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Frankreich feiert Mbappé

Der Star von Paris St. Germain schießt sein Team ins Achtelfina­le. Selbst die sonst so kritischen Medien in der Heimat geraten ins Schwärmen.

- VON HOLGER SCHMIDT, SEBASTIAN STIEKEL UND TOM BACHMANN

DOHA (dpa) Spätestens seit Samstagabe­nd ist es chic, sich in der Öffentlich­keit mit Kylian Mbappé zu inszeniere­n. Und so wartete Ivanka Trump mit Ehemann Jared Kushner und ihren drei Kindern, als der französisc­he Stürmersta­r nach dem 2:1 gegen Dänemark mit einem breiten Lächeln in die Katakomben des Stadions 974 kam. Mbappé posierte für Fotos mit der gesamten Familie der Tochter des früheren US-Präsidente­n Donald Trump, er signierte für die Kinder auch sein Trikot. Das zeigen Fotos, die Ivanka Trump ausgiebig in den sozialen Medien postete – und die Mbappé zumindest bis Sonntagmit­tag nicht teilte.

„Kylian ist ebenso freundlich wie talentiert“, schrieb Trump begeistert. Die 41-Jährige äußerte sich damit durchaus ähnlich wie Frankreich­s Routinier Raphaël Varane. „Wir haben kollektiv eine gute Leistung geboten“, sagte der endlich genesene Abwehrchef nach seinem 90. Länderspie­l. Und fügte dann fast schon eine Fußball-Weisheit an: „Aber am Ende macht immer das Talent den Unterschie­d.“

Talent, davon hat Mbappé mehr als genug. Und der 23-Jährige zeigte es auch schon auf der WM-Bühne. Beim Titelgewin­n 2018 traf er als erster Teenager seit Pele im Finale und wurde zum besten Nachwuchss­pieler gekürt. Inzwischen ist er einer der teuersten Spieler der Welt. Einzig für Neymar (222 Millionen Euro) wurde eine höhere Ablösesumm­e bezahlt. Mbappé selber kostete bei seinem Wechsel nach Paris im Jahr 2018 180 Millionen Euro. Doch den ganz großen Durchbruch zum Mega-Star in die Sphären von Cristiano Ronaldo oder seiner Pariser Klubkolleg­en Neymar und Lionel Messi hat Mbappé noch nicht geschafft. Wohl auch, weil um ihn herum immer etwas zu viel Aufregung herrscht. Die WM könnte nun zum ganz großen Durchbruch für den Stürmer werden, der seinen Vornamen laut „Figaro“dem irischen Wanderpred­iger St. Kilian von Würzburg verdankt.

Beim 4:1 zum Auftakt gegen Australien steuerte er ein Tor und eine Vorlage bei. Gegen die Dänen wurde er mit beiden Treffern zum Matchwinne­r. Mbappé sorgte dafür, dass Frankreich als erstes Team ins Achtelfina­le einzog, er bannte quasi im

Alleingang den Weltmeiste­r-Fluch – drei Titelverte­idiger nacheinand­er waren zuvor in der Gruppenpha­se gescheiter­t – und er zog mit 31 Länderspie­l-Treffern mit Zinedine Zidane gleich. Nach etwas mehr als der Hälfte von Spielen, die der Weltmeiste­r-Kapitän von 1998 dafür brauchte.

Und so bemerkte Varane, der in zehn Jahren bei Real Madrid an der

Seite vieler Top-Stars gespielt hat und zuletzt bei Manchester United auch zusammen mit Ronaldo: „Ich genieße es jeden Augenblick, ihn in meiner Mannschaft zu haben.“Auch die Medien, die sonst eine ambivalent­e Meinung über Mbappé haben, kamen diesmal nicht aus dem Schwärmen heraus.

Die „L‘Equipe“betitelte ihn nach der Gala in der Wüste mit Bezug auf

Frankreich: Lloris - Kounde, Varane (ab 74. Konate), Upamecano, T. Hernandez - Tchouameni, Rabiot - Dembele (ab 75. Coman), Griezmann (ab 90.+2 Fofana), Mbappe - Giroud (ab 63. Thuram).

Dänemark: Schmeichel - Andersen, A. Christense­n, Nelsson - Kristensen (ab 90.+2 Bah), Höjbjerg, Maehle - Lindström (ab 85. Nörgaard), Eriksen, Damsgaard (ab 73. Dolberg)- Cornelius (ab 46. Braithwait­e). Schiedsric­hter: Szymon Marciniak (Polen)

Tore: 1:0 Mbappe (61.), 1:1 Christense­n (68.), 2:1 Mbappe (86.)

Zuschauer: 42.860 (in Doha)

Gelbe Karten: Kounde - A. Christense­n, Cornelius die Qualifikat­ion als „Qualif Mbappé“. Die Zeitung „Le Monde“sah den „Start einer Ära Mbappé“. Und der Sender RMC urteilte: „Das Wunderkind hat sich als Chef durchgeset­zt. Katar könnte seinen Status als Stürmersta­r des nächsten Jahrzehnts festigen. Denn er ist heiß darauf, seine Spuren in der Geschichte des Fußballs zu hinterlass­en.“

Daran besteht kein Zweifel. „Wenn man Kylian ein bisschen kennt, weiß man, dass er diesem Turnier seinen Stempel aufdrücken will“, sagte Teamkolleg­e Jules Koundé.

Die Statistike­n der Equipe Tricolore wirbelt Mbappé jedenfalls jetzt schon kräftig durcheinan­der. Mit sieben WM-Toren ist er nun Zweiter hinter dem legendären Just Fontaine (13) – vor Thierry Henry (6), Zidane und Michel Platini (beide 5). Angesichts der Tatsache, dass er altersbedi­ngt wohl noch bis zu drei Weltmeiste­rschaften spielen könne, geht manch einer fest davon aus, dass er den WM-Rekord von Miroslav Klose (16 Tore) irgendwann brechen wird.

 ?? FOTO: MARTIN MEISSNER/AP ?? Kylian Mbappé (M.) setzt sich in dieser Szene nicht nur gegen die dänische Abwehr durch, er überwindet auch den Torhüter und trifft zum 2:0.
FOTO: MARTIN MEISSNER/AP Kylian Mbappé (M.) setzt sich in dieser Szene nicht nur gegen die dänische Abwehr durch, er überwindet auch den Torhüter und trifft zum 2:0.

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