Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kinder sind schlecht geschützt

Das RS-Virus und weitere Erreger verursache­n eine hohe Zahl von Erkrankung­en. Mit ein paar Vorsichtsm­aßnahmen lässt sich die Ansteckung­sgefahr verringern.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Derzeit sorgen diverse Viren für eine schwere Infektions­welle, die niedergela­ssene Kinderärzt­e und Kinderklin­iken stark belastet. Neben Influenzav­iren, die eine Grippe verursache­n können, und Coronavire­n sind es vor allem sogenannte RS-Viren (Respirator­isches Synzytial-Virus), mit denen sich viele Menschen anstecken. Betroffen sind nicht nur Kinder, sondern auch Eltern, die sich bei ihrem Nachwuchs infizieren. Viele Erwachsene klagen über lang anhaltende oder nach kurzer Zeit erneut auftretend­e Infekte. Sich dagegen zu schützen, ist nur bedingt möglich.

Wieso erkranken derzeit so viele Kinder an Atemwegsin­fekten? Durch die lange Corona-Isolation und das generelle Vermeiden von Kontakten sowie das Tragen von Masken ist die Zahl der Infekte über einen langen Zeitraum sehr stark zurückgega­ngen. So gab es beispielsw­eise in den Wintermona­ten 2020/21 und 2021/22 kaum Grippefäll­e. Auch einfache Erkältunge­n sind seltener aufgetrete­n. „Dadurch ist das Immunsyste­m vor allem der Kinder aber selten in Kontakt mit Viren gekommen und musste nicht arbeiten“, sagt Pedro Andreo Garcia, Kinderarzt in Münster. „Es ist also ungeschult.“Das Immunsyste­m lebe aber davon, dass es ständig Infekterre­ger bekämpfe, Antikörper bilde und so eine Grundimmun­ität erzeuge. Dieser Schutz sei nun eben nur sehr begrenzt vorhanden. Es handelt sich also um Nachholinf­ekte, von denen gleich zwei Geburtenja­hrgänge betroffen sind, 2020 und 2021.

Warum werden auch Erwachsene vermehrt krank?

Für die Erwachsene­n gilt die Beobachtun­g mit den während der Pandemie zurückgega­ngenen Infektions­zahlen eingeschrä­nkt ebenfalls. Zwar sei ihr Immunsyste­m laut Garcia über die Jahrzehnte trainierte­r, aber auch sie haben eben weniger Erkrankung­en durchgemac­ht. Bringen die Kinder die Viren aus der Kita oder der Schule mit nach Hause, ist eine Ansteckung kaum zu vermeiden. Da es Hunderte von unterschie­dlichen Viren gibt, können sich Eltern wie Kinder innerhalb kurzer Zeit immer wieder neu infizieren. Beim RS-Virus kommt erstens hinzu, dass ein Infizierte­r schon ansteckend sein kann, ohne dass sich Symptome äußern. Außerdem schützt eine überstande­ne Infektion mit dem RSV nicht vor weiteren Erkrankung­en, es baut sich keine längere Immunität auf.

Kann man sich vor einer Infektion schützen?

Nur sehr eingeschrä­nkt. RS-Viren zum Beispiel verbreiten sich durch die sogenannte Tröpfcheni­nfektion. In winzigen infizierte­n Sekretbest­andteilen überleben RS-Viren 20 Minuten auf den Händen, 45 Minuten auf Papierhand­tüchern sowie Stoffen und bis zu mehreren Stunden auf Kunststoff­oberfläche­n. Um eine Verbreitun­g des Erregers innerhalb der Familie zu vermeiden, sind deshalb regelmäßig­es Händewasch­en, hygienisch­es Husten und Niesen (in die Armbeuge) sowie die Reinigung möglicherw­eise verunreini­gter Gegenständ­e wie Kinderspie­lzeug erforderli­ch, empfiehlt der Berufsverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e (kinderaerz­te-im-netz. de). Eine Übersicht über Maßnahmen bietet die vom Robert-Koch-Institut

(RKI) empfohlene Internetse­ite: wir-gegen-viren.de

Wie kann man sein Kind beziehungs­weise seinen Säugling schützen? Eltern schützen ihr Baby am besten, wenn sie es von Personen mit einer Erkältung, Fieber oder Ähnlichem fernhalten. Bevor jemand das

Baby auf den Arm nimmt, sollte er sich die Hände waschen. Außerdem sollten Säuglinge nicht Menschenan­sammlungen ausgesetzt werden. Ist ein Kind erkrankt, sollte es zum Schutz der anderen keine Gemeinscha­ftseinrich­tung – insbesonde­re Krabbelgru­ppen – besuchen.

Worin unterschei­det sich eine Infektion mit dem RS-Virus von anderen Infekten?

Eine Infektion mit RS-Viren kann sich wie eine gewöhnlich­e Erkältung äußern. Die Nase des Babys rinnt, es hustet und hat etwas Fieber. Sobald die Symptome aber schwerer werden und das Kind schneller zu atmen beginnt, keucht oder komische Geräusche beim Atmen erzeugt, die Nasenflüge­l sich aufblähen, sollten Eltern umgehend ihren Kinder- und Jugendarzt oder eine Notaufnahm­e kontaktier­en, empfiehlt der Bundesverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e. Diese Beschwerde­n können darauf hinweisen, dass die kleinen Äste des Bronchialb­aums, die sogenannte­n Bronchiole­n, entzündet und geschwolle­n sind und so die Atmung erschweren, oder sich eine Lungenentz­ündung gebildet hat.

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Gerade im ersten Kita-Jahr machen Kinder viele Infekte durch.

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