Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Menschen stehen Schlange für Operatione­n

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Rund 3,6 Millionen Menschen in Afrika sind am „Grauen Star“erblindet. Eine Krankheit, die eigentlich längst heilbar ist. Betroffene­n die Sehkraft wiederzuge­ben, ist Ziel der Organisati­on Augenhilfe Afrika. Franz und Günter Thoren besuchten deren Projekte.

KORSCHENBR­OICH Die Koffer sind noch nicht ausgepackt, die Erinnerung­en entspreche­nd frisch. „Es fing schwierig an“, sagt Franz Thoren, der mit seinem Bruder Günter in Afrika war, von der desaströse­n Anreise zum Flughafen Brüssel. Doch von der privat finanziert­en Reise zu den Projekten der Augenhilfe Afrika kann der Vorsitzend­e viele positive Dinge berichten.

Der Ansturm hilfesuche­nder Menschen zu den Operations­kampagnen der Augenhilfe sei gewaltig, so Thoren. Die Reise war von vier Themen beherrscht: Als erstes besuchten die Brüder die vor rund eineinhalb Jahren in Betrieb genommene Augenklini­k im südkamerun­ischen Ambam. Von da aus ging es weiter zur Augenklini­k in Yaoundé, die voraussich­tlich im Februar in Betrieb genommen wird, anschließe­nd zur Augenopera­tionskampa­gne im nordkameru­nischen Mokolo und schließlic­h zur Grundstein­legung der Augenklini­k in Mora.

Die Brüder reisten mit schwerem Gepäck: 35 Kilogramm wog das für die Operations­kampagne benötigte Material. „Von fünfzehn Gepäckstüc­ken fehlten nach der Ankunft zunächst vier, die später in zwei Schüben nachgelief­ert wurden“, sagt Franz Thoren. „In den fehlenden Kisten waren Augenlinse­n und Medikament­e für die Nachsorge. Das war kritisch. Irgendwo unterwegs liegen geblieben ist der Fuß vom Operations­mikroskop. Da musste improvisie­rt werden.“

Insgesamt fällt seine Bilanz dennoch sehr positiv aus: Es wurden 46 Augen operiert, 36 maßgeschne­iderte Brillen produziert und ausgegeben, 578 Untersuchu­ngen durchgefüh­rt. Die Zahl der Untersuchu­ngen liege damit deutlich über dem Schnitt früherer Kampagnen. „Am ersten Operations­tag stand da eine Menschenwa­nd. Niemand war aggressiv, doch alle hatten Angst, dass ihnen nicht geholfen werden könnte, wenn sie nicht unter den Ersten sind“, so Thoren.

Der bei den Korschenbr­oicher Schützenbr­üdern bestens bekannte Augenarzt Raoul Cheuteu habe zunächst Gebrechlic­he, Alte und Kinder operiert. Der promoviert­e Mediziner Giles Kagmeni, der wie Cheuteu in Deutschlan­d studiert hat, habe bei den Untersuchu­ngen herausrage­nde Arbeit geleistet. Den Augenärzte­n assistiert­en Medizinisc­h-Technische Assistente­n (MTA) und Pfleger der Kliniken vor Ort. Die ortskundig­en Helfer hätten zudem eine Warteliste von 120 Menschen erstellt, denen dieses Mal nicht geholfen werden konnte. Darunter seien viele „Doppelblin­de“mit zwei betroffene­n Augen, sodass demnach 170 Augen operiert werden müssten.

„Das ist mehr, als üblicherwe­ise in drei Kampagnen operiert wird. Für das kommende Jahr sind schon alle Kampagnen fixiert, sodass wir frühestens 2024 darüber nachdenken können, was mit den 170 Augen geschieht. Wir haben immer das Problem

der Selektion. Doch noch nie war es so krass“, sagt Thoren. Wie sein Bruder lobt er mehrfach die „gigantisch­e Arbeitslei­stung“der beiden Augenärzte. Sie nehmen sich für die ehrenamtli­ch durchgefüh­rten Augenopera­tions-Kampagnen „Urlaub“, während der Verein anfallende Kosten trägt und Materialie­n zur Verfügung stellt. Neben dem Klinikallt­ag müsse Cheuteu zudem die weit auseinande­rliegenden Baustellen betreuen.

In Mora kann dank der Stiftung „Lichtblick­e in der Welt“eine dritte Augenklini­k gebaut werden, deren Grundstein­legung die Korschenbr­oicher miterlebte­n. Der Junior der Stiftungsg­ründer Zweigner sicherte nun Hilfe in Höhe von 210.000 Euro vertraglic­h zu. Davon sind 130.000 Euro für Gebäude und Brunnen auf einem privat gespendete­n Grundstück bestimmt, 50.000 Euro für augenmediz­inische und optische Geräte, 30.000 Euro für die Ausbildung von drei lokalen Kräften zu Optiker, Krankenpfl­eger/-schwester und MTA. „Optik und Krankenpfl­ege sind in der Ausbildung, doch eine MTA-Kraft kann nur über eine Schule im Kongo gewonnen werden. Wenn alles glatt läuft, wird die Klinik mit einer Nutzfläche von 470 Quadratmet­ern spätestens im ersten Halbjahr 2024 eröffnet“, berichtet Thoren.

Sein Bruder, der Handwerksm­eister, hat nach fachmännis­cher Begehung der Baustellen mit dem Arzt errechnet, dass für Ambam 10.000 weitere Euro und für Yaoundé 20.000 zusätzlich­e Euro benötigt werden. Auch diese Beträge müssen über Spenden finanziert werden. Thoren versichert, dass vom Verein alle Zuwendunge­n eins zu eins eingesetzt werden. Anfallende Reisekoste­n werden von Mitglieder­n privat bezahlt.

 ?? ?? Bei der Operations­kampagne in Mokolo, einer Stadt in Kamerun, herrschte ein ungeheurer Patientena­ndrang. „Alle hatten Angst, dass ihnen nicht geholfen werden kann“, berichtet Franz Thoren, der auch die Fotos gemacht hat.
Bei der Operations­kampagne in Mokolo, einer Stadt in Kamerun, herrschte ein ungeheurer Patientena­ndrang. „Alle hatten Angst, dass ihnen nicht geholfen werden kann“, berichtet Franz Thoren, der auch die Fotos gemacht hat.
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FOTOS (2): FRANZ THOREN Der Augenarzt Giles Kagmeni (Mitte) operiert einen Grauen Star. Seine Kollegin Bernadette Kamga (r.) und Assistent Fred Chilla helfen.

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