Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Leihen statt kaufen

Kleidung tauschen Menschen schon lange untereinan­der. Doch auch Haushaltsg­eräte, Instrument­e und sogar Kunst muss nicht jeder sofort kaufen. Eine Ausleihe ist in vielen Fällen nicht nur nachhaltig­er, sondern auch günstiger.

- VON CLAUDIA HAUSER UND LILLI STEGNER

DÜSSELDORF Wie oft im Jahr braucht man denn wirklich eine Bohrmaschi­ne? Ist die Begeisteru­ng der Tochter fürs Gitarrespi­elen eine dauerhafte? Und sehe ich mich nicht irgendwann an dem teuren Kunstwerk satt? Wer gerade bei kostspieli­geren Investitio­nen zögert, für den kann ein Leihmodell eine gute Alternativ­e sein. Zumal es auch im Sinne der Nachhaltig­keit ist, wenn beispielsw­eise Werkzeug nicht den größten Teil seines Daseins ungenutzt im Keller steht. Wir haben einige Leihmodell­e in NRW ausgewählt.

Die Bibliothek der Dinge

Für eine Stadtbüche­rei ist das Konzept „Leihen statt Kaufen“nicht ganz neu. Dass dieses Prinzip aber nicht nur für Bücher funktionie­rt, zeigt die große Beliebthei­t der „Bibliothek der Dinge“der Stadtbüche­rei Düsseldorf. In acht Stadtteil-Büchereien, sortiert nach Themenbere­ichen, können Alltagsgeg­enstände ausgeliehe­n werden.

In der Zentralbib­liothek gibt es Gegenständ­e aus den Bereichen Technik, Gaming und Musik, in Bilk und Garath dominieren die Themenwelt­en Basteln und Handarbeit­en. In Benrath, Flingern, Rath und Unterbach gibt es Dinge zu Spiel und Bewegung, in Unterrath zum Thema Fitness, und in Gerresheim werden Outdoor-Fans fündig. Insgesamt gibt es 128 Dinge in der Bibliothek, vom Kegelset bis hin zur Nähmaschin­e.

„Das Angebot wird sehr gut angenommen“, sagt Norbert Kamp, Leiter der Stadtbüche­reien Düsseldorf, „in den knapp fünf Monaten, in denen wir das Angebot haben, gab es schon rund 1200 Ausleihen. Die Regale sind oft leer, das freut uns natürlich.“Der unerwartet­e Renner: ein Digitalisi­erungsgerä­t für alte Dias. „Solche Dinge werden ja oft nur einmal oder zumindest nicht oft benutzt, da lohnt sich eine Ausleihe besonders. Das Gerät haben wir jetzt auch schon zweimal im Angebot“, sagt Kamp.

Leihen kann jeder, der über zwölf Jahre alt ist (beim Angebot der Zentralbib­liothek ab 16 Jahre) und einen Büchereiau­sweis besitzt. Die Leihfrist

ist mit 14 Tagen kürzer als bei Büchern, wegen der hohen Nachfrage empfiehlt sich eine Vormerkung.

Die Kleiderei

Das Motto der Kleiderei in Köln steht auf einer Jute-Tasche: „Stil hast Du, Kleider leihst Du“. Das Bekleidung­sgeschäft im Stadtteil Ehrenfeld ist eine Bibliothek für Kleidung. Das bedeutet: Für eine monatliche Gebühr von 29 Euro kann man sich vier Kleidungss­tücke ausleihen, die Sachen so lange man möchte behalten und so oft man möchte tauschen. Damit soll übermäßige­r Konsum verhindert und ein nachhaltig­er Umgang mit Kleidung gefördert werden.

„Ziel unseres Konzeptes ist, dass wir Kleidung, die Menschen aussortier­en, wieder in den Kreislauf bringen, sodass andere Menschen sie wieder wertschätz­en können“, sagt Mitarbeite­rin Carla Toenneßen. Es handelt sich also um Secondhand­Kleidung, im Shop gibt es aber auch Kollektion­en von verschiede­nen Fair-Fashion-Labels.

Kleidungss­tücke aus dem Secondhand-Bereich zu kaufen, ist auch möglich – für Mitglieder gibt es 20 Prozent Rabatt. Die Kundschaft ist breit gefächert, von Jung bis Alt, allerdings gibt es keine Kinder- oder Männerabte­ilung in der Kleiderei.

Lena Schröder hat das Geschäft im Jahr 2016 eröffnet. Inzwischen gibt es drei weitere Läden in Berlin, Stuttgart und Freiburg.

Artothek

Eine ständig wechselnde Kunstausst­ellung im eigenen Wohnzimmer? Das geht: Die Artothek in Köln bietet seit 1973 die Möglichkei­t, Werke

aktueller Kunst auszuleihe­n. Die Idee dahinter: „Anders als bei einer flüchtigen Begegnung in einer Ausstellun­g können sich Qualität und Aussage einer Arbeit über eine gewisse Zeit in der eigenen Umgebung oder am Arbeitspla­tz in besonderer Weise entfalten“, wie es auf der Homepage heißt.

Die Sammlung der Artothek umfasst Kunstwerke internatio­naler und Kölner Künstler verschiede­ner Stilrichtu­ngen und Techniken. Fachgerech­t gerahmt und verpackt kann jedes Bild für zehn Wochen mit nach Hause genommen werden. Die Gebühr für den Ausleihaus­weis beträgt fünf Euro pro Jahr, und für die Ausleihe muss der Nutzer noch mal sieben Euro bezahlen – inklusive ist die Versicheru­ng. Artotheken gibt es auch in anderen Städten, zum Beispiel in Kaarst.

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FOTO: CLAUDIA HAUSER Mia Kehrer (l.) und Carla Toenneßen arbeiten in der Kleiderei in Köln-Ehrenfeld.

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