Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Gemeinde braucht noch mehr Wohnraum für Flüchtlinge
ROMMERSKIRCHEN Bei der Unterbringung von Flüchtlingen hat die verhältnismäßig kleine Gemeinde Rommerskirchen vor allem in diesem Jahr Großes geleistet. Doch die Herausforderungen ebben nicht ab; statt mit einer Entspannung ist eher mit einer weiteren Verschärfung der Situation zu rechnen. „Wir rechnen derzeit zwar nicht mit einem gravierenden Zustrom neuer Flüchtlinge, aber die Zuweisungen seitens der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg dürften bis circa Februar weitergehen“, sagt Rommerskirchens Bürgermeister Martin Mertens nicht zuletzt mit Blick auf die fortschreitende Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur durch die russischen Aggressoren. Und das stellt die Verwaltung zunehmend vor Probleme. Denn die Kapazitäten bei der Unterbringung sind bald erschöpft.
Bei der Gemeinde hofft man deshalb weiterhin auf die Solidarität von Bürgern und appelliert an alle, die privat Wohnraum zur Verfügung stellen, kostenlos oder gegen Miete, sich zu melden. Bislang ist die Solidarität zumindest mit den Menschen aus der Ukraine groß. Von den 131 geflüchteten Ukrainern in Rommerskirchen werden circa 80 unentgeltlich von Privatleuten beherbergt, teils schon seit Monaten.
Die restlichen Ukrainer und weitere 127 Menschen aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Nigeria, dem Iran und dem Irak werden von der Gemeinde mit Unterkünften versorgt, teils in gemeindeeigenen Gebäuden, teils in Wohnungen, die die Verwaltung angemietet hat. „Wir nutzen aktuell zusammen 29 Objekte, davon zwölf eigene und 17 von privat angemietete“, schlüsselt Sadiye Mesci vom Rommerskirchener Fachbereich Bildung, Soziales, Integration auf.
Kein Pappenstiel sind die Kosten, die die Gemeinde für die verpflichtende Unterbringung von Flüchtlingen zu einem erheblichen Teil selber stemmen muss. „Es gibt zwar Kostenerstattungen von Bund und Land, aber die sind bei weitem nicht kostendeckend“, erklärt der Bürgermeister.
Und: Wer ohne Bleiberecht in Rommerskirchen lebe, für den müsse die Gemeinde alle Kosten zu 100 Prozent übernehmen. Auch die Arztkosten. Und das kann sehr teuer sein. Mertens nennt als Beispiel den Fall eines Krebspatienten, der behandelt werden musste. Dennoch stellt sich der Verwaltungschef entschieden gegen das Vorurteil, Flüchtlinge kämen nach Deutschland, „um sich hier die Zähne machen zu lassen“. Bei den allermeisten stecke eine extreme Notsituation hinter dem Entschluss, ihr Heimatland zu verlassen.
In diesem Jahr beliefen sich die Ausgaben für Geflüchtete bislang auf insgesamt 993.000 Euro, hinzugerechnet werden müssen 165.000 Euro für Personal. Somit betragen die Gesamtausgaben aktuell 1,158 Millionen Euro. Die Zuweisungen des Landes belaufen sich auf 1,033 Millionen Euro. 36 bis 40 Prozent der Gesamtkosten und Zuweisungen entfallen laut Verwaltung auf Schutzsuchende aus der Ukraine. Aktuell veranschlagt die Kämmerei im Etat 2023 knapp 2 Millionen Euro für die Flüchtlingsversorgung.
Mesci und Mertens betonen, dass neben Wohnraum dringend Sprachkurse von den Jobcentern angeboten werden müssten. Mit Sprachkenntnissen könnten sehr viele Flüchtlinge schnell in Jobs vermittelt werden.