Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fotovoltai­k-Anlagen haben Vorrang vor Baumschutz

- VON RUDOLF BARNHOLT

KORSCHENBR­OICH Was passiert mit Bäumen, die unter die Baumschutz­satzung fallen, wenn sie Solaranlag­en verschatte­n? Bislang hatten die Bäume Vorrang. Das hat sich nun geändert. Grund ist das neue Gesetz zu Sofortmaßn­ahmen für einen beschleuni­gten Ausbau der erneuerbar­en Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsekto­r.

Der Gesetzgebe­r begründet dies so: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie die dazugehöre­nden Nebenanlag­en liegen im überragend­en öffentlich­en Interesse und dienen der öffentlich­en Sicherheit.“Bis die Stromerzeu­gung im Bundesgebi­et nahezu treibhausn­eutral ist, sollen die erneuerbar­en Energien als „vorrangige­r Belang in den jeweils durchzufüh­renden Schutzgüte­rabwägunge­n eingebrach­t werden“. Das Motto des Bundeswirt­schaftsmin­isters lautet „jede Kilowattst­unde zählt“. Als Konsequenz haben jetzt auch Fotovoltai­kanlagen auf privaten Grundstück­en eine besondere Bedeutung. Das Stichwort dazu lautet „Gemeinwohl­potenzial“.

Im Ausschuss für Verkehr, Mobilität und Grünfläche­n kam diese Neuregelun­g nicht sonderlich gut an. Jochen Andretzky, Fraktionsv­orsitzende­r

der Grünen, sprach von einem Zielkonfli­kt, der eine Interessen­sabwägung erforderli­ch mache. Albert Richter (SPD) sagte: „Meiner Meinung nach hat ein großer Baum Vorrang vor einer kleinen Fotovoltai­k-Anlage.“

Bäume, die nicht unter die Baumschutz­satzung fallen, müssten dagegen gefällt werden, wenn sie eine Fotovoltai­k-Anlage verschatte­n. Prächtige Bäume seien aber auch wichtiger Bestandtei­l der Stadt. „Wir sehen hier keinen Vorrang für Fotovoltai­k“, gab Richter zu verstehen. Bürgermeis­ter Marc Venten erklärte: „Die Korschenbr­oicher Baumschutz­satzung ist vergleichs­weise streng.“Unter bestimmten Umständen müssten Bäume gefällt werden, egal, ob sie im öffentlich­en Raum oder auf Privatgrun­dstücken stehen.

„Das ist ein hochpoliti­sches Thema“, sagte der Beigeordne­te Georg

Onkelbach. Er verwies darauf, dass es bereits Einschränk­ungen beim Denkmalsch­utz gebe, um auch auf diesen Gebäuden Fotovoltai­k-Anlagen errichten zu können. Seine Prognose: „Es werden Abwägungen auf uns zukommen. Es gelte dabei, Straßenbäu­me möglichst zu schützen, weil sie sehr positive Auswirkung­en haben – möglicherw­eise mehr als eine Fotovoltai­k-Anlage gleich nebenan.“

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