Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Windkraft als Zukunftsmarkt
Windkraft wird als Energiequelle immer wichtiger. Doch das Potenzial werde noch nicht ausgeschöpft, findet die Firma Adapt Vertical Mills aus Meerbusch. Sie will mit ihrem innovativen Projekt für frischen Wind sorgen.
RHEIN-KREIS NEUSS Eine der großen Zukunftsfragen ist die nach der Energie. Der Kernkraftausstieg ist in Deutschland bereits beschlossen, der Kohleausstieg ebenfalls. Immer wichtiger werden erneuerbare Energieträger wie Windkraft. Doch auch bei dieser gibt es noch Luft nach oben, findet Andreas C. Theil, der Gründer von Adapt Vertical Mills. Die Idee hinter seinem Unternehmen habe er während einer Autofahrt durch das Emsland bekommen: Als langjähriger Segler habe er bemerkt, dass trotz einer Windstärke von vier bis sechs Metern pro Sekunde nur ungefähr zwei von 60 Windrädern gedreht haben. Das Problem sei, dass bei klassischen Windrädern der Winkel von Wind und Windrad stimmen müsse.
Lösen will Adapt Vertical Mills das Problem mit vertikalen Windrädern. Ganz neu sind vertikale Windräder nicht: Zuvor hat es schon sogenannte Savonius-Rotoren und DarrieusRotoren gegeben, doch diese seien deutlich leistungsschwächer als die herkömmlichen Windräder. Mit seinen „Swinging Rotors“will Adapt Vertical Mills versuchen, einen höheren Ertrag zu erzielen, indem aus allen Richtungen auch schwächere Winde „geerntet“werden.
Die bereits vorhandenen horizontalen Windkraftanlagen sollen durch die vertikalen Windkraftanlagen nicht ersetzt werden: Vielmehr solle eine sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Windrädern vorgenommen werden. Auch auf das Thema Nachhaltigkeit will das Unternehmen aus Meerbusch großen
Wert legen: Die Rotor-Blätter seien zu einem großen Grad recyclebar. Zudem seien die vertikalen Windräder mit einer geplanten Größe von 24 bis 36 Meter vergleichsweise kompakt. Entscheidend sei bei der Größe die Anzahl der Rotoren: Das Stativ und der „Swinging Rotor“seien jeweils zwölf Meter groß, neben der Variante mit einem Rotor plant das Team von Adapt Vertical Mills eine Variante mit zwei Rotoren.
Gefördert wurde das Projekt Anfang des Jahres vom Rhein-Kreis Neuss mit dem Innovationsförderprogramm „INNO-RKN“. Genutzt hat das Unternehmen den Betrag von 7500 Euro für den Bau eines
Modells mit dem Maßstab 1:10, welches nun in seinem Unternehmen in Meerbusch zu sehen ist und als Versuchsträger für die Rotorblattentwickung dient. Als Nächstes sind zwei Prototypen mit dem Maßstab 1:1 geplant. Ein Prototyp soll auf dem Testfeld in Grevenbroich zum Einsatz kommen, das andere in Paderborn. Offen sei noch die Frage nach der Finanzierung. Entwicklungskosten in Höhe von 2,2 Millionen erwarte die Firma. Seit Juli nimmt Adapt Vertical Mills am sogenannten Scaling Factory Programm des Global Entrepreneurship Centre in Meerbusch teil und werde mit Dienstleistungen unterstützt.
Neben Andreas C. Theil arbeiten Victor J. Jürgensohn und Urs Martin Köck an dem innovativen Projekt. Jürgensohn studiert Maschinenbau und ist technischer Direktor der Firma, Köck studiert Verfahrenstechnik und ist ebenfalls für die Prototypenentwicklung zuständig.
Von Beruf aus ist Theil Designer. Ein Designer befasse sich mit allen Lebensbereichen. Für die Arbeit an vertikalen Windrädern habe er sich einerseits aus ökologischen, andererseits aus ökonomischen Gründen entschieden: „Die Energienot erfordert, dass wir tätig werden“, so Theil. Nicht nur den Umweltschutz, sondern auch die Wirtschaft betreffe das Thema Windkraft: Deutschland brauche dringend einen Ersatz für Kernkraft und Braunkohle, denn ohne Strom funktioniere weder die Waschmaschine noch WhatsApp. Beim Projekt Adapt Vertical Mills gehe es nicht nur um ein Produkt, sondern um einen Baustein, um den Strukturwandel zu meistern. Windkraft ist ein Bestandteil im Energiemix der Zukunft – nicht umsonst wollen Bund und Land den Ausbau beschleunigen.