Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Was Mitarbeiter wirklich wollen
Ist es das Gehalt? Die Möglichkeit zum Homeoffice? Oder das Duzen des Chefs? Was Beschäftigte wirklich glücklich macht und sie nachhaltig an ihren Arbeitgeber bindet, hat ein Team der Hochschule Niederrhein untersucht.
Das Betriebsklima und die Gleichbehandlung sind den Mitarbeitern heutzutage am wichtigsten. „Das ist nicht überraschend“, sagt Alexander Cisik, Professor für Wirtschafts-, Organisations- und Arbeitspsychologie an der Hochschule Niederrhein zum Ergebnis der Studien. „In einer Zeit, in der wir mit vielen Veränderungen zu kämpfen haben, bleiben wir dort, wo wir uns wohlfühlen, wo wir ein persönliches Verhältnis aufbauen können.“Die neue Studie zur Arbeitgeberqualität und Arbeitszufriedenheit zeigt auch: Arbeitnehmer schätzen die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Arbeiten, die Krisensicherheit des Arbeitsplatzes und die flexible Arbeitszeitgestaltung, wie etwa Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit.
„Wir haben im Jahr 2015 zuletzt überprüft, welche besonderen Ansprüche die Beschäftigten an ihre Arbeitgeber haben und in welchem Maße diese in der betrieblichen Wirklichkeit tatsächlich erfüllt werden. Seitdem ist viel passiert – die Flexibilität des Arbeitsorts war damals noch kaum Thema. Grund genug, sich nun erneut mit individuellen Arbeitsansprüchen und erlebten Arbeitswirklichkeiten der Mitarbeiter zu beschäftigen“, sagt Cisik. „Besonders der fortschreitende Fachkräftemangel stellt für viele Unternehmen ein gravierendes Problem dar. Die richtigen Mitarbeiter zu gewinnen und entsprechend nachhaltig zu binden, ist zu einer existenziellen Frage geworden. Dann hilft es, zu wissen, was die Mitarbeiter wirklich wollen.“ (bü) Freiberufler Arbeitet ein Pilot im Auftrag eines Unternehmens, das neben Kraftfahrzeugen auch ein Flugzeug besitzt, für eine Tagespauschale in Höhe von 120 Euro, so stellt die Rentenversicherung mit Recht eine „abhängige Beschäftigung“fest, wenn das Flugzeug nicht dem Mann gehört und er Beschäftigte des Unternehmens „für Geschäftszwecke“an einigen Tagen im Monat nach deren Planungen befördert. Die Unternehmensführung könne nicht argumentieren, der Pilot sei weder in den Betrieb integriert noch unterliege er Weisungen. Auch trägt er kein unternehmerisches Risiko als „typisches Zeichen einer selbstständigen Tätigkeit“. (Hessisches LSG, L 8 BA 65/21) (tmn) Kündigung Gesetzliche Kündigungsfristen verlängern sich mit der Betriebszugehörigkeit. Wer etwa seit 15 Jahren im Betrieb ist, hat laut Gesetz eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats. Davon darf ein Arbeitgeber auch nicht abweichen. Das bedeutet sogar: Hat er Beschäftigte mit der längsten gesetzlichen Kündigungsfrist von sieben Monaten, muss er diese Frist selbst dann einhalten, wenn er den Betrieb schon vorher schließen will. „Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind Mindestfristen. Der Arbeitgeber muss diese Fristen
Die Unternehmen sollten sich natürlich auch mit den Wünschen ihrer Beschäftigten befassen. Beispiel Kyocera Document Solutions Deutschland mit Sitz in Meerbusch: „Viele Kolleginnen und Kollegen sind seit Jahrzehnten Teil der Kyocera-Familie und schätzen bei uns die Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung. Wir bieten Sozialleistungen wie betriebliche Altersvorsorge oder einen Kinderbetreuungszuschuss. Aber das allein bindet Mitarbeiter nur selten langfristig“, sagt Tanja Ossen-Werner, Group Director Human Resources. „Eine interne Umfrage hat 2021 gezeigt, dass sich unsere Mitarbeiter ganz besonders mit der Unternehmensphilosophie zwingend einhalten“, erklärt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Er ist dann verpflichtet, während der Kündigungsfrist den Lohn weiterzuzahlen, obwohl der Betrieb schon zu ist.