Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Karate-Großmeiste­r lehrt in Neuss

Hoher Besuch beim Unsui-Dojo der TG Neuss. Bereits zum zweiten Mal durfte Karate-Abteilungs­leiter Simo Tolo die Koryphäe Akihito Yagi begrüßen. Er war eigens aus Okinawa angereist. Und mit ihm viele Karateka aus ganz Europa.

- VON RAPHAEL SCHLIMBACH

NEUSS Rund 120 Karatekämp­fer jeden Alters hatten sich in der ElmarFring­s-Sporthalle versammelt. Für das internatio­nale „Gasshuku“, also den Lehrgang, kamen Gäste aus England, Tschechien, Holland, Slovenien, Spanien, Schweiz und Deutschlan­d. Grund war hoher Besuch: Großmeiste­r Akihito Yagi aus Okinawa war angereist, um mit europäisch­en Sportlern zu trainieren.

Yagi ist Karatelehr­er in dritter Generation und bekleidet den neunten von zehn Graden der schwarzen Gürtel im Karate, sowie den Ehrentitel Hanshi. Schon sein Großvater, Meitoku Yagi, lehrte die Kampfkunst. „Ich bekam mit drei Jahren meinen ersten Karateanzu­g zum Geburtstag, dann fing ich mit dem Training an“, erzählt der Meister, der auch aus Actionfilm­en wie „Kuro Obi Black Belt“bekannt ist. Yagi sieht sich als Botschafte­r für traditione­lles Karate, insbesonde­re die Stilrichtu­ng Goju Ryu, die auch in Neuss unterricht­et wird: „Mein Vater hat angefangen, Okinawa-Karate in Übersee zu unterricht­en. Dann sagte er irgendwann, jetzt sei ich an der Reihe, ich solle unsere Traditione­n in der Welt erhalten.“Mit seinem Bruder Akihiro arbeitet er unter anderem im Vorstand der „Internatio­nal Meibu-Kan Gojyu-Ryu KarateDo Associatio­n“, einer Vereinigun­g für Goju-Ryu Karate, mit Dojos auf der ganzen Welt.

In dieser Rolle begann er, viel zu reisen und Karate internatio­nal zu unterricht­en. In Neuss machte er 2021 zum ersten Mal Station in Deutschlan­d. Mit Simo Tolo, KarateAbte­ilungsleit­er der TG, sei er zufällig in Kontakt gekommen. „Er war in Okinawa und hat eines Tages mein Dojo besucht. Er sagte nur ,Schön Sie kennen zu lernen‘ und dann haben wir zusammen trainiert.“Der Neusser Trainer erinnert sich gut an diese erste Begegnung: „Da war von Anfang an eine Sympathie, die dann mit der Zeit freundscha­ftlich geworden ist. Akihito Yagi hat dann zugesagt, nach Neuss zu kommen um mit uns zu arbeiten.“

Am Tag des Lehrgangs in Neuss war zu spüren, dass nicht nur Tolo und Yagi durch ihre Begeisteru­ng für Karate verbunden sind. Kinder und Jugendlich­e, aber auch Senioren, zelebriert­en ihre Kampfkunst gemeinsam. Beim Unsui-Dojo Neuss bedeutet das auch einen Mix aus

Tradition und Moderne. Während auf der einen Seite Simo Tolo und Akihito Yagi ursprüngli­ches Karate trainierte­n, wurde in einem anderen Teil der Halle von den Trainern Martin Kudzia und Cristof Kandora die Lehrgangsr­eihe „Defend Yourself using Karate“vertieft, mit der die Karateka der TG Neuss versuchen, ihren Sport als das auszubilde­n, was es eigentlich ist: Selbstvert­eidigung mit körperbeto­nter Partnerarb­eit. Eine Form ihres Trainings ist das Unsui-Dojo Sanbon Kumite, bei dem die Karateka sich abwechseln­d angreifen, aber im Gegensatz zum üblichen Training, nicht choreograf­iert, sondern frei in ihren Techniken, was Kreativitä­t und schnelles Denken erfordert. Obwohl dabei manchmal die Schönheit traditione­ller Bewegungsa­bläufe der Praxis geopfert wird, zeigte sich der Gast aus Okinawa begeistert vom Ansatz der Neusser: „Mein Vater hat mich gelehrt, dass Karate die Kunst ist, zu wissen, wie man Konflikte vermeidet. Aber traditione­lles Karate ist eben auch ganz simple Selbstvert­eidigung. Ich liebe die Trainingsa­nsätze aus Neuss. Den Unsui-Dojo Sanbon Kumite habe ich hier zum ersten Mal ausprobier­t und werde es auf Okinawa an meine Schüler weitergebe­n.“Auch die angereiste­n ausländisc­hen Sportler wurden von den Neusser Methoden motiviert. Alan Sadler aus London erklärte: „Das Training hier ist für uns wie ein Süßigkeite­nladen, in dem wir uns das Leckerste aussuchen können. Die Neusser trainieren vielseitig und gehen ganz offen ans traditione­lle Karate heran.“

Neben allen modernen Ansätzen blieb aber das ursprüngli­che Karate im Zentrum der Veranstalt­ung. Am Ende des Tages nahmen dann auch Tolo, Yagi und Prüfer des Deutschen Karateverb­andes Prüfungen zum schwarzen Gürtel ab, bei denen Sportler aus Deutschlan­d und Eng

„Ich bekam mit drei Jahren meinen ersten Karateanzu­g zum Geburtstag“Akihito Yagi Großmeiste­r

„Es war eine große Ehre, jemanden wie Akihito Yagi Sensei begrüßen zu können“Simo Tolo TG-Abteilungs­leiter

land ihr Können unter Beweis stellen mussten. Besonderen Einsatz zeigte an diesem Tag Matthias Rupieper, der trotz seiner Sehbehinde­rung seine Prüfung ablegte – eine Leistung, die jedem der Anwesenden großen Respekt abverlangt­e. Für Dojoleiter Tolo war der Lehrgang ein voller Erfolg: „Es war eine große Ehre, jemanden wie Akihito Yagi Sensei begrüßen zu können. Uns verbindet hier eine Leidenscha­ft für Karate und es ist etwas Besonderes mit jemand so bekanntem wie Yagi Sensei zu arbeiten.“Besonders freue er sich auch über die Mitarbeit seiner Vereinsmit­glieder und der vielen Helfer, ohne die ein internatio­naler Lehrgang nicht möglich gewesen sei. Unter solchen Voraussetz­ungen freue sich Tolo schon auf die nächsten Veranstalt­ungen, bei denen Neuss zum Schauplatz internatio­naler Kampfkunst wird, etwa, wenn am 25. Februar 2023 der Englische Kudo-Meister Mal Sanchez-Jones in die Quirinusst­adt kommt.

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FOTOS (2): RAPHAEL SCHLIMBACH Karateka jeden Alters trainierte­n beim Lehrgang des Unsui-Dojo der TG Neuss zusammen. Auch die Gurtfarbe, von Anfänger bis Schwarzgur­t, war Nebensache.
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Die Trainer des Internatio­nalen Karatelehr­gangs in Neuss: (v.l.) Simo Tolo, Akihito Yagi, Martin Kudzia und Christof Kandora.

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