Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mittelständler schreiben Brandbrief an Scholz
BERLIN Wirtschaftsverbände üben scharfe Kritik am Gesetzentwurf für die Gas- und Strompreisbremse von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). In einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Fraktionschefs der Ampel-Parteien sowie der Union listet der Verband der Familienunternehmer sieben Kritikpunkte auf, die ihrer Ansicht nach im parlamentarischen Verfahren beseitigt werden müssten. Der Verband fordert unter anderem, die in seinen Augen viel zu komplexen Anforderungen zu vereinfachen und Auflagen für Unternehmen wie Jobgarantien komplett zu streichen. Auch von der Wohnungswirtschaft und der Gastronomie kam Kritik.
Die Bundesregierung will von Januar 2023 bis Ende April 2024 eine Gas- und Strompreisbremse für Bürger und Unternehmen einführen. Um zum Energiesparen anzuhalten, gelten die Preisdeckel für Firmen ab einem Gasverbrauch von 1,5 Millionen Kilowattstunden für 70 Prozent des Verbrauchs im Jahr 2021. Die Gesetzesentwürfe wurden am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten. Das Parlament soll sie noch vor Weihnachten beschließen. Die Hilfen für Unternehmen sind allerdings mit Auflagen verbunden, die etwa der IG Metall noch nicht weit genug gehen: Den Familienunternehmen gehen aber schon die Bedingungen im aktuellen Entwurf der Regierung zu weit: „Alle Unternehmen, die mit mehr als zwei Millionen Euro Entlastung rechnen können, müssen für fast 2,5 Jahre garantieren, dass beim Personal ihre Vollzeitäquivalente nicht unter 90 Prozent des Standes am 1. Januar 2023 abrutschen.
Angesichts einer europaweiten Rezession und des Fehlens jeglicher Perspektive, wie der Standort Deutschland nach Auslaufen der Strompreisbremse wettbewerbsfähig werden soll, ist eine Garantie von 90 Prozent der Vollzeitäquivalente selbstmörderisch“, schreibt der Verband „Die Familienunternehmer“in seinem Brandbrief.
Die bürokratischen Anforderungen seien zudem für die Unternehmen, die mit mehr als zwei Millionen Euro Entlastung rechnen könnten, „so komplex und so unverständlich, dass sie ohne Rechtsberatung gar nicht zu leisten sind“. Fehler würden aber mit einem „existenzgefährdenden Bußgeld“von bis zu vier Prozent der weltweiten Umsätze belegt. Auf die Entlastungen durch die Gas- und Strompreisbremse würden viele Betriebe wegen der Haftungs- und Bürokratiebedingungen lieber verzichten, anstatt gezwungen zu sein, sie anzunehmen.