Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der verflogene Donut-Hype
Einst waren in Neuss sechs Donut-Geschäfte zu finden, alleine fünf in der Innenstadt. In den vergangenen Monaten haben vier Läden der Reihe nach geschlossen. Entscheidend ist jedoch nicht nur die gesunkene Nachfrage.
NEUSS Wenn man so möchte, dann ist Gökhan Göktas so etwas wie die letzte Bastion in der Neusser Innenstadt. Neben seinem Café Vicus beteibt er zusätzlich „Class Donuts“, wo er jedoch anders als der Name vermuten lässt nicht nur das runde Gebäck mit Loch in der Mitte, sondern auch süße Spezialitäten wie Churros oder Crêpes anbietet. „Würde ich nur Donuts anbieten, könnte ich Miete und Mitarbeiter nicht bezahlen“, sagt der Gastronom, der deshalb kulinarisch auf mehrere Standbeine setzt. Mit Blick auf die Entwicklungen in den vergangenen Monaten, hat Göktas damit tatsächlich einen Punkt getroffen – denn von einst sechs Donut-Geschäften
„Wir haben einfach kein fähiges Personal gefunden“Mathias Hempe Gastronom
in Neuss (alleine fünf in der Innenstadt plus eins im Rheinpark-Center) sind nur noch zwei übrig. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte der „Donut-Hype“in Neuss wohl im April vergangenen Jahres. Am Eröffnungstag von „Royal Donuts“auf dem Markt waren zeitweise derart lange Schlangen zu beobachten, dass die Kunden bis zu zwei Stunden auf ihr süßes Gebäck warteten. Der Trend konnte aber offenbar nicht lange aufrecht erhalten werden. Im einstigen „Royal Donuts“ist mittlerweile ein anderer Betreiber – der Eis mit speziellen Toppings anbietet.
Auch andere ehemalige DonutShops in der Neusser City haben eine andere Bestimmung gefunden. Im früheren „Woownuts“an der Klarissenstraße ist zum Beispiel nun ein Händler zu finden, der auf CBD-Produkte setzt. Und an der Neustraße, wo einst „Diamond Donuts“auf knallige Farben im Schaufenster setzte, befindet sich nun „Gastrooma“
– ein ukrainisches Start-Up, das Essen aus der Heimat anbietet, sowohl frisch als auch schockgefrostet.
Nur wenige Schritt entfernt, am Büchel, fällt eine weitere Schließung auf. Hinter den Schaufenstern des „Tee-Wunder“, das auch ein „Donut-Labor“beinhaltete, ist es dunkel. Zwar war die gesunkene Nachfrage (auch wegen der zwischenzeitlich hohen Konkurrenzsituation in dem Segment) ein Grund für das Aus – doch wirklich entscheidend waren nach Angaben von MitBetreiber Mathias Hempe noch weitere Faktoren. „Wir haben einfach kein fähiges Personal gefunden“, sagt er unserer Redaktion. Da die Brüder noch andere Läden führen und dementsprechend nicht immer selbst vor Ort sein können, bräuchten sie gewiefte Mitarbeiter, die auch alleine den „Laden schmeißen“können – am Ende musste die Suche jedoch abgebrochen werden. „Hinzukamen die gestiegenen Kosten in sämtlichen Bereichen“, sagt Hempe, der auch Kritik äußert. So könne er nicht verstehen, wie in so kurzer Zeit so viele Geschäfte mit einem deckungsgleichen Angebot genehmigt werden.
Jürgen Sturm, Chef von Neuss Marketing, sieht die Entwicklung hin zur „Trend-Gastronomie“zwiegespalten: „Zwar werden die einzelnen Konzepte mit einem hohen Kundeninteresse bestätigt – aber eben nicht nachhaltig.“Aus Sicht des City-Marketings wünsche man sich aber eben eine dauerhafte Belegung von Leerständen. Im Großen und Ganzen zeichnet Neuss Marketing in einer zuletzt vorgelegten Bilanz aber ein positives Bild in Bezug auf die Leerstände. Im Hauptstraßenzug sei die Zahl der ungenutzten Lokale immer noch im einstelligen Bereich. Es werden auch Beispiele genannt: Im Fall der Büchelarkaden nehme der Einzug von „Netto“Formen an. Zwar stehe die ehemalige Mayersche-Buchhandlung weiterhin leer, allerdings sei auch dort Bewegung festzustellen. Ein Neuzugang ist im ehemaligen McDonald`s an der Niederstraße zu erwarten. Dort soll – so kündigt es ein Plakat an – Chitir Chicken öffnen, das auf Hühnchen-Gerichte setzt.