Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kinder sind schlecht geschützt
Das RS-Virus und weitere Erreger verursachen eine hohe Zahl von Erkrankungen. Mit ein paar Vorsichtsmaßnahmen lässt sich die Ansteckungsgefahr verringern.
DÜSSELDORF Derzeit sorgen diverse Viren für eine schwere Infektionswelle, die niedergelassene Kinderärzte und Kinderkliniken stark belastet. Neben Influenzaviren, die eine Grippe verursachen können, und Coronaviren sind es vor allem sogenannte RS-Viren (Respiratorisches Synzytial-Virus), mit denen sich viele Menschen anstecken. Betroffen sind nicht nur Kinder, sondern auch Eltern, die sich bei ihrem Nachwuchs infizieren. Viele Erwachsene klagen über lang anhaltende oder nach kurzer Zeit erneut auftretende Infekte. Sich dagegen zu schützen, ist nur bedingt möglich.
Wieso erkranken derzeit so viele Kinder an Atemwegsinfekten? Durch die lange Corona-Isolation und das generelle Vermeiden von Kontakten sowie das Tragen von Masken ist die Zahl der Infekte über einen langen Zeitraum sehr stark zurückgegangen. So gab es beispielsweise in den Wintermonaten 2020/21 und 2021/22 kaum Grippefälle. Auch einfache Erkältungen sind seltener aufgetreten. „Dadurch ist das Immunsystem vor allem der Kinder aber selten in Kontakt mit Viren gekommen und musste nicht arbeiten“, sagt Pedro Andreo Garcia, Kinderarzt in Münster. „Es ist also ungeschult.“Das Immunsystem lebe aber davon, dass es ständig Infekterreger bekämpfe, Antikörper bilde und so eine Grundimmunität erzeuge. Dieser Schutz sei nun eben nur sehr begrenzt vorhanden. Es handelt sich also um Nachholinfekte, von denen gleich zwei Geburtenjahrgänge betroffen sind, 2020 und 2021.
Warum werden auch Erwachsene vermehrt krank?
Für die Erwachsenen gilt die Beobachtung mit den während der Pandemie zurückgegangenen Infektionszahlen eingeschränkt ebenfalls. Zwar sei ihr Immunsystem laut Garcia über die Jahrzehnte trainierter, aber auch sie haben eben weniger Erkrankungen durchgemacht. Bringen die Kinder die Viren aus der Kita oder der Schule mit nach Hause, ist eine Ansteckung kaum zu vermeiden. Da es Hunderte von unterschiedlichen Viren gibt, können sich Eltern wie Kinder innerhalb kurzer Zeit immer wieder neu infizieren. Beim RS-Virus kommt erstens hinzu, dass ein Infizierter schon ansteckend sein kann, ohne dass sich Symptome äußern. Außerdem schützt eine überstandene Infektion mit dem RSV nicht vor weiteren Erkrankungen, es baut sich keine längere Immunität auf.
Kann man sich vor einer Infektion schützen?
Nur sehr eingeschränkt. RS-Viren zum Beispiel verbreiten sich durch die sogenannte Tröpfcheninfektion. In winzigen infizierten Sekretbestandteilen überleben RS-Viren 20 Minuten auf den Händen, 45 Minuten auf Papierhandtüchern sowie Stoffen und bis zu mehreren Stunden auf Kunststoffoberflächen. Um eine Verbreitung des Erregers innerhalb der Familie zu vermeiden, sind deshalb regelmäßiges Händewaschen, hygienisches Husten und Niesen (in die Armbeuge) sowie die Reinigung möglicherweise verunreinigter Gegenstände wie Kinderspielzeug erforderlich, empfiehlt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (kinderaerzte-im-netz. de). Eine Übersicht über Maßnahmen bietet die vom Robert-Koch-Institut
(RKI) empfohlene Internetseite: wir-gegen-viren.de
Wie kann man sein Kind beziehungsweise seinen Säugling schützen? Eltern schützen ihr Baby am besten, wenn sie es von Personen mit einer Erkältung, Fieber oder Ähnlichem fernhalten. Bevor jemand das
Baby auf den Arm nimmt, sollte er sich die Hände waschen. Außerdem sollten Säuglinge nicht Menschenansammlungen ausgesetzt werden. Ist ein Kind erkrankt, sollte es zum Schutz der anderen keine Gemeinschaftseinrichtung – insbesondere Krabbelgruppen – besuchen.
Worin unterscheidet sich eine Infektion mit dem RS-Virus von anderen Infekten?
Eine Infektion mit RS-Viren kann sich wie eine gewöhnliche Erkältung äußern. Die Nase des Babys rinnt, es hustet und hat etwas Fieber. Sobald die Symptome aber schwerer werden und das Kind schneller zu atmen beginnt, keucht oder komische Geräusche beim Atmen erzeugt, die Nasenflügel sich aufblähen, sollten Eltern umgehend ihren Kinder- und Jugendarzt oder eine Notaufnahme kontaktieren, empfiehlt der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Diese Beschwerden können darauf hinweisen, dass die kleinen Äste des Bronchialbaums, die sogenannten Bronchiolen, entzündet und geschwollen sind und so die Atmung erschweren, oder sich eine Lungenentzündung gebildet hat.