“Eine einseitige Abweichung von den Fristen ist nicht möglich. Im Falle einer Insolvenz wird aus diesem Grund die gesetzliche Kündigungsfrist per Gesetz verkürzt. Alle längeren Kündigungsfristen würden dann auf drei Monate reduziert, kürzere Fristen bleiben bestehen. (bü) Corona-Bonus Gewährt ein Arbeitgeber einer Küchenund Tresenkraft freiwillig eine Corona-Bonuszahlung, so ist dieser Geldbetrag nicht pfändbar. Die Mitarbeiterin befand sich in Privatinsolvenz und erhielt 400 Euro als „Erschwerniszulage“. Der Insolvenzverwalter wollte davon knapp 180 Euro einkassieren. Sein Argument, eine solche Prämie sei in der Gastronomie anders zu bewerten als im Pflegebereich (für den der Gesetzgeber ausdrücklich die Unpfändbarkeit bestimmt hat), konnte nicht durchdringen. Der Gaststättenbetreiber habe mit der Leistung eine bei der Küchenkraft tatsächlich gegebene Erschwernis kompensieren wollen. Außerdem hat die Corona-Prämie nicht den Rahmen des Üblichen überstiegen. (BAG, 8 AZR 14/22) und unserem umfassenden Nachhaltigkeitsengagement identifizieren. Zudem legen wir viel Wert auf Eigenverantwortung und beziehen unsere Belegschaft in die Gestaltung des Unternehmens mit ein.“
Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten ist für viele Betriebe nicht neu: „Wir haben schon vor einigen Jahren Vertrauensarbeitszeit und mobiles Arbeiten eingeführt, was Mitarbeitern in ihren Teams große Freiheiten in der Arbeitszeitgestaltung – und auch der Wahl des Arbeitsorts – gibt“, sagt Tanja Ossen-Werner. Ann-Christin Strücker, HR Managerin bei der CBS Customized Business Services in Willich, ergänzt: „Eine flexible Arbeitszeitgestaltung ist möglich, immer unter der
Prämisse, dass die Dienstleistung für unsere Kunden bestmöglich erledigt wird. Während der Pandemie haben wir bereits Anfang 2020 Homeoffice angeboten, auch für Arbeitsplätze, die bislang von der Möglichkeit des Home-office ausgeschlossen waren. Das ist gut in der Belegschaft angekommen.“
CBS setzt zudem auf strukturierte Entwicklungspläne, um Perspektiven zu entwickeln und um Mitarbeiter zu fördern. „Wir haben in der Regel eine lange Betriebszugehörigkeit, sodass es besonders wichtig ist, als Arbeitgeber weiterhin Personalentwicklung zu betreiben, mit dem Ziel, dauerhaft gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zu haben“, sagt Ann-Christin Strücker.
Laut der Studie der Hochschule Niederrhein ist das ein guter Weg: „Menschen suchen Geborgenheit und Sicherheit – vor allem in unruhigen Zeiten. Nebenleistungen sind offenbar eher Dekoration“, sagt Alexander Cisik. So sind etwa die Größe und Internationalität des Unternehmens, aber auch Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für die Mitarbeiter deutlich weniger relevant. Ein Trend für alle Beschäftigten: Karriere machen steht bei vielen nicht mehr im Vordergrund. Allerdings ergibt die Studie auch: Die Übereinstimmung von Anspruch und Wirklichkeit ist beim Gehalt am geringsten, heißt also, die
Mehrheit der Befragten fühlt sich nicht angemessen bezahlt.
Insbesondere gute Führung erweist sich laut Alexander Cisik mehr denn je als Schlüsselfaktor, um Personal zu binden. „Wir kommunizieren mit unseren Mitarbeitern auf allen Hierarchieebenen offen und regelmäßig, um sie zu informieren und mitzunehmen. Gerade bei dezentralen Organisationen wie der Unseren ist das wichtig, damit der Teamgedanke nicht verloren geht“, sagt Ann-Christin Strücker von der CBS. „Wir erwarten von unseren Führungskräften eine gute und partnerschaftliche Kommunikation in die Belegschaft, auch wenn die Themen gerade in diesen Zeiten herausfordernd sind.“
Auch Kyocera investiert stark in die Ausbildung von Führungskräften und die stetige Weiterentwicklung des Miteinanders im Team. „‚Do the right thing as a human being‘, also das menschlich Richtige zu tun, ist als Maßgabe unseres Handelns in unserer Unternehmensphilosophie verankert“, sagt Tanja Ossen-Werner. „Das spiegelt sich auch in unserer Gesprächs- und Feedbackkultur wider.“
Für die Wissenschaftler der Hochschule Niederrhein geht folgender Auftrag an Unternehmen: Sie sollten sich bei der Gewinnung und Bindung ihrer Mitarbeiter auf die Erfüllung von deren tatsächlichen Bedürfnissen konzentrieren – und das differenziert nach den unterschiedlichen demografischen Zielgruppen im Unternehmen. „Das ist nachhaltiges Personalmanagement“, sagt Cisik. „Alles andere wäre Verschwendung von Zeit, Engagement und Geld.“
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