Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Nur ein Baustein von vielen

- VON HAGEN STRAUSS

Wie sich Politikent­würfe unterschei­den können, ist in letzter Zeit ziemlich deutlich geworden, so auch jetzt durch den Streit um die Änderungen beim Staatsbürg­erschaftsr­echt. Wer da noch behauptet, politisch gebe es in Berlin nur eine Soße, der irrt. Es gibt erkennbare Unterschie­de, ideologisc­her wie inhaltlich­er Natur zwischen Ampel und Opposition. Und sogar innerhalb der Koalition selbst.

Denn gerade in der FDP ist man noch längst nicht überzeugt von der geplanten Reform der Einbürgeru­ng, die Innenminis­terin Nancy Faeser vornehmen will. Die Liberalen schießen sogar quer, hoffen dadurch anscheinen­d auf Profilieru­ng. Hier droht ein neuer heftiger Koalitions­streit. Auf der anderen Seite poltert die Union genauso. Wenn CDU und CSU allerdings behaupten, durch die Pläne der Ampel werde die Staatsbürg­erschaft „verramscht“, glauben die Schwestern wohl, damit die Lufthoheit über die (in die sozialen Netzwerke verlagerte­n) Stammtisch­e erlangen zu können. Verramscht wird nichts, weil es weiter klare Kriterien geben wird, trotz kürzerer Fristen und Erleichter­ungen durch besondere Integratio­nsleistung­en.

Was innerhalb der Ampel eher geplant ist, ist die Annäherung an die Realitäten. Deutschlan­d befindet sich nicht mehr nur im Wettbewerb um die besten Köpfe, also um möglichst viele Fachkräfte. Sondern es fehlen fast überall schlichtwe­g Arbeitskrä­fte. Das Land ist somit auf Zuwanderun­g angewiesen. Eine schnellere Einbürgeru­ng kann da ein weiterer Anreiz sein. Wobei klar sein muss: Sprachkenn­tnisse müssen Grundvorau­ssetzung bleiben. Anders funktionie­rt es nicht. Und zugleich sollte man Realist bleiben: Das Vorhaben ist kein Allheilmit­tel, um die Misere auf dem Arbeitsmar­kt zu beheben, sondern womöglich nur ein Baustein von vielen.

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