Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
63.000 Katholiken – eine Gemeinde
Das Erzbistum Köln macht aus 177 Seelsorgebereichen 64 pastorale Einheiten. Weil die Katholiken in Reuschenberg, Holzheim und Grefrath gegen eine Zusammenlegung mit Kaarst opponieren, wird Neuss zur Mega-Gemeinde.
RHEIN-KREIS Mit 63.000 Getauften entsteht in Neuss zum 1. September 2023 die größte pastorale Einheit im Erzbistum Köln. Sie umfasst alle Neusser Kirchengemeinden und mit St. Pankratius in Glehn auch die einzige zum Erzbistum gehörende Gemeinde auf Korschenbroicher Gebiet. „St. Neuss“, wie man das Gebilde nennen könnte, dessen Grenzen jetzt vom Generalvikariat bestätigt wurden, wird aber vielleicht noch größer. Man werde noch mit dem Pfarrgemeinderat Kaarst/Büttgen reden, ob nicht ein noch größerer Wurf sinnvoll sein könnte, berichtet Michael Tewes, Pfarrer für den Seelsorgebereich Neuss-West/ Korschenbroich.
Vor allem in seinem Sprengel waren die Menschen nicht mit dem Anfang April vorgestellten Ursprungsvorschlag des Erzbistums zufrieden, ihre Gemeinden mit Kaarst/Büttgen zusammenzulegen und so Reuschenberg, Holzheim und Grefrath (kirchenrechtlich) aus der Stadt zu lösen. Ortsausschüsse, Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstände hätten sich unisono dafür ausgesprochen, „sich Neuss anzuschließen“, sagt Tewes. Eine entsprechende Stellungnahme sei über den Dekanatsrat nach Köln abgegeben und dort akzeptiert worden.
Das Erzbistum hatte im Frühjahr unter dem Motto „#ZusammenFinden“den Anstoß für eine Diskussion über einen neuen Zuschnitt der pastoralen Einheiten mit dem Ziel gegeben, aus derzeit 177 Seelsorgebereichen 65 geografische, wie es recht neutral heißt, Räume mit durchschnittlich 40.000 Seelen zu machen, „in denen in Zukunft Seelsorge gestaltet werden soll“. Damit reagiert die Diözese auf einen Wandel, der sich in der rückläufigen Zahl von Kirchenmitgliedern (mit entsprechenden finanziellen Folgen), der sinkenden Bereitschaft zur Mitarbeit und einem Rückgang des kirchlichen Personals ausdrückt.
Vier dieser Räume gliedern den Rhein-Kreis: Einerseits Grevenbroich und Rommerskirchen, ferner ganz Dormagen, Neuss und – als kleinste Einheit mit etwa 18.000 Selen – Kaarst. Die Gemeinde in Meerbusch-Büderich wird mit den linksrheinischen Düsseldorfer Gemeinden und einigen Altstadtpfarreien
zusammengelegt und so Teil des Düsseldorfer Stadtdekanates.
Hans-Günther Korr, Kreisdechant im Rhein-Kreis, ist überzeugt, dass Büderich schon sehr bald aus seinem Kreisdekanat ausscheiden wird. Michael Berning, derzeit stellvertretender Kreisdechant und Pfarrer in Büderich, würde damit seine sechsjährige Amtszeit als Definitor, die im September 2027 auslaufen würde, nicht erfüllen können.
Für Korr, der bald 63 Jahre alt wird, markiert das Ende seiner Amtszeit als Kreisdechant auch den Termin, zu dem er die Leitung der Gemeinden im Seelsorgebereich NeussNord abgeben und als Subsidiar in seine Heimat, das Bergische Land, zurückkehren wird. Erst mit seinem Ausscheiden als leitender Pfarrer wird Neuss-Nord dem schon bestehenden Sendungsraum „Katholisch in Neuss“mit den Seelsorgebezirken
Neuss-Mitte, Neusser Süden und „Rund um die Erftmündung“angegliedert. Im Fall von NeussWest/Korschenbroich soll das schon ein paar Jahre früher geschehen.
Der Stichtag 1. September 2023 markiert zunächst nur das Datum, zu dem die pastoralen Einheiten territorial gebildet werden. Unter dem gemeinsamen Dach sollen sich die Beteiligten zunächst kennenlernen. Bestehende Seelsorgebereiche
bleiben selbstständig, so lange sie einen eigenen leitenden Pfarrer haben. Phase zwei, so sieht das Erzbistum die schrittweise Entwicklung vor, beginnt, wenn die pastorale Einheit in den jetzt gezogenen Grenzen einen leitenden Pfarrer und ein gemeinsam ernanntes Pastoralteam hat. Phase drei wäre mit der Errichtung eines gemeinsamen Kirchengemeindeverbandes erreicht – oder der Fusion zur Großgemeinde.
„Toll findet das keiner, aber jeder sieht die Not“, sagt Korr, dem es bei der Diskussion in den vergangenen Monaten wichtig war, dass die kommunalen Grenzen beachtet werden. Das ist fast überall gelungen. Für Thomas Kaumanns vom Kreiskatholikenrat ist mit den Grenzen nur die Makrostruktur definiert. Viel interessanter werde sein, wie die Organisation vor Ort sein wird und was das für die Gläubigen am Ende bedeutet. Andreas Süß, Oberpfarrer an St. Quirin und auf Sicht leitender Pfarrer von „St. Neuss“, ist überzeugt, dass die Kirche weiter im Dorf bleibt: „Wir sind vor Ort lebendig – der Rest ist organisatorische Hülle.“