Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Täter kam mit einem Messer

Ein Mann aus Eritrea attackiert zwei Mädchen auf dem Weg zur Schule, eine 14-Jährige stirbt an ihren Verletzung­en. Der Verdächtig­e schweigt zu den Vorwürfen. Der Fall wirft Fragen auf – und könnte nun zum Politikum werden.

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ILLERKIRCH­BERG (dpa) Nach dem tödlichen Schulweg-Angriff auf zwei Mädchen in Illerkirch­berg bei Ulm schweigt der mutmaßlich­e Tatverdäch­tige weiter zu den Vorwürfen. Der Mann berufe sich auf sein Aussagever­weigerungs­recht, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Ulm der Deutschen Presse-Agentur. Er sei den Behörden bislang nie durch Gewaltdeli­kte aufgefalle­n. Der Mann aus Eritrea sei lediglich einmal als Schwarzfah­rer erwischt worden und sonst nicht polizeibek­annt.

Der Mann hatte am Montag zwei Mädchen auf dem Schulweg angegriffe­n und – vermutlich mit einem Messer – schwer verletzt. Eines der Opfer, ein 14-jähriges Mädchen, starb später in der Klinik. Eine Obduktion der Leiche soll Hinweise auf die genaue Todesursac­he geben. Das andere, 13 Jahre alte Opfer sei medizinisc­h versorgt. Aber die psychische Lage des Mädchens sei schwierig, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Es habe zwischenze­itlich erfahren, dass seine Freundin getötet worden sei. Die 13-Jährige sei so schwer verletzt worden, dass in ihrem Fall gegebenenf­alls auch der Verdacht des versuchten Mordes im Raum stehe.

Der Tatverdäch­tige sei nach wie vor mit erhebliche­n Verletzung­en unter polizeilic­her Bewachung im Krankenhau­s und stundenlan­g operiert worden. Es gebe weiterhin keine Erkenntnis­se zum Motiv. Die Staatsanwa­ltschaft prüft derzeit, ob sie Haftbefehl beantragt oder ob es Anhaltspun­kte für vermindert­e oder ausgeschlo­ssene Schuldfähi­gkeit gibt, was gegebenenf­alls eine Unterbring­ung in einer psychiatri­schen Klinik nach sich ziehen würde. Derzeit lägen ihm keine Erkenntnis­se einer psychische­n

Beeinträch­tigung vor, so der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft.

Nach der Tat sei der Mann in eine Flüchtling­sunterkunf­t geflüchtet, aus der er vor dem Angriff auch gekommen sein soll. Dort waren den Angaben zufolge zwei weitere Männer aus Eritrea, die die Beamten mit zur Dienststel­le nahmen. Ob sie Auskunft zum Geschehen und den möglichen Motiven des 27-Jährigen machen konnten, war zunächst noch unklar. Die zwei Männer sind mittlerwei­le wieder auf freiem Fuß. Der Verdacht gegen die beiden Männer habe sich nicht erhärtet, sagte der

Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Ein Messer sei als mutmaßlich­es Tatmittel sichergest­ellt worden und werde nun untersucht.

„Jetzt ermitteln Staatsanwa­ltschaft und Polizei, weshalb es zum Angriff auf die beiden Mädchen kam und ob der Tatverdäch­tige und die beiden Mädchen sich vorher kannten“, teilten die Behörden mit. Die Tat, nach der eine der Angegriffe­nen starb, könnte eine politische Dimension bekommen, weil hier ein Asylbewerb­er als tatverdäch­tig gilt. Mehrere AfD-Politiker gingen darauf schon am Montag ein.

„Wir werden diese schlimme Tat restlos aufklären“, kündigte der baden-württember­gische Innenminis­ter und Vizeregier­ungschef Thomas Strobl an. „Dieses Ereignis darf kein Anlass und keine Rechtferti­gung für Hass und Hetze sein“, sagte er. „Diese Straftat muss mit aller Konsequenz aufgeklärt werden. Der Täter muss mit aller Konsequenz bestraft werden. Das wird auch so geschehen“, stellte er fest. Der CDU-Politiker besuchte den Tatort um die Mittagszei­t gemeinsam mit dem türkischen Botschafte­r Ahmet Basar Sen. Das getötete Mädchen habe die deutsche Staatsbürg­erschaft besessen und einen türkischen Migrations­hintergrun­d, hieß es aus dem Innenminis­terium. Der Botschafte­r reiste extra aus Berlin mit dem Flugzeug an. Er und Strobl trafen vor Ort auch den örtlichen Bürgermeis­ter im Rathaus und versammelt­en sich danach zu einer Gedenkminu­te am Tatort.

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n hat nach der Tat vor voreiligen Schlüssen gewarnt. „Ich kann nur warnen, irgendwelc­he Zusammenhä­nge aufzustell­en, bevor überhaupt die Tat aufgeklärt ist“, sagte der GrünenPoli­tiker in Stuttgart. Über die Motive sei noch nichts bekannt. Teils geschürte Stimmungen nehme die Landesregi­erung ernst, deswegen sei etwa auch Innenminis­ter Strobl zum Ort des Geschehens gefahren. Einen Zusammenha­ng mit dem anstehende­n Flüchtling­sgipfel in Baden-Württember­g wollte Kretschman­n nicht sehen. Zunächst einmal sei es eine schrecklic­he Tat im Leben der Schülerinn­en. „Wir fühlen da ganz besonders mit den Angehörige­n.“Die überlebend­e Schülerin sei geschockt und wohl für ihr ganzes Leben beeinträch­tigt.

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FOTOS: BERND WEISSBROD/DPA Menschen entzündete­n Kerzen und legten Blumen am Tatort nieder. Die Polizei hat Spuren mit gesprühten Zahlen gekennzeic­hnet.
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Der Innenminis­ter von BadenWürtt­emberg, Thomas Strobl (M.), und Botschafte­r Ahmet Basar Sen (l.) legten einen Kranz nieder.

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