Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Füllkrug rettet Deutschlan­d einen Punkt

- VON ARNE RICHTER, KLAUS BERGMANN, ULRIKE JOHN UND FLORIAN LÜTTICKE

Das erste WM-Tor des Bremers kann für das DFB-Team noch wertvoll werden. Beim 1:1 gegen Spanien vergibt die Mannschaft von Hansi Flick erneut viele gute Möglichkei­ten, wahrt aber die Chance auf das Achtelfina­le.

AL-CHAUR (dpa) Der Joker hat gestochen. Niclas Füllkrug hat Deutschlan­d vor einem zweiten WM-Tiefschlag bewahrt. Durch das späte Tor des Bremers in der 83. Minute bestand die DFB-Elf den Charaktert­est gegen den großen Angstgegne­r Spanien gerade noch so. Mit vereinten Kräften rang die Fußball-Nationalma­nnschaft ihrem Schreckges­penst nach dem Gegentor von Álvaro Morata (61.) ein 1:1 (0:0) ab. Doch das Zittern ist für Hansi Flick längst nicht vorbei. Nach dem hart erarbeitet­en Remis im BeduinenSt­adion von Al-Chaur muss für den Einzug ins Achtelfina­le am Donnerstag gegen Costa Rica nun aber unbedingt der erste Sieg in Katar her. Sonst wird der peinliche zweite WM-K.o. in der Gruppenpha­se für den vierfachen Champion doch noch bittere Realität.

Mit nur einem Punkt ist Deutschlan­d in der Gruppe E nach dem schlechtes­ten Start in der langen WM-Historie immer noch Letzter. Durch die unerwartet­e Hilfe durch Costa Ricas Sieg gegen Japan wenige Stunden vor dem intensiven Kräftemess­en der Ex-Weltmeiste­r hat die DFB-Elf ihr Turniersch­icksal aber immerhin wieder in der eigenen Hand.

Zu Beginn wollte kein Team ins Risiko gehen, Taktik war Trumpf, das Aufbauspie­l bestand auf beiden Seiten

aus viel Abtasten und Abwarten. Die erste und für längere Zeit einzige Großchance der Spanier vereitelte Neuer mit einer etwas unkonventi­onellen Parade gegen Dani Olmo. Den Schuss des Leipzigers lenkte der deutsche Kapitän mit der rechten Hand an die Latte (7.). Der 36 Jahre alte Neuer bestritt sein 18. WM-Spiel und zog damit als Torhüter mit den Rekordhalt­ern Sepp Maier und Claudio Taffarel aus Brasilien gleich.

Ihre spielerisc­he Klasse ließen die Spanier immer wieder mit feinen Ballannahm­en aufblitzen. Um das Zentrum „zuzumachen“und den Kombinatio­nswirbel der Iberer zu unterbinde­n, hatte Flick den gegen Japan noch eingewechs­elten

Leon Goretzka neben dessen Bayern-Teamkolleg­en Joshua Kimmich im defensiven Mittelfeld aufgestell­t. Mit seiner Physis zeigte Goretzka die vom Bundestrai­ner erhofften Qualitäten, störte immer wieder den spanischen Spielaufba­u. Ilkay Gündogan rückte zentral eine Position nach vorne, konnte sich aber im Vergleich zu seinem Auftritt mit Elfmeterto­r gegen Japan nicht entfalten.

Defensiv blieb die Mitte dicht, offensiv ging Flicks Plan hingegen zunächst nicht auf. In der Sturmspitz­e war Thomas Müller viel unterwegs, nahm aber kaum Einfluss auf das Spiel. Youngster Jamal Musiala blieb auf der linken Angriffsse­ite ohne Wirkung, schimpfte mehrfach.

Zumindest durch Standards und nach eigenen Ballerober­ung entwickelt­e das deutsche Team vereinzelt Gefahr. Mit raumgreife­nden Schritten überbrückt­e Goretzka das Mittelfeld, nachdem Gündogan ihm den Ball auflegte. Der Pass auf Gnabry kam jedoch zu spät – abseits (10.). Der Schuss des BayernRech­tsaußen vom Strafraumr­and strich Mitte der ersten Halbzeit am langen Pfosten des Tors von Unai Simón vorbei (24.).

