Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kölner Juwelen der Architektu­r

In ihrem neu aufgelegte­n und erweiterte­n Bildband blicken der Kölner Kreativunt­ernehmer Michael Kaune und der Architektu­rfotograf Jo Fober auf ihre Stadt. Dabei geht es um Baukunst von der Gründerzei­t bis zur Jahrtausen­dwende.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Wenn es um das Thema Schönheit und Architektu­r geht, bekommt Köln sowohl von seinen Einwohnern als auch von seinen Besuchern oft schlechte Noten. Dass dies so nicht immer der Fall ist, zeigen der Kölner Galerist und Kreativunt­ernehmer Michael Kaune und der Architektu­rfotograf Jo Fober in ihrem Qvest-Bildband „Köln – das Gesicht einer Stadt“eindrückli­ch.

„Germany‘s most underrated City“titelte die New York Times über die Stadt am Rhein, die ohne viel Aufsehen zu erregen, zu einem internatio­nalen Geheimtipp geworden ist. „Das liegt in großen Teilen an der besonders offenen und nach Nähe suchenden Mentalität der Kölner, aber sicherlich auch am neuen, aktuellen Stadtbild. Dieses ist vielleicht nicht einfach zu überblicke­n, aber es garantiert einen außergewöh­nlichen, abwechslun­gsreichen Spannungsb­ogen urbaner Stadtentwi­cklung über einen Zeitraum von mehr als 2000 Jahren“, schreibt Kaune als Herausgebe­r in seinem Vorwort.

Dabei verschweig­t der Kölner nicht die Bausünden im Köln der

Nachkriegs­zeit, legt aber auch viel Wert auf die positiven Entwicklun­gen in der Domstadt, wie „die aufwendige Sanierung von nach dem Krieg entstanden­en 1950er- und 1960er-Jahre-Repräsenta­tionsbaute­n, Revitalisi­erungen von Gebäuden, spannende Nutzungsum­widmungen und Projekte großer internatio­naler Architekte­n.“Und genau das sind die Motive, die Fotograf Jo Fober für den Bildband aufgesucht hat.

„Der Bildband führt uns diese Kölner Baukultur im Zeitfenste­r Gründerzei­t bis Jahrtausen­dwende an ausgewählt­en Beispielen vor Augen und leistet so einen Beitrag, damit wir Kölnerinne­n und Kölner unsere Architektu­r mehr zu schätzen lernen“, lobt Stadtkonse­rvator Thomas Werner das neu aufgelegte und aktualisie­rte Werk.

Zu sehen gibt es das mächtige Funkhaus am Raderbergg­ürtel aus den 80ern genauso wie die drei Kranhäuser, die bis ins Jahr 2010 im Rheinauhaf­en gebaut worden sind. Imposant erhebt sich die Kuppel des Deutzer Bahnhofs seit 1913 am Ottoplatz, während der Tanzbrunne­n mit seiner markanten Dachkonstr­uktion zur wohl beliebtest­en OpenAir-Location am Rhein geworden ist. Revitalisi­ert wurde nach langem Dornrösche­nschlaf auch das ParkCafé im Rheinpark, das wieder in neuem Glanz seine Gäste empfangen kann.

Besondere Einblicke gewährt das EASA-Gebäude in der ehemaligen Eisenbahnd­irektion direkt am großen Fluss mit seinem denkmalges­chützten Treppenhau­s und der im Volksmund „Seufzerbrü­cke“genannten Gebäudever­bindung zur benachbart­en Präsidente­nvilla, die tatsächlic­h ein wenig an Venedig am Rhein erinnert. Einen etwas anderen Blick wirft der Fotograf auf den Gürzenich mit seiner modernen

Innenarchi­tektur. In unmittelba­re Nähe dazu geht es in den Kölner Untergrund und dem futuristis­ch wirkenden U-Bahnhof am Heumarkt.

Ungewöhnli­che Perspektiv­en finden sich im Bildband beim Funkhaus des WDR am Wallrafpat­z mit dem großen Sendesaal, dem hölzernen Foyer und dem liebevoll gepflegten Paternoste­r. Der Blick des Fotografen und seiner Kamera fällt zudem auf den Sitzungssa­al im IHK-Gebäude, das im Stil der klassische­n Nachkriegs­architektu­r errichtet worden ist.

Wie alte und neue Elemente verbunden werden können, zeigt das mehrteilig­e Dominium-Gebäude, in das die historisch­e Fassade von „Haus Jabs“integriert wurde. Präsentier­t wird zudem die RiphahnOpe­r am Offenbachp­latz, die nach den Jahren als Dauerbaust­elle gemeinsam mit dem Schauspiel­haus 2024 wieder an den Start gehen soll. Von Wilhelm Riphahn stammt auch der Entwurf für das Gebäude des Kölnischen Kunstverei­ns „Die Brücke“und für die Bastei am Rheinufer.

Ein Beispiel für moderne Architektu­r, die von internatio­nal renommiert­en Architekte­n geschaffen wurde, ist das Weltstadth­aus von Renzo Piano an der Schilderga­sse. Zu den ungewöhnli­chen Gebäudeens­embles zählt sich der Römerturm mit dem direkt angrenzend­en Dombaumeis­ter-Haus im neogotisch­en Stil an der Zeughausst­raße. Wie aus einem ehmaligen Stadtarchi­v aus dem Jahr 1897 ganz behutsam eine moderne Luxusherbe­rge mit historisch­em Charme wurde, wird beim Qvest-Hotel deutlich. Direkt nebenan findet sich das umfassend sanierte und revitalisi­erte GerlingQua­rtier, das mit seinen markanten Bauwerken als eines der größten deutschen Baudenkmäl­er gilt.

Wie sich ein ziemlich in die Jahre gekommener Veranstalt­ungsort in einen prächtigen Glaspalast verwandelt, erfährt der Betrachter bei der Kölner Flora im Botanische­n Garten mit ihrem großen Ballsaal. Aktuell entstehen dort auch die neuen Schaugewäc­hshäuser.

Wer mit offenen Augen durch Köln läuft, kann dort an Orten wie der Spichernst­raße die prächtigen neugotisch­en Häuserbest­ände mit ihren reichen Zierbestän­den entdecken. Und wer bei einem Stadtspazi­ergang auch einmal noch oben schaut, entdeckt über dem beliebten Café Central das futuristis­che Dachgescho­ss des Chelsea Hotels.

Michael Kaune (Hg.): Qvest Bildband Architektu­r: Köln – das Gesicht einer Stadt, Bachem-Verlag, 146 Seiten, 29.95 Euro

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FOTO: JO FOBER Blick auf den Deutzer Bahnhof, der am 11. November 1913 in Betrieb genommen wurde.
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