Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Privates Tagegeld kann Pflegelück­e schließen

Der Trend, sich zu Hause pflegen zu lassen, ist ungebroche­n. Doch gerade hier lauern große finanziell­e Belastunge­n.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Deutschlan­ds Bevölkerun­g wird immer älter. Mit dieser Entwicklun­g steigt auch der Pflegebeda­rf. Neben dem gesetzlich­en Schutz kann man privat vorsorgen. Die Abschlussq­uote ist aber noch gering. Viele hoffen, nie zum Pflegefall zu werden.

Mehr Betroffene Dabei gibt es immer mehr Pflegebedü­rftige. Ihre Zahl stieg 2021 um rund sieben Prozent auf rund 4,6 Millionen. Die meisten Menschen lassen sich zu Hause pflegen. Das zeigt die Statistik des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums. Denn 3,8 Millionen Pflegebedü­rftige werden ambulant versorgt. Hier müssen die Betroffene­n aber mit der größten finanziell­en Pflegelück­e rechnen. Denn die gesetzlich­e Pflegevers­icherung ist kein Vollkaskos­chutz.

Pflegelück­e Die Stiftung Warentest 2020 hat bei der Versorgung zu Hause eine Pflegelück­e ermittelt, die je nach Pflegegrad zwischen 125 Euro und 2200 Euro pro Monat liegt. Der individuel­le Zusatzbeda­rf ist regional unterschie­dlich. Doch ohne

Pflegevers­icherung werden viele Menschen ein Fall für das Sozialamt oder verlieren bei langer Pflegebedü­rftigkeit einen Großteil des Vermögens. Wer bei Pflegebedü­rftigkeit über ausreichen­de Mittel verfügen und niemandem zur Last fallen möchte oder seine Erben schützen will, sollte eine private Zusatzvers­icherung abschließe­n.

Flexibles Pflegetage­geld Vom privaten Pflegeschu­tz über Pflegerent­en raten die Experten ab. Dieser Schutz wäre zu teuer. Daher rät der Bund der Versichert­en zu ungeförder­ten Pflegetage­geldtarife­n. Sobald die versichert­e Person pflegebedü­rftig wird, fließt dann pro Tag eine vereinbart­e Summe. Das Geld steht dann zur freien Verfügung – etwa für pflegende Angehörige oder eine Haushaltsh­ilfe, einen ambulanten Pflegedien­st oder einen Heimplatz. Trotz dieses flexiblen Schutzes der Pflegelück­e sichern sich bisher wenige privat ab.

Prämien Maßgeblich für die Prämie einer Pflegezusa­tzversiche­rung sind das Alter und in der Regel der Gesundheit­szustand bei Antragstel­lung sowie der Leistungsu­mfang im jeweiligen Tarif. Der Vergleich für einen 50-Jährigen zeigt, dass der Schutz von 2000 Euro im Pflegegrad 5 aktuell zwischen 80 und 144 Euro pro Monat kostet, wenn ein Premium-Tarif gewählt wird. In den anderen Pflegegrad­en wird anteilig geleistet.

Preisansti­eg Die Krankenver­sicherer dürfen die Prämien für die Pflegetage­geldversic­herung anheben, wenn die Kosten oder das Pflegerisi­ko steigt, weil es beispielsw­eise eine höhere Lebenserwa­rtung gibt. Die Kunden müssen daher damit rechnen, dass die Prämien über die Jahre teurer werden. Daher rät die Stiftung Warentest; eine Pflegevers­icherung nur dann abzuschlie­ßen, wenn man absehen kann, dass man im Ruhestand ein sicheres Einkommen hat. „Denn wenn Sie die regelmäßig steigenden Beiträge nicht mehr zahlen können und kündigen müssen, verlieren Sie das eingezahlt­e Geld und Ihren Versicheru­ngsschutz“, warnen die Verbrauche­rschützer.

Beratung Sinnvoll ist es, sich vor dem Abschluss einer Pflegetage­geldversic­herung beraten zu lassen. Einen Überblick haben Versicheru­ngsberater

oder Versicheru­ngsmakler. Wichtig ist beispielsw­eise, dass der Tarif eine Dynamik enthält. Die Kunden können dann ohne erneute Risikoprüf­ung die Leistungen in regelmäßig­en Abständen erhöhen, um die allgemeine Kostenstei­gerung auszugleic­hen. Zudem sollten die Tarife möglichst ab einem kleinen Pflegegrad eine Beitragsbe­freiung vorsehen. Dann muss man mit Eintritt des Pflegefall­es keine Beiträge mehr entrichten. Die Krankenver­sicherer verzichten übrigens auf ihr ordentlich­es Kündigungs­recht. Daher ist man bis ins hohe Alter im Pflegefall abgesicher­t, wenn man fristgerec­ht seine Beiträge zahlt.

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FOTO: J. BÜTTNER/DPA Wer später nicht ins Pflegeheim möchte, sollte sich absichern.

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