, die dieses Angebot einstelle, erklärt der Sprecher. Das könne sie gar nicht, da die Niederrhein Klinik keinen Rehasport anbietet, sondern stationäre und ambulante medizinische Rehabilitation. „Es gibt neben der Niederrhein Klinik selbst aber zwei weitere Nutzer, die das Schwimmbad in der Klinik als Mieter nutzen: Der Verein ‚Mein persönliches Come back Neuss am Johanna Etienne Krankenhaus e. V.‘ für Rehasport und die Savita Rehabilitationsund Gesundheits-GmbH für Sport und Prävention.“Verantwortlich für den Rehasport Wassergymnastik, der bei ärztlicher Verordnung von den Krankenkassen bezahlt wird, sei ausschließlich der Verein „Come back“. Er miete – ebenso wie die Savita
Der Verein „Come back“stellt sein Angebot in der Niederrhein Klinik ein. Stattdessen bietet die Savita Aquafitness an. Diese Kurse müssen aber selbst bezahlt werden. Martin Kresse hält die Gründe für vorgeschoben.
G E R M O Ü R
– in der Niederrhein Klinik Räume, so der Sprecher weiter.
Der Geschäftsführer der Niederrhein Klinik, Christian Meise, ist übrigens in Personalunion sowohl Geschäftsführer bei der Savita als auch im Vorstand des Vereins „Come back“, wie es im Brief des Vereins an Martin Kresse angegeben ist. Kresse ist das bekannt. Kein Wunder: Bei der St. Augustinus Gruppe kennt er sich aus. Bis vor ein paar Jahren arbeitete er in der Psychiatrie als Psychotherapeut. Inzwischen ist er Rentner.
Nun beendet also der Verein „Come back“seinen Rehasport Wassergymnastik, der zu 100 Prozent von den Krankenkassen übernommen wurde, sofern er ärztlich verordnet wurde. Gleichzeitig bietet die Savita die „Aquafitness Gesundheitskurse“für Selbstzahler an. Die Idee, keinen Rehasport mehr im Wasser anzubieten, habe es schon seit geraumer Zeit bei dem Verein gegeben, heißt es seitens der St. Augustinus Gruppe. „Die gestiegenen Energiekosten haben letztendlich bestätigt, diese Veränderung nun auch durchzuführen“, schreibt der Sprecher.
Martin Kresse mag das nicht akzeptieren: „Das Argument der Energiekosten ist doch vorgeschoben. Denn das Bad wird ja nicht geschlossen, es bleibt in Betrieb, also fallen ohnehin Energiekosten an.“Was ihn besonders ärgert: „Es gibt – insbesondere bei älteren Menschen – eine hohe Sensibilität für den Ukraine-Krieg.“Viele würden geradezu in Schockstarre verfallen, wenn von dem Krieg die Rede sei. Sie würden dann gar nicht erkennen, wenn es vorgeschobene Argumente zu den Energiekosten gibt. Die St. Augustinus Gruppe betone ihren christlichen und sozialen Anspruch, so Kresse. Daher passe dieses Vorgehen nicht. „Ich werde das in der nächsten Reha-Bau-Aufsichtsratssitzung im Frühjahr 2023 erneut ansprechen.“
Zuvor hat sich der 68-Jährige bereits im Ausschuss für Senioren geäußert: „Wenn der Rehasport Wassergymnastik geschlossen wird, ist das ein erheblicher Einschnitt in die gesundheitliche Versorgung in der Stadt.“Kämmerer Thomas Dückers entgegnete zum einen, dass er über die Entscheidungen der Niederrhein Klinik, die in der Aufsichtsratssitzung der Reha-Bau GmbH bekannt gegeben wurden, nicht öffentlich berichten darf. Zum anderen sagte er zumindest so viel: „Die Entscheidungen sind wirtschaftlicher Natur.“Das bestätigte auch der Sprecher der St. Augustinus Gruppe: „Die Angebote der Savita tragen sich wirtschaftlich, für den Verein sind sie allerdings zu teuer.“