Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Secondhand oder doch lieber neu
Spielzeug wird gern auf Flohmärkten und Onlineplattformen gekauft. Vor allem alte Artikel enthalten aber oft Chemikalien.
DÜSSELDORF (dpa) Gebrauchtes Spielzeug schont potenziell Umwelt und Geldbeutel – stammt aber vielleicht aus einer Zeit, in der der Umgang mit bestimmten Schadstoffen noch laxer war. Sollten Eltern beim Geschenkekauf für Weihnachten also lieber auf Neu statt Alt setzen? Auch neues Spielzeug kann belastet sein, betont eine Expertin – und hat einen Tipp für sicheres Schenken.
Erst kürzlich berichteten schwedische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt „Journal of Hazardous Materials Advances“von einer Untersuchung 157 gebrauchter und neuer Spielwaren aus Plastik. Demnach enthielten 84 Prozent der Secondhand-Spielzeuge gesundheitsschädliche Chemikalien, darunter Phthalat-Weichmacher und kurzkettige Chlorparaffine. „Die Konzentrationen der giftigen Stoffe waren bei den älteren Artikeln deutlich höher“, erklärte Studienleiterin Bethanie Carney Almroth. „Bei vielen der alten Bälle wurden beispielsweise Konzentrationen von Phthalaten festgestellt, die mehr als 40 Prozent des Gewichts des Spielzeugs ausmachten, was 400-mal über dem gesetzlichen Grenzwert liegt.“
Tatsächlich sei gerade bei älteren Spielwaren aus weichem Kunststoff Vorsicht angebracht, sagt die Chemikerin Kerstin Effers von der Verbraucherzentrale NRW. „Das sollte nicht gebraucht gekauft werden – aus einem einfachen Grund: Das Verbot bestimmter hormonell schädigender Phthalate in Spielzeug trat in der EU erst 2005 in Kraft.“Immer wieder habe es bei der Verbraucherzentrale Anfragen von Eltern gegeben, die wissen wollten, ob sie ihre alten Puppen weitergeben könnten. „Auf unsere Nachfrage bestätigten uns Hersteller, dass sie damals die heute verbotenen Weichmacher eingesetzt hatten, weil es eben noch erlaubt und das Wissen über deren Risiko noch nicht so weit war.“Insofern seien die Ergebnisse der schwedischen Studie wenig überraschend und vermutlich auch auf Deutschland übertragbar.
Doch auch bei älteren harten Kunststoffen bestehen Risiken, wie das Beispiel Lego-Steine zeigt: So ergab eine Studie britischer Forscher, deren Ergebnisse 2018 im Fachblatt „Environmental Science and Technology“veröffentlicht wurden, dass insbesondere gelbe und rote Klötzchen, die zwischen den Jahren 1960 und 1981 produziert wurden, einen
Cadmiumanteil enthielten, der weit über den heute gültigen EU-Grenzwerten liegt.
Völlig unbedenklich könne hingegen unbehandeltes gebrauchtes Massivholz-Spielzeug verschenkt werden, erklärt Kerstin Effers, sofern es mechanisch noch intakt sei und sich keine Kleinteile lösten. Angst vor Krankheitserregern müsse man dabei eher nicht haben: „Altes Spielzeug kann gereinigt und solches aus Stoff gewaschen werden.“Neue Spielwaren seien nicht zwangsläufig frei von Schadstoffen, betont Effers auch. Tatsächlich überschritten in der schwedischen Studie knapp 30 Prozent der getesteten neueren Spielzeuge die Grenzwerte der EUSpielzeugsicherheitsrichtlinie. Und für viele neu oder als Ersatz zugefügte Stoffe ist letztlich einfach noch nicht klar, ob und wie gefährlich sie vielleicht sind.
Wichtig sei es, sowohl neues als auch Secondhand-Spielzeug mit allen Sinnen zu prüfen, sagt Effers. Dazu gehöre, abzutasten, ob es scharfe Kanten oder Teile gibt, die sich lösen und verschluckt werden könnten. Ebenso sollte auf auffällige oder unangenehme Gerüche geachtet werden. „Daneben gibt es Mängel, die nicht unbedingt ein Sicherheitsrisiko
darstellen, die aber zeigen, dass keine Qualitätskontrolle stattgefunden hat“, so die Chemikerin. „Wenn die Bedruckung schief ist und die Nähte krumm sind, also offensichtliche Fehler durchgehen, wird bestimmt keine Sorgfalt in das Chemikalien-Management gesteckt worden sein.“Derart schlecht verarbeitetes Spielzeug wird online oft von Händlern mit Sitz außerhalb der EU angeboten.
Darüber hinaus bieten verschiedene Siegel eine Entscheidungshilfe, von denen es im Spielzeug-Bereich allerdings nur wenige gibt. Eines davon ist das GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“, das unter Angabe der Prüfinstitution und Prüfnummer garantiert, dass die gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Sicherheit und Schadstoffe eingehalten werden. Bei Stoff-Spielwaren könnten sich Verbraucher zudem an guten Textillabeln wie dem GOTS („Global Organic Textile Standard“) orientieren, so Kerstin Effers. Aussagelos in Bezug auf die Sicherheit eines Spielzeugs sei hingegen das CE-Zeichen: „Das ist nur eine Selbsterklärung des Herstellers, die europäischen Gesetze einzuhalten, was dieser aber nicht durch unabhängige Drittprüfungen nachweisen muss.“