Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der verflogene Donut-Hype

Einst waren in Neuss sechs Donut-Geschäfte zu finden, alleine fünf in der Innenstadt. In den vergangene­n Monaten haben vier Läden der Reihe nach geschlosse­n. Entscheide­nd ist jedoch nicht nur die gesunkene Nachfrage.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Wenn man so möchte, dann ist Gökhan Göktas so etwas wie die letzte Bastion in der Neusser Innenstadt. Neben seinem Café Vicus beteibt er zusätzlich „Class Donuts“, wo er jedoch anders als der Name vermuten lässt nicht nur das runde Gebäck mit Loch in der Mitte, sondern auch süße Spezialitä­ten wie Churros oder Crêpes anbietet. „Würde ich nur Donuts anbieten, könnte ich Miete und Mitarbeite­r nicht bezahlen“, sagt der Gastronom, der deshalb kulinarisc­h auf mehrere Standbeine setzt. Mit Blick auf die Entwicklun­gen in den vergangene­n Monaten, hat Göktas damit tatsächlic­h einen Punkt getroffen – denn von einst sechs Donut-Geschäften

„Wir haben einfach kein fähiges Personal gefunden“Mathias Hempe Gastronom

in Neuss (alleine fünf in der Innenstadt plus eins im Rheinpark-Center) sind nur noch zwei übrig. Einen vorläufige­n Höhepunkt erreichte der „Donut-Hype“in Neuss wohl im April vergangene­n Jahres. Am Eröffnungs­tag von „Royal Donuts“auf dem Markt waren zeitweise derart lange Schlangen zu beobachten, dass die Kunden bis zu zwei Stunden auf ihr süßes Gebäck warteten. Der Trend konnte aber offenbar nicht lange aufrecht erhalten werden. Im einstigen „Royal Donuts“ist mittlerwei­le ein anderer Betreiber – der Eis mit speziellen Toppings anbietet.

Auch andere ehemalige DonutShops in der Neusser City haben eine andere Bestimmung gefunden. Im früheren „Woownuts“an der Klarissens­traße ist zum Beispiel nun ein Händler zu finden, der auf CBD-Produkte setzt. Und an der Neustraße, wo einst „Diamond Donuts“auf knallige Farben im Schaufenst­er setzte, befindet sich nun „Gastrooma“

– ein ukrainisch­es Start-Up, das Essen aus der Heimat anbietet, sowohl frisch als auch schockgefr­ostet.

Nur wenige Schritt entfernt, am Büchel, fällt eine weitere Schließung auf. Hinter den Schaufenst­ern des „Tee-Wunder“, das auch ein „Donut-Labor“beinhaltet­e, ist es dunkel. Zwar war die gesunkene Nachfrage (auch wegen der zwischenze­itlich hohen Konkurrenz­situation in dem Segment) ein Grund für das Aus – doch wirklich entscheide­nd waren nach Angaben von MitBetreib­er Mathias Hempe noch weitere Faktoren. „Wir haben einfach kein fähiges Personal gefunden“, sagt er unserer Redaktion. Da die Brüder noch andere Läden führen und dementspre­chend nicht immer selbst vor Ort sein können, bräuchten sie gewiefte Mitarbeite­r, die auch alleine den „Laden schmeißen“können – am Ende musste die Suche jedoch abgebroche­n werden. „Hinzukamen die gestiegene­n Kosten in sämtlichen Bereichen“, sagt Hempe, der auch Kritik äußert. So könne er nicht verstehen, wie in so kurzer Zeit so viele Geschäfte mit einem deckungsgl­eichen Angebot genehmigt werden.

Jürgen Sturm, Chef von Neuss Marketing, sieht die Entwicklun­g hin zur „Trend-Gastronomi­e“zwiegespal­ten: „Zwar werden die einzelnen Konzepte mit einem hohen Kundeninte­resse bestätigt – aber eben nicht nachhaltig.“Aus Sicht des City-Marketings wünsche man sich aber eben eine dauerhafte Belegung von Leerstände­n. Im Großen und Ganzen zeichnet Neuss Marketing in einer zuletzt vorgelegte­n Bilanz aber ein positives Bild in Bezug auf die Leerstände. Im Hauptstraß­enzug sei die Zahl der ungenutzte­n Lokale immer noch im einstellig­en Bereich. Es werden auch Beispiele genannt: Im Fall der Büchelarka­den nehme der Einzug von „Netto“Formen an. Zwar stehe die ehemalige Mayersche-Buchhandlu­ng weiterhin leer, allerdings sei auch dort Bewegung festzustel­len. Ein Neuzugang ist im ehemaligen McDonald`s an der Niederstra­ße zu erwarten. Dort soll – so kündigt es ein Plakat an – Chitir Chicken öffnen, das auf Hühnchen-Gerichte setzt.

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FOTOS: JASI Gökhan Göktas, der neben seinem Café „Ticus“das Geschäft „Class Donuts“führt, ist einer der wenigen verblieben­en Donut-Händler.
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Das „Tee-Wunder“in der Innenstadt war auch ein „DonutLabor“. Mittlerwei­le ist es geschlosse­n.

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