Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Das Kapitol sollte eine Lehre sein
Es ist einer der größten Polizeieinsätze gegen Extremisten in der Geschichte der Bundesrepublik: Am Mittwoch wurden 25 Menschen aus der Reichsbürgerszene festgenommen. Ihr mutmaßliches Ziel: der Umsturz des politischen Systems in Deutschland.
Geheime Allianzen, finstere Verschwörungen, staatliche Institutionen, die nicht mehr sind als eine Fassade: Für Außenstehende mag das Weltbild sogenannter Reichsbürger oft wie blühender Unsinn wirken. Doch wer für einen „Tag X“, den erwarteten Zusammenbruch der staatlichen Ordnung, trainiert, hat mit fehlgeleiteten Querulanten nichts mehr zu tun. Wer sich Waffen beschafft und Vorbereitungen trifft, um einen Umsturz selbst herbeizuführen, ist gefährlich. Die Geschehnisse rund um den Sturm auf das USamerikanische Kapitol aus dem Januar 2021 sollten Deutschland dabei eine Lehre sein, wohin dieser Extremismus führen kann.
Zu den Tatverdächtigen des Mittwochs zählen auch eine Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete sowie insgesamt drei Soldaten, darunter ein aktives Mitglied des Kommandos Spezialkräfte (KSK). Beides schreckt auf. Ausgebildete Soldaten als militärischer Arm einer Alternativ-Regierung wirken wie aus einem Hollywoodfilm der schlechteren Kategorie. Doch es ist bitterer Ernst. Dazu kommt: Die Bundeswehr hat nicht das erste Mal ein Problem mit dem Kommando Spezialkräfte. Hier aufzudecken, Personal auch auszusieben und in Staatsbürgerkunde zu schulen, erscheint erneut angebracht.
Was die AfD angeht: Mehrere Landesverbände der Partei werden inzwischen von den entsprechenden Landesverfassungsschutzämtern beobachtet, die Partei wehrt sich vehement dagegen. Sollten sich die Vorwürfe gegen die AfD-Politikerin erhärten, untermauern diese den „Prüffall AfD“insgesamt.