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Angela Merkel räumt Versäumnisse in Russland-Politik ein
BERLIN/MOSKAU (dpa/rtr) Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Versäumnisse bei der Abschreckungspolitik gegenüber Russland eingeräumt. „Wir hätten schneller auf die Aggressivität Russlands reagieren müssen“, sagte Merkel der Wochenzeitung „Die Zeit“(Donnerstag) mit Blick auf die Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014. Damals hatten sich die Nato-Staaten darauf verständigt, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. „Deutschland hat das ZweiProzent-Ziel trotz Erhöhung nicht erreicht“, bedauerte Merkel. „Und auch ich habe nicht jeden Tag eine flammende Rede dafür gehalten.“
Russlands Führung diskutiert unterdessen Medienberichten zufolge drei mögliche Reaktionen auf die vom Westen eingeführte Preisobergrenze für russisches Öl. Als eine Variante
gelte ein komplettes Verbot für russische Ölgesellschaften, den Rohstoff an Länder zu verkaufen, die die Preisobergrenze unterstützen. Als zweite Variante gelte ein Verbot für Verträge, in denen die Preisobergrenze festgeschrieben wird. Als dritte Gegenmaßnahme werde über eine Rabattgrenze diskutiert. Das bedeute, dass Verkäufer der russischen Ölsorte Urals nicht mehr als einen noch zu bestimmenden Prozentsatz
an Rabatt gegenüber dem Weltmarktpreis für die Nordseesorte Brent geben könnten.
Russland baut derweil nach Einschätzung britischer Geheimdienste zunehmend Verteidigungsstellungen an der Grenze zur Ukraine auf. In der Grenzregion Belgorod seien ausgefeilte Systeme zur Abwehr von Angriffen errichtet worden, hieß es am Mittwoch in einem Bericht des Verteidigungsministeriums in London.
London wertete dies als Sorgen vor einem ukrainischen Einmarsch.
Den Vereinten Nationen zufolge wurden zu Beginn der russischen Invasion in die Ukraine mehr als 400 Zivilisten von russischen Truppen getötet. Die eigentliche Zahl dürfte noch viel höher liegen, teilte das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte mit. Bis zum 4. Dezember lägen Berichte über 6702 zivile Opfer vor. Es habe Verstöße von allen beteiligten Parteien gegeben.
Europa hat mit seinen Finanzhilfen für die Ukraine einer Studie zufolge erstmals seit Kriegsbeginn die USA überholt. Die EU-Länder kommen zusammen mit den EU-Institutionen auf knapp 52 Milliarden Euro an militärischer, finanzieller und humanitärer Hilfe, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW ) hervorgeht.