Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ein Mann für magische Momente
Bei WM und EM ist auf Xherdan Shaqiri Verlass. In Katar soll der Ex-Bayern-Profi die Schweiz erstmals seit 1954 in ein WM-Viertelfinale führen.
LUSAIL (dpa) Rund 50 Journalisten scharen sich um den 1,69 Meter kleinen Xherdan Shaqiri. Wer etwas weiter hinten steht, kann ihn fast nicht mehr sehen. Das beschauliche Pressezentrum im WM-Quartier der Schweizer Fußball-Nationalmannschaft in Doha ist gerammelt voll - und Shaqiri bester Laune. Der 31-Jährige genießt die große Bühne. Bei allen fünf Welt- und Europameisterschaften seit 2014 hat er getroffen. Das ist außer ihm nur noch einem Spieler gelungen: Cristiano Ronaldo. Und genau den wollen Shaqiri und Co. im AchtelfinalDuell mit Portugal am Dienstag (20 Uhr/ARD und MagentaTV ) aus dem Turnier nehmen. Ausgeschlossen ist das nicht. Denn Shaqiri liefert bisher in Katar - und Ronaldo schwächelt.
„Ich bin stolz, dass ich mich in großen Turnieren immer zeigen und der Mannschaft mit Toren und Assists helfen kann“, sagt Shaqiri. Auf Clubebene scheint der Offensivmann,
einst beim FC Bayern München und dem FC Liverpool, die ganz großen Zeiten hinter sich zu haben. Nicht wenige fragten sich vor der WM vermutlich, wo Shaqiri aktuell eigentlich spielt. Bei Chicago Fire in der sportlich eher mäßigen US-Liga MLS. An seiner Schlüsselrolle bei den Schweizern, die erstmals seit 1954 in ein WM-Viertelfinale einziehen könnten, ändert das jedoch nichts. „Er ist sehr wichtig für uns“, sagt Stürmer Breel Embolo. Ein „Unterschiedsspieler“sei Shaqiri.
In den Vorrundenpartien in Katar konnte man das sehen. Womöglich hätten die Schweizer gegen Brasilien (0:1) auch verloren, wenn der Routinier mitgespielt hätte. Gefehlt hat er ihnen aber definitiv. Shaqiri ist ihr Mann fürs Kreative und für magische Momente - man denke an seinen Dreierpack gegen Honduras bei der WM 2014 oder sein Fallrückzieher-Tor gegen Polen bei der EM zwei Jahre später.
Beim letzten Gruppenspiel in Katar gegen Serbien (3:2) hatte Shaqiri seine Oberschenkelprobleme wieder auskuriert, erzielte prompt ein Tor und leitete ein weiteres sehenswert ein. Treffer bei allen WM-Endrunden seit 2014 sind neben ihm nur, na klar, Ronaldo und dem Argentinier Lionel Messi gelungen. „Ich bin stolz, dass ich das erreicht habe“, sagt Shaqiri. „Mit so großen
Spielern auf der Liste zu stehen, ist schon speziell.“
Davon, eine One-Man-Show abzuziehen, ist der Ex-BundesligaProfi dennoch weit entfernt. Natürlich steht er bei den Schweizern im Rampenlicht. Trotzdem versuche er, „bodenständig“und „immer der Gleiche“zu sein - und solidarisch gegenüber den Kollegen. Auf dem Platz arbeitet er auch mit nach hinten. Offensivspieler würden aber eben an Toren gemessen. Daher sei das seine „Hauptarbeit“, sagt Shaqiri. Und scherzt in Richtung der Medienvertreter: „Wenn ich mal kein Tor schieße oder vorbereite, seid ihr auch immer sauer.“
Die Schweiz kann im Achtelfinale auf jeden Fall wieder mit den Bundesliga-Profis Yann Sommer und Nico Elvedi planen. „Die kranken Spieler, die ausgefallen sind, sind wieder an Bord“, sagte Nationaltrainer
Murat Yakin am Montag. Er habe alle Spieler zur Verfügung und nun die „Qual der Wahl“. Im letzten Gruppenspiel gegen Serbien (3:2) hatten Torhüter Sommer und Verteidiger Elvedi von Borussia Mönchengladbach noch beide erkältet gefehlt.
Seine Mannschaft sei „reif, bereit und eingespielt“, betonte Yakin. „Es ist eine große Chance, unsere Geschichte weiterzuschreiben. Wir haben die Euphorie in der Schweiz gesehen und wollen ihnen gerne ein weiteres Spiel schenken.“Die Eidgenossen spielten gegen die Portugiesen in diesem Jahr bereits zweimal in der Nations League, verloren einmal (0:4) und gewannen einmal (1:0). In Katar können sie erstmals seit ihrem Heim-Turnier 1954 wieder ins Viertelfinale einer WM einziehen. „Wir wollen weiter, immer weiter“, sagte Ex-Bundesliga-Stürmer Breel Embolo vom französischen Club AS Monaco.