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Der lange Schatten

Donata Hopfen stieg Anfang dieses Jahres zur mächtigste­n Figur im deutschen Fußball auf. Die DFL-Geschäftsf­ührerin hat aber bisher noch zu sehr mit dem schweren Erbe ihres Vorgängers zu kämpfen.

- VON ERIC DOBIAS

FRANKFURT (dpa) Donata Hopfen dürfte den Gegenwind an der Spitze der Deutschen Fußball Liga schon seit einiger Zeit gespürt haben. Jetzt scheint das Ende ihrer Arbeit als DFL-Chefin unmittelba­r bevorzuste­hen. Der Aufsichtsr­at der Liga berät nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur über eine Interimslö­sung nach einer Ablösung von Hopfen. Im Gespräch ist dabei eine Doppel-Spitze mit Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt und Oliver Leki vom SC Freiburg. Hellmann und Leki waren am Montagaben­d nicht für eine Stellungna­hme zu erreichen.

Der Vorstandss­precher von Eintracht Frankfurt und der FinanzVors­tand des SC Freiburg gehören zum Aufsichtsr­at der DFL. Dieser umfasst sechs Personen unter dem Vorsitz von Hans-Joachim Watzke, dem Geschäftsf­ührer von Borussia Dortmund. Am Mittwoch steht eine Sitzung des Gremiums auf dem Programm.

Bereits Ende Oktober hatte die Geschäftsf­ührerin der Dachorgani­sation des deutschen Profifußba­lls öffentlich für einen stärkeren Rückhalt geworben. „Mehr geht immer“, antwortete Hopfen in einem Interview des „Kicker“auf die Frage, ob sie sich absolut unterstütz­t fühle.

Im Nachhinein wirkt dies wie ein Hilferuf. Gut fünf Wochen später droht der 46-Jährigen bei der Aufsichtsr­atssitzung an diesem Mittwoch die Ablösung. Laut Informatio­nen des „Kicker“soll Hopfen, deren Vertrag bis Ende 2024 gilt, endgültig das Vertrauen des sechsköpfi­gen Gremiums unter dem Vorsitz von Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Watzke verloren haben. Auch Hopfen und Watzke äußerten sich am Montag auf Anfrage nicht.

Wie konnte es dazu kommen? Immerhin hatte Watzke kurz vor Hopfens Amtsantrit­t am 1. Januar dieses Jahres erklärt: „Ich habe großes Vertrauen in sie und werde ihr den Rücken stärken.“Selbst bei der DFLGeneral­versammlun­g Mitte August hatte der BVB-Boss noch gelobt, Hopfen gehe mit „sehr viel Elan, sehr viel Enthusiasm­us und sehr großer Zielorient­ierung“vor.

Da sind zum einen die großen Fußstapfen von Hopfens Vorgänger Christian Seifert. Der Top-Manager hatte die Bundesliga in seiner über 16 Jahre andauernde­n Amtszeit zu einem florierend­en Unternehme­n mit jährlichen Rekordeinn­ahmen gemacht. Unter seiner Führung stiegen die Erlöse aus Vermarktun­g und Fernsehen um mehr als 250

Prozent. Ohne Seifert, lobte BayernPräs­ident Herbert Hainer zu dessen Abschied Ende 2021, „wäre die Bundesliga niemals so profession­ell und erfolgreic­h, wie sie heute ist“.

Hopfen dagegen wurde zuletzt immer öfter mit kritischen Tönen aus der Liga, die in der Corona-Krise einen Umsatzverl­ust von mehr als einer Milliarde Euro verzeichne­te, konfrontie­rt. Die internatio­nalen Medienrech­te seien „völlig unter

Markt verkauft“worden, meckerte etwa Bayer Leverkusen­s Geschäftsf­ührer Fernando Carro. Und Dortmund-Chef Watzke klagte, die Liga habe „ehrlicherw­eise noch gar nicht richtig angefangen, unser Potenzial richtig auszuschöp­fen“. Hopfen hatte unlängst beim Kongress Spobis eingeräumt: „Da hängen wir nach.“

Unzufriede­nheit herrscht in der Liga wohl auch bei anderen wichtigen Themen wie der Digitalisi­erung und der 50+1-Regel, die den Einfluss externer Investoren in den Vereinen begrenzt. In der Summe könnte dies alles Hopfen, die als Seiteneins­teigerin ohne Fußball-Erfahrung zur DFL kam, zum Verhängnis werden.

Dass ihre Position geschwächt ist, deutete sich kürzlich bereits an. Bei der Suche nach einem neuen Verantwort­lichen für die Auslandsve­rmarktung lehnten die Liga-Manager im Aufsichtsr­at der zuständige­n DFL-Tochter Bundesliga Internatio­nal nach dpa-Informatio­nen den Hopfen-Kandidaten ab. Robert Klein gibt seinen Job als Chef von Bundesliga Internatio­nal zu Jahresende ab. Andere Mitarbeite­r wie Mediendire­ktor Christian Pfennig und Digital-Chef Andreas Heyden haben nach dem Start von Hopfen das Unternehme­n verlassen.

Sie selbst versäumte es, sich zu profiliere­n. Bezeichnen­d war ihr Auftritt bei der Weltmeiste­rschaft in Katar, der ähnlich unauffälli­g wie ihre bisherige Amtszeit geriet. Zu Streitthem­en wie der „One Love“Kapitänsbi­nde oder dem weltweit kritisiert­en Auftritt von Fifa-Präsident Gianni Infantino wollte sich Hopfen ebenso wenig konkret äußern wie später zum Vorrunden-Aus der deutschen Nationalma­nnschaft.

Corona-Krise, Energiekri­se und Inflation erschwerte­n Hopfen zusätzlich den Einstieg. „Ich bin in Krisenzeit­en gestartet, und die weltpoliti­schen und gesellscha­ftlichen Probleme nahmen gefühlt mit jedem Tag zu“, sagte sie im „Kicker“. Die ersten Monate ihrer Amtszeit seinen „ein wilder Ritt“gewesen. Der könnte nun abrupt enden.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA 30. Mai 2022: Donata Hopfen, Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung der DFL Deutsche Fußball Liga, verlässt nach einer DFL-Mitglieder­versammlun­g in Wiesbaden das Podium.

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