Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Aufräumen gehört für Japaner dazu – im Block wie in der Kabine
DÜSSELDORF Takashi Uchino verlässt den Trainingsplatz im Arena-Sportpark strahlend – und das, obwohl er eine ganze Menge Übungs-Utensilien von Hütchen bis Slalomstangen schleppen muss. Nun wäre es ja durchaus naheliegend, die gute Laune des Außenverteidigers von Fortuna Düsseldorf auf den 2:1Sieg Japans im WM-Gruppenspiel gegen Deutschland zurückzuführen: Schließlich ist Uchino nicht nur seit Ende Oktober Profi beim Fußball-Zweitligisten, sondern auch U21-Nationalspieler Japans, und obendrein stand sein Teamkollege und Freund Ao Tanaka in der Startformation gegen das DFB-Team. Ganz so einfach ist die Sachlage allerdings nicht.
„Natürlich habe ich mich schon über den Sieg Japans gefreut, vor allem für Ao“, sagt der 21-Jährige – übrigens in ausgezeichnetem Deutsch. „Ich bin ja schließlich Japaner. Aber es war für mich schon ein besonderes Spiel, weil ich seit vier Jahren in Deutschland lebe und Fußball spiele. Und in der ersten Halbzeit war die deutsche Mannschaft fußballerisch klar besser. Japan hatte eigentlich gar keine Chance – aber ich weiß nicht, was dann passiert ist. Mit einem Fehler war es für Deutschland gleich verloren.“
Eine freundliche Sichtweise auf die DFB-Auswahl. Aber Uchino ist eben ein freundlicher Mensch – in dieser Hinsicht wird er dem positiven Klischee, das seinen Landsleuten anhaftet, durchaus gerecht. Aber wenn er schon die Berechtigung des Ergebnisses anzweifelt – für Tanaka wird er sich doch wenigstens richtig gefreut haben? „Ich habe nach dem Spiel mit ihm sprechen können“, berichtet Uchino. „Ao war richtig gut drauf, hat sich super gefühlt. Es war zwar nicht optimal für ihn, dass Ritsu Doan den Ausgleich machte, kurz nachdem er für Ao eingewechselt wurde. Aber Japan ist ein Team, da hat sich Ao genauso mitgefreut.“
Doch wenn man schon einmal die Gelegenheit hat, mit einem japanischen Fußballprofi über die WM zu sprechen, dann drängt sich doch eine weitere Frage auf: Warum räumen japanische Fans eigentlich grundsätzlich ihren Stadionblock komplett auf, bevor sie diesen nach dem Abpfiff verlassen? Auch bei der Partie in Katar war das wieder zu beobachten, und es wird ganz sicher auch bei ihrem zweiten Spiel am Sonntag (11 Uhr) gegen Costa Rica wieder so sein.
„Das lernen wir in Japan schon sehr früh“, erklärt Uchino mit einem Lächeln. „Schon in der Schule müssen wir immer alles ganz sauber hinterlassen. Und auch in den Fußballmannschaften wird darauf geachtet! Egal, ob nach Auswärts- oder Heimspielen, man muss seine Kabine immer selbst saubermachen, bevor man sie verlässt. Ich denke, das ist eine gute Kultur in Japan. Für uns ist das ganz normal: Wenn ich Müll produziere, muss ich ihn auch wegräumen.“
Das sei übrigens bei Fortunas Japanern nicht anders, ergänzt er. „Wir müssen die Kabine hier zwar eigentlich nicht selbst reinigen, aber Ao, Shinta Appelkamp und ich machen es trotzdem“, so Uchino. „Manche Spieler lassen ihre Flasche nach dem Austrinken schon einmal stehen. Aber bei Shinta ist immer alles sauber, und bei Ao und mir auch.“
Der Putzdrang gehe dann aber doch nicht so weit, dass das asiatische Trio hinter den in Europa sozialisierten Kollegen herräume, fügt er noch lachend an: „Nein, das machen wir dann doch nicht.“Das wäre ja dann auch fast schon so, als hätten Japans Fans nach dem WM-Spiel auch noch den deutschen Block gefegt. Dabei reicht es doch wirklich, dass die „Samurai Blue“mit einem Sieg über Costa Rica das DFB-Team noch ein Stück weiter aus dem Turnier fegen können.