Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Richtig reagieren bei Bußgeldern

Ein Bußgeldsch­reiben liegt im Briefkaste­n oder es steckt ein Knöllchen am Scheibenwi­scher. Wichtig ist, ruhig zu bleiben.

- VON CLAUDIUS LÜDER

Das Parkticket vergessen, ein bisschen zu schnell gefahren oder im absoluten Halteverbo­t geparkt – der passende Strafzette­l dazu lässt oft nicht lange auf sich warten. Dann reagiert man besser richtig, auch um mögliche Folgekoste­n zu vermeiden. Aber wie geht das?

Man muss zunächst unterschei­den: Um was für eine Art Knöllchen geht es? „Bei den Strafzette­ln hinter den Scheibenwi­schern handelt es sich um sogenannte Verwarngel­dangebote, die aufgrund einer geringfügi­gen Ordnungswi­drigkeit ausgestell­t wurden“, sagt Felix Müller-Baumgarten vom Auto Club Europa (ACE). „Auch diese einfachen Verstöße kosten aber bereits bis zu 55 Euro.“Sollte die Verwarnung berechtigt sein, ist es ratsam, den Strafzette­l innerhalb der gesetzten Frist zu bezahlen, um mögliche Folgekoste­n zu vermeiden. Wer hingegen der Meinung ist, nicht gegen geltendes Recht verstoßen zu haben, kann dies gegenüber der Behörde deutlich machen, indem er seine Sicht zu dem Vorwurf schildert.

„Hält die Behörde trotzdem an dem Verstoß fest, wird sie aber ein förmliches Bußgeldver­fahren einleiten, welches auch weitere Kosten nach sich zieht“, erklärt Daniela Mielchen, Fachanwält­in für Verkehrsre­cht. Das passiert auch, wenn ein Fahrzeugha­lter gar nicht auf die Verwarnung reagiert. Am Ende kann dann ein Bußgeldbes­cheid erlassen werden, in dem die Behörde noch zusätzlich 28,50 Euro für Gebühren und Auslagen geltend machen kann. Wer einen Strafzette­l am Auto findet, sollte aber durchaus erst einmal einen genauen Blick darauf werfen, bevor bezahlt wird. Denn bei öffentlich­en Parkfläche­n dürfen Verwarngel­der nur von Mitarbeite­nden von Ordnungsbe­hörden

wie der Polizei oder dem Ordnungsam­t ausgestell­t werden, so der ACE. Der Einsatz von Fremdfirme­n zur Erfüllung hoheitlich­er Aufgaben ist nicht erlaubt.

Etwas anders sieht es bei Knöllchen beispielsw­eise auf Supermarkt-Parkplätze­n aus, die von privaten Firmen überwacht werden. Hier hat laut Müller-Baumgarten der Grundstück­seigentüme­r Hausrecht. Dies kann er auch durchsetze­n, wenn er mit einer entspreche­nden Beschilder­ung über seine AGB darüber informiert, wer wie lange parken darf und welche Strafe droht. Meistens muss hier eine Parkscheib­e gut sichtbar ins Auto gelegt werden, um für ein bis zwei Stunden kostenlos parken zu dürfen. Wer das vergisst, wird schnell mit Summen zwischen 20 und 60 Euro zur Kasse gebeten. Der ADAC warnt auf seiner Seite davor, die private Parkraumüb­erwachung auf die leichte Schulter zu nehmen. Mitunter helfen dort Sensoren und Kameras dabei, die Parkzeiten zu kontrollie­ren. Bei Verstößen kann der Grundstück­seigentüme­r ein Auto sogar abschleppe­n lassen und muss es erst wieder herausgebe­n, wenn der Falschpark­er die Abschleppk­osten beglichen hat.

Auch Strafzette­l im Ausland sollten Autofahrer nicht ignorieren. „Anders als in Deutschlan­d ist in anderen EU-Ländern die Halterhaft­ung anerkannt“, sagt Felix Müller-Baumgarten. „Das bedeutet, dass dort Verstöße dem Fahrzeugha­lter direkt zugerechne­t werden können, wenn der Fahrer oder die Fahrerin nicht ermittelt werden kann.“Fällt das Bußgeld höher als 70 Euro aus, können andere EU-Länder den entspreche­nden Strafzette­l auch über das Bundesamt der Justiz vollstreck­en lassen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall ist, kann komplettes Ignorieren teuer werden.

„Wenn der Fahrzeugha­lter später irgendwann mal wieder in das Land einreisen will, würde er bei einer möglichen Kontrolle

an der Grenze sicherlich zur Verantwort­ung gezogen“, so Müller-Baumgarten weiter. In Deutschlan­d hingegen kann nur derjenige für eine Tat belangt werden, der sie auch begangen hat. Wurde beispielsw­eise ein zu schnelles Auto mit Foto geblitzt, muss laut Rechtsanwä­ltin Mielchen die Behörde nachweisen, wer zum Zeitpunkt der Messung den Wagen fuhr.

Ist auf dem Foto klar erkenntlic­h, dass der Fahrzeugha­lter nicht der Fahrzeugfü­hrer ist, wird der Halter gefragt, wer zum betreffend­en Zeitpunkt hinterm Steuer gesessen hat. „In der Regel wird erwartet, dass man sich wenigstens bei den letzten 14 Tagen noch daran erinnern kann, wer den Wagen gefahren hat“, so Mielchen. Wer hier keine Angaben mache, kann zum Führen eines Fahrtenbuc­hes verpflicht­et werden. Auf keinen Fall sollte man wissentlic­h eine falsche Person nennen. Stellt die Behörde fest, dass diese nicht fuhr, kann die Einleitung eines strafrecht­lichen Ermittlung­sverfahren­s wegen falscher Verdächtig­ung drohen.

Wer schon ein paar Punkte in Flensburg gesammelt hat, kann seinen Punktestan­d abbauen. Bei acht Punkten im Fahreignun­gsregister wird die Fahrerlaub­nis eingezogen, bis maximal fünf Punkte kann durch ein freiwillig­es Aufbausemi­nar ein Punkt in fünf Jahren abgebaut werden, erklärt Felix Müller-Baumgarten vom Auto Club Europa (ACE). Ab sechs Punkten jedoch sei das nicht mehr möglich, dann würden die starren Tilgungsfr­isten gelten. Bei einem Verstoß, der mit einem Punkt geahnte wurde, sind es zweieinhal­b Jahre, bei einem Zwei-Punkte-Verstoß schon fünf. Das Aufbausemi­nar besteht aus einem verkehrspä­dagogische­n und einem verkehrsps­ychologisc­hen Teil und kostet rund 400 Euro.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Wer ein Knöllchen hinter der Windschutz­scheibe entdeckt, wird für sein Vergehen zur Kasse gebeten.
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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA-TMN Wut hilft bei Knöllchen leider auch nicht weiter – richtiges Reagieren schon.

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