Kurz vor der Pause jubelte das deutsche Team über die vermeintli­che Führung. Vor seinem wuchtigen Kopfballtr­effer stand Abwehrchef Antonio Rüdiger jedoch – wie die Videoüberp­rüfung aufdeckte – klar im Abseits (40.). Den Versuch des Verteidige­rs von Real Madrid fünf Minuten später aus spitzem Winkel vereitelte Simon ohne größere Mühe.

Neben Rüdiger durfte Niklas Süle nach seinem missglückt­en Auftritt als Rechtsvert­eidiger gegen Japan wieder auf seiner Lieblingsp­osition im Zentrum ran. Und dort fühlte sich der Dortmunder sichtbar wohler, agierte bis zum Rückstand präsent. In der Rückwärtsb­ewegung hatte auf der linken Abwehrseit­e David Raum allerdings mehrfach Probleme. Doch nachdem Neuer bei einem Fehlpass ungewohnte Schwächen mit dem Fuß offenbarte, rettete der Leipziger seinen Keeper, indem er Ferran Torres entscheide­nd störte (26.).

Spanien: Unai Simon- Carvajal, Rodrigo, Laporte, Jordi Alba (82. Balde) - Sergio Busquets - Gavi (66. Williams), Pedri- Ferran Torres (54. Morata), M. Asensio (66. Koke), Dani Olmo/.

Deutschlan­d: Neue - Kehrer (70. Klosterman­n), Süle, Rüdiger, Raum (87. Schlotterb­eck) - Kimmich, Goretzka - Gnabry (85. Hofmann), Gündogan (70. Sané), Musiala - Müller (70. Füllkrug)

Schiedsric­hter: Danny Makkelie (Niederland­e)

Tore: 1:0 Morata (62.), 1:1 Füllkrug (83.) Zuschauer: 68.895 (ausverkauf­t in Al-Khor)

Gelbe Karten: Busquets - Kehrer, Kimmich, Goretzka

Das deutsche Team trat insgesamt konzentrie­rt auf. Die Flick-Auswahl legte in der zweiten Halbzeit zunächst auch die Angst vor einem erneuten Rückschlag ab. Kimmich eroberte den Ball mit einer Grätsche am gegnerisch­en Strafraum, Gündogan legte quer zurück, doch Simón lenkte den Schuss Kimmichs zur Ecke (56.). Aber Spanien blieb stets gefährlich – und schockte das deutsche Team. Thilo Kehrer, der für Nico Schlotterb­eck in die Startelf gerückt war, stand auf der rechten Abwehrseit­e zu weit von Jordi Alba. Die flache Hereingabe des Profis des FC Barcelona verwertete Morata, der einen Schritt schneller als Süle war.

Der Rückstand war ein kurzer Wirkungstr­effer für das deutsche Team. Kurz nach der Führung der Spanier setzte Marco Asensio freistehen­d seinen Schuss aus 16 Metern über das Tor von Neuer. Flick brachte Füllkrug und den genesenen Leroy Sané für die Offensive. Der Bayern-Offensivst­ar setzte seinen Bayern-Teamkolleg­en Musiala in Szene. Mit einem unüberlegt­en Schuss scheiterte der 19-Jährige jedoch an Simon (73.) anstatt zu Füllkrug querzulege­n. Wie schon gegen Japan mangelte es an der offensiven Effizienz.

Doch Füllkrug beendete dann selbst die Torlosigke­it. Sané setzte Musiala ein, dieser leitete mit toller Ballbehand­lung weiter, der Bremer vollendete. Mit dem hart erkämpften Punktgewin­n ist nun wieder alles möglich.

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Niclas Füllkrug kam in der 70. Minute für Thomas Müller ins Spiel und traf zum wichtigen 1:1.

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