Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Allianz erhöht die Zinsen
Kunden mit Lebensversicherungen profitieren bei dem Konzern. Experten sehen aber nach dem Ende der Zinsflaute noch keine Trendwende.
STUTTGART/KÖLN (dpa) Die Allianz Leben erhöht 2023 die Verzinsung von Lebensversicherungen. Bei klassischen Lebens- und Rentenversicherungen steigt die laufende Verzinsung 2023 im Schnitt auf 2,5 Prozent nach zuletzt 2,3 Prozent, wie der Branchenprimus am Montag in Stuttgart mitteilte. Beim neueren Modell mit abgespeckter Garantie geht es von 2,4 Prozent auf 2,6 Prozent nach oben. Die Vorstandschefin der Allianz Leben, Katja de la Viña, sprach von einem deutlichen Signal in einer Zeit, „in der viele Menschen ihre Zukunftsvorsorge grundsätzlich verbessern wollen“.
Die laufende Verzinsung setzt sich zusammen aus der Überschussbeteiligung, über deren Höhe die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie entscheiden, und dem vom Bundesfinanzministerium
festgelegten Garantiezins. Dieser liegt seit Anfang 2022 für neue Verträge bei 0,25 Prozent. Ältere Policen werfen hier teilweise noch deutlich mehr ab. Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und Vertriebskosten. Lebensversicherungskunden, deren Vertrag 2023 ausläuft, können mit einer Gesamtverzinsung einschließlich Schlussüberschuss von 3,2 Prozent (zuletzt: 2,9 Prozent) für klassische Produkte beziehungsweise von 3,5 Prozent (3,2 Prozent) für das Modell mit abgespeckter Garantie rechnen.
„Unsere Kunden profitieren neben dem steigenden Zinsniveau am Kapitalmarkt von dem breiten Mix unserer Anlagestrategie aus Aktien, festverzinslichen Wertpapieren und alternativen, nicht börsennotierten
Anlagen wie Infrastrukturprojekte“, erläuterte Vorstandsmitglied Volker Priebe. „Auch unsere Finanzstärke spielt eine Rolle.“
Bislang spürt die Allianz Leben Priebe zufolge keinen stärkeren Rückgang der Nachfrage nach Altersvorsorgeprodukten aufgrund der deutlich gestiegenen Inflation. „Die Vorsorge fürs Alter sollte nicht eingespart werden“, mahnte Priebe. „Auch Arbeitgeber merken, dass die betriebliche Altersvorsorge ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte ist.“
Neukunden klassischer Lebensversicherungen können derweil trotz des Endes der Zinsflaute vorerst nicht auf höhere Zinsversprechen hoffen. Die einflussreiche Deutsche Aktuarvereinigung (DAV, Versicherungsmathematiker) schlägt vor, den Höchstrechnungszins
– auch Garantiezins genannt – 2024 weiterhin bei 0,25 Prozent zu belassen. „Wir betrachten nicht nur dieses eine Jahr, in dem die Zinsen am Markt wieder gestiegen sind, sondern beziehen verschiedene Faktoren mit ein“, erläuterte der DAV-Vorsitzende Herbert Schneidemann. „Die Zinssituation am Kapitalmarkt muss sich erst dauerhaft auf diesem Niveau stabilisieren, bevor wir einen höheren Höchstrechnungszins empfehlen können“, sagte der Versicherungsmathematiker.
Änderungen des Garantiezinses gelten jeweils ausschließlich für Neuverträge des Altersvorsorgeklassikers. Für Altverträge, für die es noch bis zu vier Prozent gibt, ändert sich in diesem Punkt nichts. Über die endgültige Höhe des Garantiezinses entscheidet das Bundesfinanzministerium nach Empfehlungen
der Aktuarvereinigung und der Finanzaufsicht Bafin. Der Höchstrechnungszins soll verhindern, dass sich Versicherer mit Garantieversprechen übernehmen.
Zur laufenden Verzinsung des Altervorsorgeklassikers zählt auch die Überschussbeteiligung, die Lebensversicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu festsetzen und die auch Altkunden betrifft. Schneidemann rechnet vorerst nicht mit einer Erhöhung der Überschussbeteiligung auf breiter Front bei klassischen Kapitallebensversicherungen, in die Kunden laufend einzahlen. „Bei Produkten mit Einmalbeitrag, die oft über einen deutlich kürzeren Zeitraum laufen und heute häufig eine niedrigere Überschussbeteiligung haben, könnte diese jedoch schneller steigen.“