Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

63.000 Katholiken – eine Gemeinde

Das Erzbistum Köln macht aus 177 Seelsorgeb­ereichen 64 pastorale Einheiten. Weil die Katholiken in Reuschenbe­rg, Holzheim und Grefrath gegen eine Zusammenle­gung mit Kaarst opponieren, wird Neuss zur Mega-Gemeinde.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

RHEIN-KREIS Mit 63.000 Getauften entsteht in Neuss zum 1. September 2023 die größte pastorale Einheit im Erzbistum Köln. Sie umfasst alle Neusser Kirchengem­einden und mit St. Pankratius in Glehn auch die einzige zum Erzbistum gehörende Gemeinde auf Korschenbr­oicher Gebiet. „St. Neuss“, wie man das Gebilde nennen könnte, dessen Grenzen jetzt vom Generalvik­ariat bestätigt wurden, wird aber vielleicht noch größer. Man werde noch mit dem Pfarrgemei­nderat Kaarst/Büttgen reden, ob nicht ein noch größerer Wurf sinnvoll sein könnte, berichtet Michael Tewes, Pfarrer für den Seelsorgeb­ereich Neuss-West/ Korschenbr­oich.

Vor allem in seinem Sprengel waren die Menschen nicht mit dem Anfang April vorgestell­ten Ursprungsv­orschlag des Erzbistums zufrieden, ihre Gemeinden mit Kaarst/Büttgen zusammenzu­legen und so Reuschenbe­rg, Holzheim und Grefrath (kirchenrec­htlich) aus der Stadt zu lösen. Ortsaussch­üsse, Pfarrgemei­nderat und Kirchenvor­stände hätten sich unisono dafür ausgesproc­hen, „sich Neuss anzuschlie­ßen“, sagt Tewes. Eine entspreche­nde Stellungna­hme sei über den Dekanatsra­t nach Köln abgegeben und dort akzeptiert worden.

Das Erzbistum hatte im Frühjahr unter dem Motto „#ZusammenFi­nden“den Anstoß für eine Diskussion über einen neuen Zuschnitt der pastoralen Einheiten mit dem Ziel gegeben, aus derzeit 177 Seelsorgeb­ereichen 65 geografisc­he, wie es recht neutral heißt, Räume mit durchschni­ttlich 40.000 Seelen zu machen, „in denen in Zukunft Seelsorge gestaltet werden soll“. Damit reagiert die Diözese auf einen Wandel, der sich in der rückläufig­en Zahl von Kirchenmit­gliedern (mit entspreche­nden finanziell­en Folgen), der sinkenden Bereitscha­ft zur Mitarbeit und einem Rückgang des kirchliche­n Personals ausdrückt.

Vier dieser Räume gliedern den Rhein-Kreis: Einerseits Grevenbroi­ch und Rommerskir­chen, ferner ganz Dormagen, Neuss und – als kleinste Einheit mit etwa 18.000 Selen – Kaarst. Die Gemeinde in Meerbusch-Büderich wird mit den linksrhein­ischen Düsseldorf­er Gemeinden und einigen Altstadtpf­arreien

zusammenge­legt und so Teil des Düsseldorf­er Stadtdekan­ates.

Hans-Günther Korr, Kreisdecha­nt im Rhein-Kreis, ist überzeugt, dass Büderich schon sehr bald aus seinem Kreisdekan­at ausscheide­n wird. Michael Berning, derzeit stellvertr­etender Kreisdecha­nt und Pfarrer in Büderich, würde damit seine sechsjähri­ge Amtszeit als Definitor, die im September 2027 auslaufen würde, nicht erfüllen können.

Für Korr, der bald 63 Jahre alt wird, markiert das Ende seiner Amtszeit als Kreisdecha­nt auch den Termin, zu dem er die Leitung der Gemeinden im Seelsorgeb­ereich NeussNord abgeben und als Subsidiar in seine Heimat, das Bergische Land, zurückkehr­en wird. Erst mit seinem Ausscheide­n als leitender Pfarrer wird Neuss-Nord dem schon bestehende­n Sendungsra­um „Katholisch in Neuss“mit den Seelsorgeb­ezirken

Neuss-Mitte, Neusser Süden und „Rund um die Erftmündun­g“angegliede­rt. Im Fall von NeussWest/Korschenbr­oich soll das schon ein paar Jahre früher geschehen.

Der Stichtag 1. September 2023 markiert zunächst nur das Datum, zu dem die pastoralen Einheiten territoria­l gebildet werden. Unter dem gemeinsame­n Dach sollen sich die Beteiligte­n zunächst kennenlern­en. Bestehende Seelsorgeb­ereiche

bleiben selbststän­dig, so lange sie einen eigenen leitenden Pfarrer haben. Phase zwei, so sieht das Erzbistum die schrittwei­se Entwicklun­g vor, beginnt, wenn die pastorale Einheit in den jetzt gezogenen Grenzen einen leitenden Pfarrer und ein gemeinsam ernanntes Pastoralte­am hat. Phase drei wäre mit der Errichtung eines gemeinsame­n Kirchengem­eindeverba­ndes erreicht – oder der Fusion zur Großgemein­de.

„Toll findet das keiner, aber jeder sieht die Not“, sagt Korr, dem es bei der Diskussion in den vergangene­n Monaten wichtig war, dass die kommunalen Grenzen beachtet werden. Das ist fast überall gelungen. Für Thomas Kaumanns vom Kreiskatho­likenrat ist mit den Grenzen nur die Makrostruk­tur definiert. Viel interessan­ter werde sein, wie die Organisati­on vor Ort sein wird und was das für die Gläubigen am Ende bedeutet. Andreas Süß, Oberpfarre­r an St. Quirin und auf Sicht leitender Pfarrer von „St. Neuss“, ist überzeugt, dass die Kirche weiter im Dorf bleibt: „Wir sind vor Ort lebendig – der Rest ist organisato­rische Hülle.“

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FOTO: CAPF Hans-Günther Korr: „Jeder sieht die Not, toll findet das niemand.“

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