Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rund 63.800 Menschen leben geduldet in NRW
DÜSSELDORF (szf) In NordrheinWestfalen leben nach Zahlen des Integrationsministeriums derzeit rund 75.600 Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft, die eigentlich zur Ausreise verpflichtet wären. Rund 63.800 von ihnen sind im Besitz einer Duldung, das heißt, es wird auf eine Abschiebung verzichtet.
Viele Menschen in dieser Situation sollen nach Vorstellung der Ampelkoalition im Bund neue Perspektiven erhalten: Der Bundestag hat das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht verabschiedet. Wer bis zum 31. Oktober 2022 fünf Jahre unbescholten im Land gelebt hat, soll langfristig bleiben dürfen, wenn er binnen 18 Monaten bestimmte Anforderungen erfüllt. Dazu gehören unter anderem Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts.
Das Gesetz vorwegnehmend, hat Nordrhein-Westfalen die Bleiberechte bereits im Sommer per Erlass ausgebaut. „Deutschland war und ist ein Einwanderungsland. Das ist schon längst gesellschaftliche Realität“, sagte NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) jetzt unserer Redaktion. „Die Menschen, die aus vielen Teilen der Welt eine Heimat, auch in NRW, gefunden haben, sind eine Bereicherung. Zur Wahrheit gehört außerdem: Wir sind auf Zuwanderung angewiesen.“Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands hänge auch an guter Einwanderungspolitik, erklärte sie. Außerdem betonte sie: „Am Ende müssen wir uns auch immer klarmachen, dass es um Menschen geht, um unsere Nachbarinnen, Freunde und Kolleginnen.“
Der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag war ein heftiger Schlagabtausch zwischen der regierenden Ampelkoalition und Innenpolitikern der Unionsfraktion vorausgegangen. CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuletzt gefordert, mehr zur Ausreise verpflichtete Personen abzuschieben. An der Abstimmung im Bundestag nahm er nicht teil.
CDU-Abgeordnete, die lange eng mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammengearbeitet hatten, stellten sich in der vorausgehenden Debatte weniger klar gegen die Reformen von SPD, Grünen und FDP.
Duldungen können in Deutschland aus humanitären oder rechtlichen Gründen oder wegen mangelhafter Kooperation der Herkunftsländer ausgestellt werden. Oft ist aber nur das Fehlen von Ausweispapieren der Grund. (mitdpa)